Strandgut. Claus Beese
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Strandgut - Claus Beese страница 8
»Waaaah!«, brüllte der Lange, machte kehrt und rannte ein paar Stufen hinauf, bis Hein ihm den Weg versperrte.
»Ey, was is los, Alter? Los, runner mit dir. Mach ihn fäddich, gib ihm Saures!«, kommentierte der Hamburger Matrose die hastige Flucht. Bodo drehte sich zitternd um und stieg die Stufen wieder hinunter. Erneut zog der Fisch ab, und der Lange drehte langsam die Bremse fester. Den Hai beeindruckte das nicht im Geringsten. Ruhig und stetig zog er davon. In Bodo erwachte der Kämpfer. Noch fester und noch fester zog er die Rollenbremse. Dann blockierte das heißgelaufene Getriebe und die Rute machte eine heftige Verbeugung. Mit einem hässlichen Splittern verabschiedete sich die Rutenspitze, eine Sekunde später zerlegte sich die ganze Angelrute in kleine, handliche Teile, die man bequem in jede Mülltonne stecken konnte. Die Schnur brach mit einem lauten Knall, und Bodo saß urplötzlich auf seinen vier Buchstaben. Verdattert blickte er sich um.
»Verdammt, Alter! Das ‘n Ding! Hassu den gesehen? Minnestens drei Meter lang, sach ich dir!«
Hein war vorsichtshalber die Gangway ein gutes Stück höher geklettert, als er die Zähne des Ungetüms gesehen hatte. Angst hatte er nicht, aber man konnte ja nie wissen. Schließlich war die Zeit der einbeinigen Seeleute vorbei, und wie John Silver auf einem Holzbein durch die Gegend hinken, wollte er auf keinen Fall. Das machte bei den Mädels im Hafen keinen guten Eindruck.
»Los, Langa! Den Bruder holn wir uns!«
Trotz seines großen Respekts vor dem Raubfisch war Hein jetzt heiß. So konnte man nicht mit seinem neuen Freund umgehen. Ihm einfach die Angelrute kaputt machen. Das durfte keiner wagen. Auch ein Hai nicht!
»Scherzkeks! Und womit?«
Anklagend hielt Bodo ihm die traurigen Überreste seines teuren Gerätes hin.
»Los, komm mit, Langa! Ich zeich dich, wie das gehen tut!«
Hein war nicht zu bremsen. Als erstes zog es ihn in die Tiefkühlkammer, wo die Fleischvorräte des Smutjes lagerten. Eine komplette Hammelkeule fiel ihm zum Opfer, und der Haken, an dem sie gehangen hatte, kam ihm auch gerade recht. Er wurde ebenfalls konfisziert. In der Schlosserwerkstatt wurde der Fleischhaken dann so hergerichtet, dass er wie ein überdimensionierter Angelhaken aussah. Ein Stück Stahlkette bildete das ideale Vorfach.
»Und wo willst du das dranbinden?«, wollte der Schlacks wissen. »Schließlich haben wir keine Rute mehr!?«
»Maaann, Alter! Vertrau mir!«
Die beiden schleppten das ganze Gedöns an Deck und Hein schäkelte es an einer langen, dünnen Stahltrosse fest, die von einem der kleineren Ladebäume herabhing.
»Für die einen isses nur ein Ladebaum, für die annern isses die stärkste Hairute vonne Welt«, grinste er, spießte die Hammelkeule auf den Haken und warf alles über Bord.
Bodo gab ihm Zeichen, und Hein ließ das Stahlseil von der Winde laufen, bis der prächtige Köder tief unter dem Dampfer im Wasser hing.
Bodo kratzte sich am Kopf. Er hatte in seinem jungen Leben auch schon so einiges angestellt, aber eine so unorthodoxe Angelmethode wäre selbst ihm nie in den Kopf gekommen. Hein jedenfalls war begeistert von seiner Idee.
»Und woran merkst du jetzt, dass einer angebissen hat?«, wollte er von Hein wissen.
