Prickelnde Taufe. Thomas Riedel
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Kapitel 4
Er hatte bis in die frühen Morgenstunden, um halb drei Uhr, in seinem Wagen ungesehen gewartet und das Gebäude des ›Pleasers‹ beobachtet, was ihm unter all den Fahrzeugen, mit teilweise auswärtigen Kennzeichen nicht schwergefallen war. Inzwischen hatten die ersten Gäste den Bordell- und Nachtclubbetrieb verlassen. »Tja, was will man da auch noch, wenn das Pulver verschossen ist«, lachte er leise auf. »Was seid ihr nur für abartige Schweine, euch mit diesem Hurenpack einzulassen! Aber dafür werdet ihr einst in der Hölle schmoren, verlasst euch drauf!« Seine Augen richteten sich auf ein junges Paar. Er schätzte ihn auf etwa fünfunddreißig Jahre, während die Schwarzhaarige seiner Meinung nach am Anfang ihrer Zwanziger stehen musste. »Was will so ein alter Sack nur mit einem solch jungen Küken?!«, murmelte er. Dann kicherte er wie irre. »Hast wohl genug Kohle in der Tasche, wie, und die Drecksfotze lässt sich von dir bezahlen, damit du ab und zu deinen Schwanz in sie schieben kannst!« Unbewusst hatte er seine Opfer gefunden und sich entschieden ihnen zu folgen.
*
»Da hinten an der Straßenecke wurde gerade ein Mädchen überfallen. Es blutet stark und ist kaum ansprechbar«, erklärte der Unbekannte Kieran und gab sich einen abgehetzten, glaubwürdigen Eindruck, nachdem dieser auf sein Klopfen geöffnet hatte.
Kieran starrte ihn mit großen Augen an, wenngleich er nicht eine Sekunde an den Worten des Mannes zweifelte, der heftig ein und ausatmete als sei er die Straße entlang gehetzt. »Kommen Sie rein …«, forderte er den Fremden auf und wollte schon zur Seite treten, als er bereits die beiden Dolchspitzen rechts und links an seinem Hals spürte, die sich in sein straffes Fleisch bohrten. Der angebliche Helfer hatte ihm nicht die geringste Chance gelassen. Er wusste, dass ihm die scharfen Klingen bei der geringsten Bewegung die Kehle zerfetzen würden.
Lächelnd betrachtete der Unbekannte die beiden dünnen blutigen Rinnsale die am Hals seines Opfers hinabliefen und bereits seinen weißen Hemdkragen tränkten.
Plötzlich hatte Kieran fürchterliche Angst, eine Angst, die direkt in Panik umschlug. Er roch den heißen Atem des Fremden, seines Mörders, und starrte in die aufbrechende Dunkelheit des Morgengrauens. Er wusste, dass es der letzte Tagesanbruch war, den er jemals sehen würde und dass der Tod an seine Tür geklopft hatte. Er spürte nicht einmal mehr das Zittern, das seinen Körper schüttelte, ehe er nach hinten in den Flur seiner Villa fiel und auf dem Fliesenboden aufschlug …
*
Meghan hatte eine innere Unruhe ergriffen. Sie hörte weder die Schritte, noch nahm sie die Bewegung hinter sich war. Sie war völlig überrascht als scheinbar aus dem Nichts ein flatterndes Ding vor ihren Augen auftauchte und sich gegen ihr Gesicht presste. Erschrocken ließ sie die Bürste fallen, mit der sie sich gerade über ihre Haare gefahren war, während sie auf Kieran wartete, um ins Bett zu gehen.
»Was ist das?«, murmelte sie leise vor sich, während gleichzeitig mehrere verwirrende Sinneseindrücke auf sie einschlugen. Plötzlich sah sie ihren Tisch nur noch wie durch Milchglas. Alles war verschwommen, gerade so als wenn sie etwas im Auge hätte. Oder war das etwas vor ihrem Auge? Was raschelte da? Es knisterte um sie herum. Aber es war ihr unmöglich den genauen Ort auszumachen. Sie spürte, wie etwas gegen ihren Hals und ihre Nase drückte. Irre ich mich? Wieso kann ich es nicht greifen? Sie hatte das Gefühl, dass sie sich von ihrem Tisch wegbewegte. Ihre Arme ruderten ziellos durch die Luft, und sie verlor völlig die Orientierung. Drehe ich mich etwa auf meinem Stuhl? Dreht er sich? Sie versuchte zu schreien und atmete tief ein. Wieso bekomme ich keine Luft? Was ist das an meinen Lippen? Ich muss atmen! Ich brauche Sauerstoff! Panik stieg in ihr auf. Ihre Beine strampelten verzweifelt, suchten nach Halt, aber alles ging zu schnell. Es waren wahrscheinlich keine dreißig Sekunden vergangen, aber sie hatte das Gefühl, dass sie schon Minuten herumkreiste und nach Luft schnappte. Plötzlich