Sünden von einst. Elisa Scheer
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„So mittel“, antwortete die Kerner. „Ja, ich weiß schon, mit DS, DI und DCI könnten Sie mehr anfangen, was?“
„Kunststück, wenn die besten Krimis immer noch aus England kommen.“
„Weißt du was?“, fragte Nathalie plötzlich. „Jetzt sind wir Vollwaisen. Komischer Gedanke.“
„Deshalb fühle ich mich auch nicht anders“, antwortete ich, „aber vielleicht kommt das noch. Ich hab ja noch gar nicht erfasst, dass er tot ist... Wer macht so was?“
„Genau das ist die Frage“, warf die Kerner ein und fixierte mich. „Fällt Ihnen zu diesem Mann nicht doch noch was ein?“
„Mann?“ Nathalies Blicke schossen von ihr zu mir und wieder zurück. „Welcher Mann? Der berühmte Landstreicher?“
„Sehr betroffen wirken Sie beide wirklich nicht“, wurden wir kritisiert. „Der Mann, den Ihre Schwester beim Verlassen der Villa gesehen hat.“
„Da war ein Mann? Ist er´s vielleicht gewesen?“
Ich zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Einen rauchenden Colt hatte er jedenfalls nicht in der Hand. Ich hab ihn doch nur ganz kurz gesehen und erschrocken war ich auch. Außerdem möchte ich bloß mal wissen, wo die Frau Zittel ist. Und wer hatte einen Grund, ihm das anzutun?“ Warum Nathalie da grinste, verstand ich nicht. „Was hat Ihr Vater eigentlich beruflich gemacht?“, wechselte die Kerner das Thema.
„Nichts mehr, denke ich. Er hatte mal eine Firma, aber die hat er 2001 verkauft. Ob eine von uns sie weiterführen wollte, hat er gar nicht gefragt. Typisch.“
„Was für eine Firma?“
„Lamont und Partner AG. Autozubehör. Er war Zulieferbetrieb für mehrere Automobilhersteller, Gurtsysteme und all so was. Aber wegen der Einzelheiten erkundigen Sie sich am besten bei seinem Anwalt, kleinen Weiberhirnen hat er die Details nicht anvertraut.“
„Das klingt etwas bitter. Was machen Sie denn beruflich?“
„Ich arbeite in der Finanzabteilung von Markt&Geld, und Nathalie studiert noch.“
„Die Wirtschaftszeitschrift? Also sind Sie Betriebswirtin?“
„Und Volkswirtin. Ich hätte die Firma schon leiten können, und 2001 war ich auch schon lange fertig, aber ob er das wusste... Bei diesen Terminen redet - redete ja immer nur er. Na, egal, bei Markt&Geld ist es bestimmt interessanter.“
„Ich will auch lieber Wirtschaft unterrichten als richtig authentisch auf die Schnauze zu fliegen“, fügte Nathalie hinzu und kicherte, als mein Magen laut knurrte. „Sorry, wir wollten ja eigentlich nach diesem Zwangsbesuch in den Biergarten, also hab ich noch nichts gegessen.“
„Das sollten Sie dann aber mal tun“, fand die Kerner mit einem Blick auf meine dürre Figur. „Ich denke, für heute war´s das. Sie sollten morgen Mittag, so gegen zwölf, mal im Präsidium vorbeischauen, bis dahin haben wir sicher noch mehr Fragen. Und wir werden in den nächsten Tagen sicher auch mal bei Ihnen vorbeischauen.“
„Aha – Hausdurchsuchung? Vielleicht haben wir ja doch die Waffe irgendwo versteckt?“
„Also, zu diesem Zeitpunkt müssen wir natürlich jeden verdächtigen. Sie waren ja hier, Frau Lamont – und Sie? So gegen sechs Uhr? Die genaue Todeszeit wissen wir leider noch nicht.“
„Ich hab mich mit meiner Nachbarin gestritten, bis Nina angerufen hat. Die Zimtzicke hat sich mal wieder wegen meiner Musik aufgeregt. Dabei muss man Queen laut hören, oder?“
„We Will Rock You auf jeden Fall“, stimmte die Kerner amüsiert zu und entließ uns.
