Die Erbschaft. Elisa Scheer

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Die Erbschaft - Elisa Scheer

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er hat immer sehr auf meine Manieren geachtet. Dabei bin ich ja auch nicht gerade im Slum groß geworden. Er hat aber gelegentliche Defizite festgestellt und mich dann liebevoll fortgebildet.“

      „Unverschämtheit!“

      Ich zuckte die Achseln. „Mir ist das gar nicht so aufgefallen. Weißt du, wenn du die Prämisse akzeptierst, dass sein Lebensstil der erstrebenswerte ist, dann wird alles andere völlig logisch und du kommst der Sache nicht mehr aus. Ich glaube, das ist das Allerschlimmste.“

      „Was ist das Allerschlimmste?“, fragte Cora, den Mund voller Müsli.

      „Dass mein ganzer Lebensplan in nichts zusammengefallen ist, weil die Prämisse eben völlig falsch war! Christian ist nicht der Mann von Welt, an dessen Seite ich ein schönes Leben führen werde, er ist ein ausbeuterischer Korinthenkacker, der mir eine andere, Stilvollere, vorgezogen hat. Und jetzt stehe ich mit völlig leeren Händen da.“ Ich begann auf meine Schinkensemmel zu heulen.

      „Und jetzt merke ich erst, wie blöde ich war!“ Ich heulte noch mehr. „Ich hab mich total ausnutzen lassen.“

      „Das holen wir alles zurück, versprochen“, sagte Cora finster und begann abzuräumen. Ich machte den matten Versuch, ihr zu helfen, aber sie drückte mich auf meinen Platz zurück. „Check lieber mal deine Mailbox!“

      Na gut! Ich rief die Mailbox auf. Sie haben zwei neue Nachrichten. Vielleicht tat es ihm Leid, vielleicht war alles nur ein Irrtum? Erste Nachricht: Neue Klingeltöne verfügbar. Klasse, löschen. Zweite Nachricht: Abitreffen 18. Mai Susi. Wer um Himmels Willen war Susi? Ich durchforstete, kurzfristig von meinem Jammer abgelenkt, mein Gehirn. Susi ... Susi ... ach ja, diese brave kleine Maus in der ersten Reihe. Zehn Jahre Abitur, von mir aus, ich würde da bestimmt nicht hingehen. Und woher hatte die überhaupt meine Nummer? Ich schickte eine Antwort: WO? Sarah, damit ich da nicht aus Versehen reinplatzte, und legte das Handy beiseite. „Na, hat er sich gemeldet?“, fragte Cora, als ich neben ihr auftauchte und ihr half, die Spülmaschine einzuräumen.

      „Natürlich nicht. Klingeltöne und Abitreffen, nur Scheiß.“

      Mein Handy schrillte, und ich stürzte hin. Neue SMS. Ach, bloß von Susi. Die hatte ja anscheinend auch nichts Sinnvolles zu tun!

       Wittelsbacher Hof 18.00

      Kommst du? Susi.

      Weiß noch nicht. Sarah.

      Warum sollte er sich auch melden? Ich starrte verdrossen aus dem Fenster. Ob seine schwangere Edeltussi schon eingezogen war? Ob sie schon mit ihm zusammen arbeitete? Oder hatte er sich eine neue Buchhalterin von JobTime gesucht? Für Sekretariatsarbeiten und Buchhaltung war eine Diplombetriebswirtin sicher zu schade. Ob sie mit seinen Möbeln einverstanden war? Ich stellte mir vor, wie sie alles raus warf und die Einrichtung auf Louis Quinze im Stil des elterlichen Schlosses umstellte. Wäre Christian fasziniert oder bräche ihm das Herz? Und was ging mich das denn noch an? Mein Handy schrillte wieder. Ich rief die Nachricht auf. Wo ist der Vorgang Haberecker? C. Ich wollte gerade antworten, als Cora angeschossen kam und mir das Telefon aus der Hand riss. „Lass mich, dem werden wir es zeigen!“ Sie tippte etwas ein und zeigte mir dann das Display: Mt.7,7. Ich sah sie verblüfft an. „Was soll das denn bedeuten?“

