Raju und Barbara. Wilhelm Thöring

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Raju und Barbara - Wilhelm Thöring

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Und jetzt wären sie da, um ihn zu erfreuen, lacht Jasbir.

      Beide wollen Barbara, die die Gäste oben auf der Terrasse empfängt, ignorieren, als wäre sie in Rajus Haus eine Angestellte, die darauf wartet, sie bedienen zu dürfen.

      „Barbara, meine Frau“, stellt Raju sie auf Bengali vor, worauf Arun, der sie eingehend gemustert hat, knapp nach indischer Art begrüßt; Jasbir geht mit abgewandtem Gesicht an Barbara vorbei.

      Barbara weist Pran an, Tee für die Gäste zu kochen.

      Arun bleibt im Wohnzimmer stehen, bis Raju ihn auffordert, Platz zu nehmen. Dagegen wandert Jasbir an den Wänden entlang, betrachtet die Bilder und die Dinge, die auf Schränken und Regalen stehen und die für ihn fremd sind; er nimmt auch einmal dieses oder jenes in die Hand, beklopft und untersucht es und stellt es irgendwo ab. Als Pran mit dem Tee ins Zimmer kommt, winkt Jasbir ab und fragt Raju etwas in seiner Sprache, worauf der nur den Kopf schüttelt und belustigt abwinkt.

      Barbara, die sich auf der Couch niedergelassen hat, ruft bei den beiden Befremden hervor; verwundert blicken sie sich an, dann schauen sie zu Raju, darauf zu Barbara, die unbekümmert bald dem einen, bald dem anderen zulächelt. Obwohl sie sich ihm gegenüber freundlich zeigt, bleibt Jasbir kalt und abweisend, und immer wieder geht sein Blick verständnislos zu Raju. Brombeere hat sich zu ihren Füßen gelegt, wo er unverwandt die Besucher anstarrt, und wenn Jasbir sich bewegt, lässt er ein Grollen hören oder er erhebt sich leicht, um in Verteidigungsstellung zu kommen.

      Der Hund mag beide nicht, vor allem scheint er Jasbir nicht zu mögen, das ist zu spüren. Jasbir hebt seine leere Teetasse gegen Barbara, stattdessen nimmt Raju die Kanne und gießt nach. Auf Bengali haben sie Raju einiges zu sagen, flüsternd und knapp, obwohl Barbara doch nichts von dem versteht. Und Raju antwortet immerzu lächelnd, ohne die Stimme zu dämpfen.

      Am Nachmittag, bevor ein neuer Guss niederprasselt, gehen seine alten Freunde, und auf dem Weg zum Tor hört Barbara, wie Jasbir ununterbrochen auf Raju einredet; auch Arun hat einiges loszuwerden, aber nicht mit so viel Nachdruck wie Jasbir.

      Weil Barbara sich nach diesen beiden Männern erkundigt, erzählt Raju ihr, dass beide irritiert waren, dass eine Frau so ohne weiteres in einer Männerrunde sitzen bleibt. Indische Frauen beträten das Zimmer nur, wenn Bedienung nötig wäre. An den Gesprächen der Männer beteiligten sie sich nicht, sie hörten auch nicht zu, was die zu bereden hätten; das wäre gegen die guten indischen Sitten, meinte Jasbir. Ja, er hätte sich geradezu darüber ereifern können, berichtet Raju. Jasbir verstünde nicht, dass Raju seiner Frau so etwas erlaube.

      Barbara hat schweigend zugehört. Viel später, als Raju schon nicht mehr an diesen Besuch denkt, bemerkt sie:

      „Ich muss viel lernen in deinem Land, Raju. Und dazu bin ich auch bereit, denn ich möchte hier leben wie du und wie alle anderen auch. – Hast du an meinem Verhalten etwas auszusetzen? Antworte mir ehrlich, Raju!“

      Er begreift nicht sofort, woran sie denkt. Dann schüttelt er heftig den Kopf und lacht auf.

