Sünden von einst. Elisa Scheer

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was?“, fuhr ich fort. „Man könnte ja meinen, er hätte was mit Geheimdienst und Wirtschaftsverbrechen und so zu tun gehabt.“

      „Weiß man´s?“, fragte Nathalie. „Nina, seien wir doch mal ehrlich, wir wissen überhaupt nichts über ihn. Wir kennen bloß diese dämlichen Besuche im Arbeitszimmer, sonst nichts, er könnte hundert ukrainische Zwangsprostituierte im oberen Stock haben und wir wüssten es nicht.“

      Ich legte den Kopf schief. „Und Frau Zittel als Puffmutter?“

      „Okay, das übersteigt meine Phantasie. Na gut, er könnte Giftgas nach Libyen oder Plutonium in den Iran oder sonst was exportiert haben. Russenmafia, Triaden, was weiß ich.“

      „Ich möchte nicht wissen, was du dir so im Fernsehen reinziehst“, stöhnte ich. „Ist ja grausig! Nathalie, er war ein stinknormaler Langweiler und als Vater ein Totalausfall, mehr war da nicht.“

      „Nicht mal ein bisschen Aktienschwindel?“, fragte sie hoffnungsvoll.

      „Ach komm, das wäre beim Verkauf doch wohl rausgekommen, oder? Selbst wenn er uns nichts erzählt hat, hätten wir´s doch erfahren, wir sind doch beide in der Branche.“ Sie seufzte bedauernd und ich musste mir vor Augen halten, dass sie gerade erst zweiundzwanzig geworden war. In dem Alter wünschte man sich wohl ein aufregendes Leben, aber mit dreißig...? Gotteswillen!

      Andererseits war sie sonst die Nüchternere von uns beiden, sie hatte sich auch immer viel weniger über Vaters Allüren aufgeregt als ich. Na, das Thema dürfte jetzt ja wohl vom Tisch sein. „Wenn er in nichts verwickelt war, wieso sollte ihn dann jemand umgebracht haben?“, fragte Nathalie, und da hatte sie leider nicht so ganz Unrecht. „Ich weiß es doch auch nicht“, seufzte ich. „Und ich will jetzt was zu essen haben. Vielleicht wissen die morgen ja schon mehr.“

      „Glaubst du das?“, wollte Nathalie wissen.

      Nein. Vor allem nicht, wenn ich den schwarzen BMW und dieses Zuckerschnäuzchen unterschlug.

       6

      Sie wussten auch tatsächlich nicht viel Neues, als wir wie aufgefordert am Samstagmittag im Präsidium auftauchten und uns neugierig umsahen. Alles lief ab wie aus dem Fernsehen bekannt, nur die Räumlichkeiten waren schicker als bei Derrick, aber nicht halb so neuzeitlich wie bei Siska. Etwa wie bei Soko Leipzig. Die Gespräche (wir wurden sofort getrennt) wurden aufgezeichnet und ergaben eigentlich gar nichts.

      Wir wussten nicht mehr über Vater und Mutter als gestern; ich behauptete weiterhin, nicht mehr über den Unbekannten zu wissen, und hatte allmählich das Gefühl, dass man seine Existenz anzweifelte. Ich konnte ihn ja auch gut erfunden haben, um zu erklären, wie ich ohne Schlüssel ins Haus gelangt war. Vielleicht hatte ich in Wahrheit ja einen Schlüssel und war schon vorher aufgetaucht, um meinen unsympathischen Erzeuger zu ermorden? Die Waffe hätte ich in aller Ruhe entsorgt und dann mit hysterischem Unterton die Polizei gerufen... Solche Gedanken gingen diesem jungen Knackarsch – Grünbauer hieß er - garantiert durch den Kopf!

      Ich hätte vielleicht doch eine bessere Beschreibung abgeben sollen – aber was wusste ich denn wirklich? Nur an den entzückenden Mund konnte ich mich erinnern. Ansonsten sah der Typ bestimmt besser aus, wenn er nicht so kotzgrün im Gesicht war. Nein, für ein Fahndungsfoto reichte das garantiert nicht. Natürlich war da noch das Auto, wenn es denn seins war. Sicher, ich hätte von dem BMW reden sollen... aber jetzt? Wie sollte ich ihn denn jetzt noch ins Spiel bringen? Ach übrigens, da war doch gestern noch so ein Wagen vor der Tür... Und wieso fällt Ihnen das jetzt erst ein? Ja, äh – hm.

