Sannall der Erneuerer. Manfred Rehor

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Sannall der Erneuerer - Manfred Rehor

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der Akademie schon gefährlich nahe gekommen.“

      „Uninteressant“, meinte Jeremiah. „Gehen wir weiter.“

      Die Jungs schlichen vorsichtig davon, bis sie außer Sicht- und Hörweite der Zelte waren. Aber schon nach wenigen hundert Metern blieben sie gleichzeitig wie auf Kommando stehen, lauschten in die Nacht hinaus und hechteten dann in Deckung hinter ein paar Felsbrocken abseits des Weges.

      Gerade noch rechtzeitig, um nicht von den Beduinen entdeckt zu werden, die von einer Düne herunterkamen. Beduinen waren gefürchtete Räuber aus der westlichen Wüste, die manchmal in das fruchtbare Gebiet entlang des Nils eindrangen. Die Männer bewegten sich vorsichtig, nach allen Seiten sichernd. Als sie am Versteck der Jungs vorbei gingen, sah Jeremiah, dass sie schwer bewaffnet waren. Zwar waren die Musketen, die sie über die Schultern geworfen trugen, so alt, dass sie nur noch als Schlagstöcke geeignet schienen. Doch die langen Säbel und Messer in den Händen der Männer waren gefährlich genug.

      Sie suchen uns, war der erste Gedanke, der Jeremiah durch den Kopf schoss. Aber bisher hatten sich die Einheimischen nie mit Novizen der Akademie angelegt. Schon das Gerücht, dass sie mit Magie zu tun hatten, ließ jeden Fellachen vor Furcht zittern.

      „Die wollen jemanden überfallen“, vermutete Wynfried, nachdem die Männer außer Hörweite waren.

      „Ja, aber echte Beduinen sind das nicht“, sagte Jeremiah. „Eher eine Gruppe Fellachen, die sich als Beduinen verkleidet haben. Könnten sie es auf die englischen Ausgräber abgesehen haben?“

      „Unwahrscheinlich. Wenn denen etwas geschieht, startet der englische Generalkonsul umgehend eine Strafexpedition.“

      „Deshalb die Verkleidung. Der Generalkonsul wird irgendeinen schuldlosen Beduinenstamm für den Überfall verantwortlich machen und bestrafen.“

      „Und was nun?“, fragte Wynfried.

      „Ihnen nach!“, entschied Jeremiah.

      Die Jungs folgten den Bewaffneten in sicherem Abstand und beobachteten, wie sich die Männer um die Zelte der Engländer verteilten. Auf ein Zeichen ihres Anführers erhoben die angeblichen Beduinen lautes Geschrei. Mit vorgehaltenen Waffen stürmten sie in die Zelte. Gleich darauf kamen die Europäer mit erhobenen Händen heraus. Sie wurden von den Räubern zwar nicht gefesselt, aber sie mussten sich mit hinter dem Kopf verschränkten Händen auf den Boden setzen.

      Der Lord wurde ausgefragt, und als er keine zufriedenstellende Antwort gab, sogar mit Schlägen traktiert. Dann gingen die Räuber in die Zelte, um sie zu durchsuchen. Nur eine Wache blieb bei den Gefangenen.

      „Sollen wir eingreifen?“, fragte Jeremiah seine beiden Freunde.

      „Wir müssen. Sonst könnte es den Engländern an den Kragen gehen. Wie wäre es, wenn wir noch einmal den Wind beschwören?“, schlug Wynfried vor.

      „Einverstanden. Jeder ein Zelt.“

      Sie stellten sich im Halbkreis auf und zeichneten mit kleinen Handbewegungen magische Gesten in die Luft. Dabei murmelten sie die in der Akademie einstudierten Sprüche und Gesänge vor sich hin.

      Die Planen der Zelte bewegten sich, als würde ein zunehmend stärker werdender Sturm sie schütteln. Die Plünderer kamen heraus und stellten bestürzt fest, dass im Freien kaum ein Windhauch ging. Hektisch begannen sie, untereinander das merkwürdige Phänomen zu diskutieren. Die Zeltplanen flatterten immer heftiger, die Zeltstangen bogen sich, die Verstrebungen ächzten unter dem Ansturm der Kräfte.

      Der Wächter ließ seine Gefangenen im Stich und rannte zu seinen Kumpanen. Als die drei Zelte in sich zusammenstürzten, ergriffen die Männer die Flucht.