      „Hat er eine Bibel im Büro?“

      „Seine Bibel sind 1001 Steuertricks, warum?“

      „Da könnte er den Spruch nachschlagen, im Matthäus-Evangelium …“

      „Und was steht da?“

      „Suchet, so werdet ihr finden. Oder hast du den Vorgang versteckt?“

      „Klar, steht unter H bei den unerledigten Vorgängen. Wenn er nicht völlig verblödet oder von seiner Charlotte erschöpft ist, müsste er das gerade noch selber finden. Aber wahrscheinlich ist er wirklich zu blöde dazu. Solche Sachen habe eben immer ich gemacht. Ob die Neue weiß, wie man seine kostbaren Hemden korrekt bügelt? Hoffentlich brennen sie ihr an!“

      „So ist es recht!“ Cora schaltete mein Telefon aus. „Mehr Info kriegt er jetzt nicht. Komm, wir müssen auf den Kriegspfad!“

      Wir begannen auf der Post, weil sie gleich um die Ecke lag. Ich füllte den Nachsendeantrag aus und gab Coras Adresse an. Es gab ein wenig Ärger, weil ich, damit der Auftrag sofort ausgeführt wurde, schon vor Wochen hätte wissen müssen, dass Christian mich gegen ein besseres Modell austauschen würde. Coras Gemurmel, dass man bei der Post eben keinen schnellen Service erwarten konnte, verbesserte die Stimmung der Schalterbeamtin nicht wirklich und ich griff schließlich ein und versicherte, ich wäre schon zufrieden, wenn der Service ab Mitte der nächsten Woche funktionieren würde. „Die Post, die ich zwischendurch bekomme, muss ich eben abschreiben, Exfreunde leiten doch nichts weiter.“

      „Exfreunde?“, fragte die Frau im Glaskasten nach.

      „Er hat mir erst gestern gesagt, dass er eine Neue hat, das konnte ich doch vorher nicht wissen! Und an meiner Stelle wären Sie sicher auch nicht länger in der Wohnung geblieben, oder? Man hat ja schließlich seinen Stolz.“

      „So ein Saukerl“, murmelte sie. „Passen Sie auf, ich schreib das Datum vom Montag darauf und leg es selbst in den Verteiler, dann geht das schneller.“

      „Toll, vielen Dank!“

      Draußen meinte Cora: „Du appellierst also an die schwesterliche Solidarität? Die Methode scheint zu klappen, jedenfalls besser als meine. Ich wollte gerade sagen, wie froh ich bin, keine Postaktien mehr zu haben, aber das hätte der Tussi nie so Beine gemacht wie deine Jeremiade.“ Ich musste lachen. Cora fuhr fort: „Angeblich soll es aber auch helfen, wenn man sich stumm Notizen macht, sobald die ungefällig werden, und sich weigert, zu sagen, was man notiert hat. Dann denken sie, man kommt von der Oberpostdirektion und sie sind beim nächsten Stellenabbau dran.“

      „So, als würde man in der Kneipe Restauranttester spielen?“

      „Genau. Sollten wir mal probieren! Was jetzt?“

      „Rathaus. Ohne Lohnsteuerkarte bin ich doch total hilflos.“

      Im Rathaus gab es keine Probleme, eine Zweitschrift der gelben Karte wurde kommentarlos ausgedruckt, man wies mich lediglich darauf hin, dass ich dem Finanzamt beide Karten einreichen musste. Ach was! Auf dem Weg zu JobTime, der schrägen, aber ziemlich erfolgreichen Zeitarbeitsagentur, bei der fast jeder während des Studiums schon mal in den Akten gestanden war, kamen wir an meiner Bank vorbei. Der junge Mann hinter dem Tresen schaute etwas verwirrt, als ich meine Daueraufträge mit sofortiger Wirkung stoppte und die Buchungen für diesen Monat zurückziehen ließ. „Ich glaube, das geht nicht.“

      „Das geht“, antwortete ich geduldig, „aber ich warte gerne, während Sie Ihren Filialleiter fragen.“

      Er trabte nach hinten, rührend in seinem Erwachsenenanzug, der in den Schultern noch zu weit war. „Der soll nicht so albern sein“, murmelte ich Cora zu, „ich hab so etwas fürs Büro schon öfter gemacht. Dass es sich mal gegen Christian richten würde, hätte ich allerdings auch nicht gedacht.“

      Cora tätschelte mir mitfühlend den Arm. Das Bürschlein kam zurück. Daran, dass die Bankangestellten aussahen wie die Kinder, erkannte man als erstes, wie man selbst älter wurde! „Gut, es geht. Also, wir buchen die Beträge zurück. Kann ich sonst noch etwas für Sie

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