Heine hardcore II - Die späten Jahre. Freudhold Riesenharf

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Heine hardcore II - Die späten Jahre - Freudhold Riesenharf Fiktive Biografie Heinrich Heines

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Goodyears bahnbrechende Erfindung von 1839: die Vulkanisierung von Kautschuk, führt zur Herstellung von wasser-, wärme- und kältefestem sowie bruchstabilem Gummi. 1855 wird so das erste Gummi-Kondom fabriziert und 1870, mit zwei Millimetern Dicke vernäht, serienmäßig produziert. Ende des 19. Jahrhunderts verkauft die Maison A. Claverie, Paris, aufgerollte Kondome mit Reservoir unter dem Artikelnamen Le Parisien – der Pariser. Sie sind aus dehnbarem Gummi und gegebenenfalls mehrmals verwendbar. Eine Weiterentwicklung des populären Produkts hat am unteren Rand des Reservoirs einen angeklebten Stachelring aus Gummi und heißt Le Parisien Dentelé, der gezahnte Pariser. Die französischen Versandfirmen für Ehehygiene befinden sich nur in Paris. Sie vertreiben die gleichen Kondome unter verschiedenen Namen, z. B. Le Bijou, das Juwel. In Deutschland wird 1888 Frauen und Jugendlichen durch Bundesratsverordnung die Arbeit in Präservativfabriken aus moralischen Gründen verboten.

       Die eigentliche Revolution in der hedonstischen Gummichemie aber verdanken wir wie gesagt Israel Fromm, der 1916 unter dem Firmennamen Fromms Act das weltweit erste Kondom ohne störende Naht, einfachheitshalber Fromms genannt, auf den Markt bringt. Der inzwischen Julius genannte Israel ist das zweite Kind einer armen ostjüdischen Familie aus dem damals zum Russischen Reich gehörenden Teil Polens. Seine Eltern leben im Schtetl, dem jüdischen Armenviertel von Konin. Wegen ihrer Armut und Perspektivlosigkeit emigriert die Familie 1893 nach Berlin, lebt im Scheunenviertel nahe dem Alexanderplatz und verdient ihren Lebensunterhalt mit Heimarbeit durch Herstellung und Verkauf von Zigaretten. Die Fromms landen in der Mulackstraße, der ärmsten und verrufensten Ecke Berlins, wo laut einem zeitgenössischen Autor „Schwerverbrecher und Dirnen mit ihrem arbeitsscheuen Anhang“ hausen.

      Neben seiner Arbeit als Zigarettenverkäufer studiert Julius in Abendkursen Chemie. 1906 heiratet er seine schwangere Verlobte. Insgesamt hat das Paar drei Söhne. Nach dem frühen Tod seiner Eltern übernimmt er 1912 die Verantwortung für seine sechs jüngeren Geschwister und macht sich selbstständig. 1914 gründet er in einer Hinterhofwerkstatt im Prenzlauer Berg sein Fabrikations- und Verkaufsgeschäft für Parfümerie und Gummiwaren. Er experimentiert viel mit Gummi und erfindet das transparente und nahtlose Kondom aus Naturkautschuk, bei dem ein Glaskolben in eine Rohgummilösung getaucht wird. Als Ein-Mann-Unternehmer vertreibt er es über den Drogeriehandel.

       1916 bringt er mit seiner florierenden, deflorierenden Fromms Act Gummiwerke GmbH sein erstes Markenkondom unter dem Namen Fromms Act unter die Leute. Die damals gebräuchlichen Kondomarten, meist aus Tierdärmen, Fischblasen oder Gummiprodukten genäht, sind ziemlich unbeliebt, schützen jedoch vor der Syphilis und anderen venerischen Übeln. Fromms modernes Produkt wird zum Verkaufsschlager, ab 1930 sind verhütende Latex-Kondome allgemein erhältlich. Angesichts eines bereits 90-prozentigen Marktanteils meint Israel zu seinem Werbechef: Schreiben Sie: Die Konkurrenz platzt. In Deutschland sind die Fromms so populär, dass in Berlin sogar die Bier-Kabarettisten und Piano-Humoristen darüber herziehen: Fromms zieht der Edelmann beim Mädel an, singen sie, oder: Wenn's Euch packt, nehmt Fromms Act, wahlweise auch: Ich bin ganz Fromms – zum Platzen gespannt. Allerdings hat ein junger Mann wie Harry beim Produkt seines Stammesgenossen, außer im Bordell, eigentlich gar nichts zum Lachen, solange er nicht auch ein Mädel hat, das dabei mitmacht, mitlacht.

