Von Jerusalem bis Rom. Martin Renold

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Von Jerusalem bis Rom - Martin Renold

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vor den Toren lauern. Dann kann Jonas dir folgen.«

      »Wohin wirst du gehen?«, fragte ich Saul.

      »Ich werde nach Jerusalem gehen und Petrus aufsuchen«, antwortete er.

      »Ich werde dich auf dem Weg dorthin einholen. Ich bringe dir dein Pferd mit.«

      Judas hatte Bedenken.

      «Nein Jonas«, sagte er, »das könnte Misstrauen erwecken, wenn du mit zwei Pferden aus der Stadt reitest. Sicher haben die Nabatäer dich mit Saul zusammen gesehen und könnten dir folgen. Ich gebe dir Geld für Sauls Pferd. Wenn du ihn eingeholt hast, kannst du dafür ein neues Pferd für ihn kaufen.«

      »Wir werden aber zwei oder drei Tage warten müssen«, überlegte Ananias, «bis wir das Gerücht verbreiten, dass du geflohen bist, obwohl ich hoffe, dass sie dich in Ruhe lassen, wenn du aus der Stadt heraus bist. Denn welchen Grund sollten sie dann noch haben, dich umzubringen? Aber sicher ist sicher. Erst wenn du weit genug von Damaskus entfernt bist, werden wir es tun. Wenn Jonas dich getroffen hat, werdet ihr mit den Pferden rasch weiterkommen.«

      Judas und ich wollten Saul nicht allein mit Ananias gehen lassen.

      Nachdem Saul seine wenigen Sachen, die er mitnehmen wollte, vor allem einige Schriften, zusammengepackt hatte, und nachdem ihn Judas mit Wasser und Brot für den ersten Tag und mit Geld versorgt hatte, brachen wir auf. Wir nahmen kein Licht mit.

      Die Straßen waren dunkel und leer. Leise schlichen wir durch kleine Gassen. Ananias führte uns zur Mauer. Dort fanden wir einige Gemeindeglieder. Als sie uns sahen, zogen sie eine lange Leiter unter einem Gebüsch hervor, das an der Stadtmauer wucherte.

      Wir alle verabschiedeten uns von Saul und wünschten ihm Gottes Schutz und Segen.

      Ein Mann gab Saul einen großen Korb in die Hand. Der war an einem langen, starken Seil befestigt. Damit stieg Saul die Leiter hinauf. Droben schob er den Korb durch eine Luke in der Mauer, zwängte sich durch die enge Öffnung und stieg auf der andern Seite der Mauer in den Korb. Einige kräftige Männer hielten das Seil auf unserer Seite fest. Es straffte sich, als Saul in den Korb gestiegen war. Auf ein leises Husten, das bedeutete, dass er sicher in dem Korb saß, begannen die Männer, langsam das Seil durch ihre Hände gleiten zu lassen, bis es locker wurde und wir wussten, dass Saul auf der andern Seite den Boden erreicht hatte.

      Judas und ich verabschiedeten uns nun von Ananias und von den Männern, die die Leiter wieder in ihr Versteck gelegt hatten, und gingen den gleichen Weg zurück.

      Zu Hause beteten wir noch einmal, dass Sauls Flucht auch weiterhin gelingen möge.

      Vorsichtshalber gab mir Judas schon am ersten Tag etwas Geld, damit ich in eine Herberge in der Nähe umziehen konnte. Er wollte mich nicht der Gefahr aussetzen, dass die Nabatäer mich mitnähmen, wenn sie nachts in sein Haus einbrechen würden, um nach Saul zu suchen.

      Ich erfuhr, dass die Nabatäer die ganze Nacht und am Morgen nach der Flucht Saul aufgelauert hatten. Da er sich an diesem Tag nirgends in der Stadt zeigte, glaubten sie, er halte sich irgendwo versteckt. Entweder wussten sie nicht, dass Saul im Haus des Judas wohnte oder sie getrauten sich nicht, ihn hier herauszuholen. Was sie vorhatten, war ja illegal und musste vor dem römischen Präfekten und seinen Soldaten geheim gehalten werden.

      Judas suchte mich am nächsten und übernächsten Tag in der Herberge auf und berichtete, dass sich auffallend viele Nabatäer ohne ersichtlichen Grund vor den Toren der Stadt aufhalten würden.