      Die verwunderten Engländer sahen ihren davon rennenden Feinden verständnislos nach. Dann inspizierten sie die Ruinen ihrer Zelte und begannen fluchend damit, Ordnung ins Chaos zu bringen.

      „Ich war Erster“, sagte Jeremiah zufrieden.

      „Aber nur um ein paar Sekunden“, entgegnete Yblah.

      Aus sicherer Entfernung beobachteten sie, wie die Engländer ihre Zelte wieder aufrichteten. Es war ein komischer Anblick, und die drei lachten in ihrem Versteck leise vor sich hin. Dabei entging ihnen, dass einer der Engländer nach einer Weile nicht mehr zu sehen war. Als die Jungs schließlich ihren Weg fortsetzen wollten, stand plötzlich ein Mann mit einem Gewehr hinter ihnen.

      „Habe ich es mir doch gedacht“, sagte Lord Pearson, „dass ich ein paar von euch Spitzbuben noch erwische. Woher wusstet ihr, dass ich hier nach dem Amulett mit Sannalls Tränen suche?“ Er musterte die drei Jungs, die vor ihm standen, und fuhr fort: „Aber ihr gehört nicht zu dieser Räuberbande. Was treibt ihr euch mitten in der Nacht hier herum?“

      „Wir sind sozusagen zufällig hier vorbei gekommen, Sir“, stotterte Wynfried.

      „Zufällig. Mitten in der Wüste. Tolle Ausrede!“, sagte Pearson. Aber er senkte den Lauf seines Gewehrs. „Wer seid ihr?“

      Jeremiah übernahm das Reden. „Wir sind mit einer Reisegruppe unterwegs“, behauptete er. „Wir haben einen Ausflug in der Abenddämmerung gemacht. Dabei haben wir die Räuberbande gesehen und sind ihr gefolgt.“

      Yblah und Wynfried nickten eifrig.

      „So, so“, sagte Pearson. „Die Wahrheit ist das nicht, aber immerhin eine akzeptable Lüge.“ Er hob den Lauf des Gewehres wieder und zeigte damit zu den Zelten. „Ihr kommt jetzt mit ins Camp. Da werden wir uns weiter unterhalten.“

      Jeremiah sah seine beiden Freunde an. Ihre Blicke besagten, dass sie wussten, was er vorhatte. „Einen Moment noch, Sir“, sagte Jeremiah und hob beide Arme ein wenig an in eine bittende Konzentrationshaltung.

      Verwundert kniff der Lord die Augen zusammen. Als er sah, dass die anderen Beiden die Geste nachahmten, warnte er: „Macht keinen Unsinn!“

      Doch es war zu spät. Lord Pearson erstarrte mitten in der Bewegung. Die Jungs lockerten ihre Konzentrationshaltung wieder.

      „Das sollte reichen“, sagte Jeremiah. „Nichts wie weg hier.“

      Sie rannten davon. Erst in sicherem Abstand blieben sie stehen und verwischten mit Hilfe eines magisch herbeigerufenen Windes ihre Spuren im Sand.

      Einige Minuten später kam Lord Pearson wieder zu sich. Fassungslos starrte er auf die Stelle, an der – seinem Eindruck nach – vor einem Augenblick noch die drei Jungs gestanden hatten. Er lauschte in die Nacht, hörte jedoch kein ungewöhnliches Geräusch. Dann ging er in die Hocke, um den Boden zu untersuchen. Er fand nicht einmal Fußspuren. „Magie“, sagte er, als er sich aufrichtete. „Habe ich es mir doch gedacht.“ Energisch schritt er hinüber zum Camp, um bei den Zelten nach dem Rechten zu sehen.

      Kurz nach Mitternacht erreichten Jeremiah und seine Freunde ihr Ziel: Zwei Schienenstränge, gestützt auf quer liegende Holzbalken, durchquerten die karge Landschaft. Schienen, so wussten sie, verbanden die entferntesten Orte miteinander. Und doch war es schwer zu glauben, dass diese Eisenstränge ununterbrochen von hier bis nach Alexandria reichten. Sie gingen ein Stück weit die Bahnstrecke entlang, bis sie ein vertrocknetes Gebüsch fanden, in dem sie sich verstecken konnten.

      „Wann ist es so weit?“, fragte Yblah.

      „Den Nachtzug haben wir verpasst. Der nächste kommt

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