      „Was soll ich an dir auszusetzen haben? Es war alles gut zwischen uns, als wir in Deutschland lebten. Und hier, Bärbel, muss es ebenso sein. Noch haben wir beide Schwierigkeiten, aber die lassen sich aus dem Weg räumen. Es ist unser Leben ... Wie wir leben, das geht niemanden etwas an, meine Eltern nicht, meinen Bruder, und die alten Kumpanen erst recht nicht!“

      „Dann lass sie künftig vor dem Tor stehen, auch wenn sie noch so wild dagegen hämmern! Lass sie draußen, Raju, vor allem diesen Jasbir! Ich bitte dich, lass sie nicht mehr in unser Haus! Ich fürchte, dass mit ihren Besuchen Unfriede einzieht, dass du anfängst, mich mit anderen Augen anzusehen, mit den Augen der indischen Männer, Raju. Ich habe Angst, dass sie mit ihrem argwöhnischen Blick, mit ihrer Kritik an unserer Art zu leben, Gift auslegen, das uns langsam krank macht, vielleicht sogar tötet.“

      Darüber muss Raju lachen. „Was hast du nur für Gedanken! Was hast du für Ängste! Nicht alle indischen Männer denken wie Jasbir und Arun. Die beiden waren schon immer von einer besonderen Art, besonders Jasbir. Sie waren misstrauisch gegen Fremdes, haben Ausländisches nicht verstanden. Jasbir sieht die Frauen noch mit den Augen seines Großvaters oder Urgroßvaters: Frauen haben dem Mann zu gehorchen, ihn zu bedienen und sich im Hintergrund zu halten. Und wenn sie nicht gehorchen – nun, dann wird mit Prügel nachgeholfen. So einfach ist das!“

      „Sie schlagen ihre Frauen?“

      „Jasbir macht so etwas, ja, das hat er erzählt ...“

      „Hat er dir geraten, mich auch zu prügeln?“

      „Nein, hätte er das getan, Bärbel, ich hätte ihn scharf zurechtgewiesen. Er glaubt, du würdest Bengali verstehen ...“

      „Ich mag ihn nicht, Raju. Bitte, er darf nicht mehr in unser Haus kommen ...“

      Darüber hat Raju auch nur wieder gelacht.

      In der Nacht, rings ums Haus rauscht der Regen, nimmt er sie in seine Arme und versichert ihr, dass sich an der Art, wie sie ihr Leben führen, nichts ändern werde. In Deutschland hätten sie gelebt, wie beide es für richtig hielten, und in Indien wird es nicht anders sein.

      Von Arun erzählt er ihr, dass seine Mutter auf merkwürdige Weise umgekommen wäre. Immer wieder hätte sein Vater sie in ihre Familie geschickt, weil er meinte, ihre Mitgift wäre zu gering gewesen; er schickte sie hin, damit sie Schmuck oder Geld nachfordere. Einige Male hätte er damit Erfolg gehabt, dann habe sich die Frau geweigert. Zuerst habe er sie verprügelt, später in glühende Asche gestoßen, und als das nichts half, wäre sie eines Nachts von ihm in den Brunnen geworfen worden, wo der ältere Bruder sie am anderen Morgen gefunden hätte.

      Darüber ist Barbara so entsetzt, dass sie aufspringt und erst einmal eine Zeitlang sprachlos unter dem Moskitonetz auf der Bettkante sitzen bleibt und in die Nacht starrt.

      „So etwas macht man hier“, flüstert sie. „Von solchen Dingen hast du mir nie erzählt, Raju ...“

      „Anderswo macht man andere, schlimme Sachen.“

      Sie schweigt, öffnet das Netz und huscht hinaus. An der Tür schnauft der Schnauzer, der auf sie wartet, weil sie aufgestanden ist. Leise trägt sie einen Korbstuhl ans Fenster, mit dem Rücken zum Bett sagt sie:

      „Kommt das daher, weil die Brautleute sich nicht kennen? Bei uns entscheidet man sich füreinander, weil man sich liebt, weil einer ohne den anderen nicht sein kann. Bei uns beiden war es doch auch so, nicht wahr, Raju?“

      Der Mann im dunklen Bett sagt nichts dazu. Barbara fährt fort: „Wie können sich zwei junge Menschen lieben, die sich nicht kennen? Ihre Ehe wird durch die Eltern oder einen Verwandten vermittelt, und dann muss man miteinander zurechtkommen.“

      „Diese Ehen werden nicht so häufig geschieden wie in den Ländern, wo es zu Liebesehen kommt“, antwortet Raju unter dem Moskitonetz. „Glaubst du nicht auch, Bärbel, dass die auflodernde heiße Flamme der Liebe sehr schnell in sich zusammenfällt? Und was bleibt mit den Jahren? Asche! Dagegen kann aus einem kümmerlichen Funken ein Feuer werden, das lange brennt und dauert ...“

      Raju hört, dass sie seufzt. Sie flüstert so leise, dass er es nicht hören kann: „Du hast mir eben keine Antwort gegeben. Musste die Liebe bei dir erst mit der Zeit wachsen? Hast du, wenn du von Liebe gesprochen hast, auf die Zeit gewartet, die die Liebe erst wachsen lässt?“

      Raju bleibt stumm. Sie hört nur, wie er sich umdreht im Bett.

      In

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