      Ich wartete nun in der Herberge, bis einige Tage später Judas zu mir kam und mir erzählte: »Unser Plan ist aufgegangen. Ein Nabatäer hat heute Morgen an der Mauer eine angestellte Leiter und einen Papyrus gefunden, auf dem geschrieben stand: ›Liebe Brüder, ich gehe nach Tarsus zu meinen Verwandten, um dort das Evangelium von Christus zu verbreiten.‹ Damit ist er zum Konsul gegangen und hat ihm berichtet, der Unruhestifter sei geflohen.«

      Falls jemand die Verfolgung Sauls aufgenommen hätte, wären sie in die falsche Richtung gegangen. Er, Judas, glaube aber nicht, dass der Konsul noch weiter an Saul interessiert, sondern froh sei, dass er sich nicht mehr in der Stadt aufhalte.

      Judas hatte mein Pferd gleich mitgebracht und gab mir das Geld für ein zweites und eine Tasche mit Brot und Früchten und einen Krug Wasser.

      So ritt ich noch zur selben Stunde zum Tor hinaus. Die Torwächter ließen mich passieren, nachdem ich ihnen ein Schreiben von Judas gezeigt hatte, das an einen seiner Freunde in Jericho gerichtet war.

      Vor dem Tor waren keine Nabatäer mehr zu sehen.

      Ich ritt auf dem gleichen Weg, auf dem wir vor bald drei Jahren aus Jerusalem in unguter Absicht gekommen waren. Wir hatten vereinbart, dass wir uns irgendwo auf diesem Weg treffen würden.

      Da ich nun nicht noch ein zweites Pferd mitführen musste, konnte ich rasch voranreiten. Gegen Abend des zweiten Tages sah ich Saul vor mir auf der Straße. Als er das Getrappel des Pferdes hörte, schaute er sich um und blieb, als er mich erkannte, stehen. Ich stieg ab, und wir umarmten uns. Schon im nächsten Dorf konnten wir ein Pferd kaufen. So ritten wir nebeneinander und erreichten nach einigen Tagen Jerusalem.

      6. Kapitel

      Inzwischen hatte es sich auch in Jerusalem herumgesprochen, dass Saul sich bekehrt und von der Verfolgung der Anhänger des neuen Glaubens abgesehen hatte. Doch Saul vermutete, dass die Apostel das noch nicht so recht glauben würden. Er suchte deshalb zuerst eine Gemeinde auf. Dort trafen wir Barnabas. Er stammte aus Zypern und hatte, nachdem er sich taufen ließ, seinen Acker verkauft und das Geld den Aposteln gebracht. Er war ein überzeugter Anhänger Christi. Sein Name war eigentlich Joseph, doch die Apostel nannten ihn Barnabas, was Sohn des Trostes heißt.

      Saul sprach lange mit Barnabas und erzählte ihm von dem, was ihm vor drei Jahren vor Damaskus widerfahren war. Barnabas glaubte ihm.

      »Ich werde dich zu Jakobus, dem Bruder unseres Herrn, begleiten«, versprach Barnabas. »Doch es ist besser, wenn ich zuerst einmal allein zu ihm gehen werde. Komm morgen früh wieder zu mir.«

      Wir gingen zurück in unsere Herberge. Saul ging sofort in sein Zimmer und schloss sich ein. Ich ließ mir in der Gaststube ein Essen auftischen und sprach noch eine Weile mit den andern Gästen.

      Am nächsten Morgen sagte Barnabas: »Jakobus möchte dich sehen. Petrus wird bei ihm sein.«

      Die beiden begrüßten uns mit einem Segensspruch.

      Wir freuten uns, von diesen beiden Männern empfangen zu werden, die zu Lebzeiten Jesu mit ihm zusammengelebt hatten. Nachdem Saul von seinem Damaskus-Erlebnis berichtet hatte, bat er Jakobus und Petrus von Jesus zu erzählen. Wir verbrachten den ganzen Tag bei ihnen.

      Saul sagte auch, dass er in Petra und Damaskus gepredigt und die Botschaft von Jesus verkündigt habe.

      »Hast du auch getauft?«, fragte Petrus. »Ich frage dich deshalb, weil der Herr den Heiligen Geist auf uns herabgesandt hat. Durch ihn haben wir die Vollmacht, in seinem Namen zu taufen.«

      »Nein«, sagte Saul. »Das habe ich bisher noch nicht getan. Aber mir ist Christus selber erschienen und hat mich bevollmächtigt, das Evangelium überall zu verkünden. Ich glaube, dass dies auch mir die Vollmacht gibt und es sein Wille ist, dass ich jene taufe, denen ich seine Botschaft bringe und die an sein Wort glauben.«

      »Du

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