»Twäng! Twäng!«, machte die Stahltrosse und spannte sich bedenklich.
»Das hör ich an die Leine. Die is wie so ein akustischen Bissanzeiger und macht dann ‚Twäng, Twäng‘!«
»Du«, stellte der Lange fest, »Ich glaub, da hat schon einer angebissen, ich hab deutlich das ‚Twäng, Twäng‘ gehört!«
Die beiden schauten über die Reling und sahen unten einen großen Hai an der Stahltrosse toben.
»Und nun?«, fragte der Lange.
»Warten, bis er müde is«, riet Hein und beide lehnten sich auf die Reling, steckten sich eine Zigarette an und rauchten genüsslich. Den Hai ließen sie einfach an der Trosse weiter toben.
»Meine Herren, haben sie Langeweile?«, fragte der Kapitän, der unbemerkt an die beiden herangetreten war.
»Nööö, Freiwache!«, antwortete Hein. »Warum?«
»Na, schauen sie sich doch mal um, wie das hier aussieht! Zwei Ladebäume außenbords geschwenkt, die Trossen hängen bis ins Wasser, und das auf meinem Dampfer!«
Er holte vor Empörung tief Luft, was jedoch in keiner Weise dazu beitrug, dass sich seine aufgeregte, rote Gesichtsfarbe zum Gesünderen hin veränderte.
»Dann brauche ich sie wohl auch nicht zu fragen, ob sie etwas über verschwundene Lebensmittel wissen, was?«
»Wie? Verschwundene Lebensmittel?«
»Dem Smutje sind ein riesiges Steak und eine Lammkeule abhanden gekommen. Wissen sie was darüber?«
»Nööö, nich direkt«, murmelte Hein und Bodo winkte auch ab.
»Is uns nix in der Form begegnet, Käpten!«
»Sagen sie mal, warum wackelt die Trosse eigentlich so?«
Der ‚Alte‘ hatte jetzt doch bemerkt, dass da was nicht in Ordnung war. Er beugte sich über die Reling und sah unten im Wasser den Hai, der jetzt nur noch träge mit den Flossen wedelte und nur ab und zu noch einen müden Fluchtversuch unternahm.
»Gnutzmann!«, brüllte der Kapitän vor Begeisterung und schlug Bodo auf die Schulter, dass der in die Knie ging. »Sie sind ein Genie! Woher wussten sie, dass ich so gerne Haisteak und Haifischflossensuppe esse?«
»Och, das hat Hein mir erzählt, und da haben wir gedacht, wir machen ihnen eine kleine Freude«, murmelte der Schlacks bescheiden.
»Los, los, meine Herren. Der Fisch ist müde. Holen sie ihn an Bord, aber vorsichtig, damit er nicht doch noch entwischt. Ich hole nen Fotoapparat. Und den Koch! Der kann ihn schlachten und zerlegen. Oooh, Haifischflossen-Suppe! Herrlich!«
Noch nie hatte jemand den Kapitän so eilig gesehen. Wie ein Wiesel rannte der ‚Alte‘ davon, und seine beiden Matrosen zeigten sich beeindruckt.
»Na, denn wolln wir mal«, grinste Hein und klemmte sich hinter die Winsch. »Hast ja gehört, nä? Befehl is Befehl! Also, hoch mit ihm!«
Jaulend lief die Winde an und wickelte die Stahltrosse auf die Trommel. Im Nu schwebte der große Fisch an der Bordwand empor bis über die Reling. Hein drehte den leichten Kran über Deck und ließ den Hai auf die Lukendeckel sinken.
»Wo isser? Wo isser?«, brüllte der Smutje und kam keuchend angelaufen. In der einen Hand schwenkte er einen Baseballschläger, in der anderen das größte Fleischermesser, das seine Küche zu bieten hatte. Angesichts der Größe des Raubfisches erschienen ihm diese Mordwerkzeuge gerade ausreichend. Tatsache war, der Hai hatte ihnen nichts mehr