      Eben. Lieber nicht, die würden das ja wohl auch gerade noch so rauskriegen. Mussten die nicht auch die Nachbarn befragen? Ich erkundigte mich.

      „Natürlich“, antwortete Grünbauer. „Aber die Grundstücke sind ja leider recht groß, ob da jemand etwas gesehen hat... Kennen Sie die Nachbarn?“

      Ich zuckte die Achseln, was mir sofort einen Tadel einbrachte: „Bitte laut und deutlich, das Gerät kann nicht sehen.“

      „Ich weiß es nicht“, antwortete ich also laut und deutlich, „ich weiß nur, wer vor etwa zwölf Jahren links und rechts gewohnt hat. Aber ob das noch die gleichen Leute sind... Links waren es Dangels, ein älteres Ehepaar, mit denen Vater meistens verkracht war. Wegen so elementarer Probleme wie Löwenzahnsamen und Höhe der Hecke. Und rechts... das waren die Richards. Die fand ich als Teenie ganz toll, die hatten zwei kleine Kinder, ganz niedliche, und wirkten immer so vergnügt. Aber die haben sich absolut nicht um uns gekümmert, und um das Gekeife von Vater und Frau Rutz wegen des Kinderlärms schon gar nicht.“

      „Frau Rutz?“

      „Das war die Haushälterin vor Frau Zittel. Die konnte Nathalie und mich nicht leiden, weil wir immer nur Krach und Schmutz gemacht haben und ab und zu was zu essen wollten. Blöde alte Schnepfe.“

      „Nach einer schönen Kindheit klingt das nicht gerade.“ Hatte er das mitfühlend oder lauernd gesagt? Mitgefühl brauchte ich jedenfalls keins.

      „Ach, man lernt ziemlich schnell, sich seine Bestätigung woanders zu holen. Wir waren beide gut in der Schule und viel mit Freunden unterwegs. Und geschlagen oder vernachlässigt wurden wir ja eigentlich nicht.“

      Jetzt nickte Grünbauer und raschelte mit seinen Notizen. Das knatterte nachher auf dem Band wahrscheinlich wie ein Maschinengewehr.

      „Und worüber wollte Ihr Vater gestern mit Ihnen reden?“

      „Er hat das Thema nicht vorher angekündigt, aber ich könnte mir denken, die finstere Zukunft der deutschen Wirtschaft. Das hatten wir schon länger nicht mehr. Vielleicht auch die Verkommenheit der Jugend und die Schuld egoistischer Mütter daran.“

      „Oder wo die Enkel bleiben?“ Grünbauer grinste tatsächlich. Ich sah ihn strafend an. „Aber nein! Das war ihm nun wirklich egal. Ja, ob Deutschland ausstirbt oder nicht, darüber konnte er sich ereifern, aber Enkel... er mag – mochte eigentlich keine Kinder. Sie wissen schon, die machen Krach und -“

      „- Schmutz. Schon klar. Das kommt mir alles etwas lieblos vor.“

      „War es ja auch. Aber man gewöhnt sich wirklich an alles. Vielleicht wäre unsere Mutter liebevoller gewesen, aber sie war ja dann nicht mehr da... ich glaube, es ist besser, Sie fragen konkreter. Wenn Sie mich – uns – bedauern, tue ich mir bloß noch selber Leid, und das führt dann wirklich zu gar nichts.“

      „Wann sind Sie genau ausgezogen?“

      „An meinem achtzehnten Geburtstag. Fünfter November zweiundneunzig. Das lief geradezu generalstabsmäßig ab, zwei Wochen vorher hat mein Vater mich gebeten – mich angewiesen - , mir ein Girokonto einzurichten und ihm die Nummer zu geben, am Vorabend meines Geburtstags durfte ich meinen persönlichen Besitz packen (ich glaube, es waren ein Koffer, zwei Reisetaschen und eine Plastiktüte) und erhielt ein Sparbuch mit exakt achtzehntausend Mark darauf. Für jedes Lebensjahr ein Tausender. Dann hat er mir noch eine Liste in die Hand gedrückt, auf der so Sachen standen wie Vergiss die Krankenversicherung nicht und Gib deine neue Adresse an. Und am nächsten Morgen bin ich mit meinem Krempel weg, erstmal in die Schule und nachher zu einer Freundin, da durfte ich ein paar Wochen im Gästezimmer hausen. Dann hab ich ein kleines Appartement gefunden, in Selling, sogar schon möbliert, und da hab ich dann während des Studiums gehaust. Bei Nathalie war es vor vier Jahren genauso.“

      Grünbauer

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