5
„Warum hast du vorhin so blöd gegrinst?“, fragte ich, als wir im Wittelsbacher Hof saßen – drinnen, wo es an diesem herrlichen Abend total leer war. Ein Rest von Pietät?
„Wann denn? Ich grinse öfter mal.“ Nathalie las die Karte und sah kaum auf. „Was Warmes ist mir jetzt doch zu schwer... was nimmst du?“
„Wurstsalat. Lenk nicht ab. Als ich gefragt habe, wo die Frau Zittel ist. Und wer Vater erschossen haben könnte. Ich meine, da gibt´s doch keinen Grund, oder?“
„Meinst du?“ Sie grinste schon wieder. Mit ihrem Lausbubenmund und den funkelnden blauen Augen sah sie einfach entzückend aus.
„Weißt du was, was ich nicht weiß?“ Nathalie hörte öfter mal das Gras wachsen, und ich kriegte öfter mal was nicht mit, das war schon immer so gewesen. „Nein. Nur dass er ein unangenehmer Kerl war. Wenn er sich schon als Rabenvater aufgespielt hat, glaubst du, er war als Chef und Geschäftspartner angenehmer? Oder als Nachbar? Vielleicht war der Kerl, den du gesehen hast, einer aus der Nachbarschaft und Vater hatte sich beschwert, weil dessen Kinder es gewagt haben, beim Spielen zu lachen oder so. Erinnerst du dich noch an diese geheiligte Mittagsruhe?“
„Ungern“, wehrte ich ab und bestellte Wurstsalat und ein großes Wasser. Von eins bis vier hatten wir uns absolut ruhig zu verhalten, egal, ob er im Haus war oder nicht. Stilles Lernen war angesagt; telefonieren, Musik hören, fernsehen, spielen – das war alles streng verboten, und Frau Zittels Vorgängerin (ebenso ein Besen) wachte streng über die Einhaltung und darüber, dass wir unsere Zimmer nicht verließen. Ja, wenn das seine Vorstellungen von Pädagogik waren, konnte ich mir vorstellen, dass ein junger Familienvater austickte.
Familienvater... ein irgendwie störender Gedanke. Wieso das denn nun?
„Aber gegrinst habe ich eigentlich, weil du so nett von diesem geheimnisvollen Unbekannten abgelenkt hast. Gaanz unauffällig. Nina, du musst noch viel üben.“
„Was soll das heißen?“, fragte ich missvergnügt. „Wieso abgelenkt?“
„Ich denke mal, du hast doch mehr gesehen als du gesagt hast, aber aus irgendeinem Grund willst du es nicht sagen... war er niedlich?“
„Keine Ahnung“, fauchte ich, „ich hab ihn wirklich nicht länger als einen Moment gesehen, und er war ziemlich grün im Gesicht. Du hörst wieder mal das Gras wachsen.“
„Wenn ich das Gras wachsen höre, wächst es im Allgemeinen auch“, entgegnete Nathalie und verzog ihren Lausbubenmund vergnügt.
„Pietätloses Weib“, brummte ich, aber dieser Tiefschlag funktionierte auch nicht. „Weil du so ernsthaft trauerst, ja? Wir sollten selbst mal mit diesem Kastner sprechen, was Vater eigentlich so getrieben hat. War das Arbeitszimmer eigentlich durchwühlt oder so? Ich war ja nicht mal im Haus.“
„Ist mir nicht aufgefallen, aber ich hab auch fast sofort gesehen, dass er – naja, also, dass er -“
„- tot war. Sorry, ihn zu finden war wohl schon ziemlich hart, oder?“
Ich nickte. „Komisch, er war´s natürlich, aber er hat schon ganz anders gewirkt. Unwirklich irgendwie – ach, ich kann´s nicht erklären. Jedenfalls hab ich mich kaum umgeschaut. Aber ich musste um den Schreibtisch herum, weil sein Gesicht – naja. Und ich bin eigentlich