      Der Verkauf von Kondomen ist bis Mitte des 20. Jahrhunderts vielerorts verboten, beziehungsweise nur zu medizinischem Gebrauch erlaubt. Im rückständigen Irland beispielsweise gilt eine solche Regelung sogar noch bis Anfang der 1990er. Fromm macht ein sagenhaftes Geschäft, als im Ersten Weltkrieg Kondome zum Standardequipment der Soldaten gehören. Die deutsche, französische und britische Armee verteilt Kondome kostenlos unter ihre Soldaten; nicht dagegen die US-Armee, so dass amerikanische Soldaten häufiger Geschlechtskrankheiten kriegen als andere. Die frühen Latex-Kondome sind einander so ähnlich wie ein Ei dem andern. Der Unterschied ist bei einigen Kondomen das Fehlen des heute gebräuchlichen Reservoirs. Eine frühe Entwicklung, die short cap, die nur über die männliche Eichel gestreift wird, versagt allerdings bei der Reduzierung von Schwangerschaften und Krankheiten.

      In den folgenden Jahrzehnten entwickeln Hersteller Kondome in vielen Variationen, die sich in Materialien, Größen, Stärken, Farben, Formen, Struktur unterscheiden. Der Globale Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria finanziert allein 2014 die Verteilung von 5,1 Milliarden Kondome weltweit … – Man stelle sich einmal deren gleichzeitigen Gebrauch vor. Immer aber noch hat ein junger Spund wie Harry vom Produkt seines Genossen, außer im Bordell, eigentlich nichts, solange nicht auch eine Partnerin mitmacht! Außerdem würde er es, sobald er die Gelegenheit bekäme, als ziemlich störend empfinden, zwischen sich und die Frau eine spanische Wand aus Gummi zu ziehen.

      Letzteres erübrigt sich durch die Erfindung der Antibabypille, oder einfach ,Pille' genannt. Diese ist ein oral einzunehmendes Präparat zur modernen Empfängnisverhütung. Es enthält die weiblichen Hormone in unterschiedlicher Kombination und ist ein sicheres Mittel gegen unbeabsichtigte Schwangerschaft. Lamettries Maschine Mensch zeigt sich unfehlbar auch hier: Sogar der weibliche Körper ist, so unromantisch es sich anhört, eine Maschine – genauer, eine Reproduktionsmaschine; so ist es kein Wunder, dass auch die Maschinerie der Fortpflanzung durch technische Eingriffe manipuliert werden kann. Im Nachkriegsdeutschland ist die Pille umstritten und im Konflikt mit den Moralvorstellungen. Die Firmen verkaufen sie deshalb zuerst als ein ,Mittel zur Behebung von Menstruationsstörungen', das zunächst nur verheirateten Frauen zukommen soll. Offenbar befürchtet man, dass man die noch Ledigen zu solcher Promiskuität verführen könnte, dass sie am Ende gar nicht mehr heiraten wollen.

      Die römisch-katholische Kirche, die es moderner Wissenschaft ungeachtet inzwischen immer noch gibt, lehnt die Verwendung künstlicher Verhütungsmethoden sowieso ab. Der Papst, ihr römischer Oberhirte, steht nach wie vor auf dem vorsintflutlichen Standpunkt, dass aufgrund des natürlichen Sittengesetzes jeder eheliche Akt „auf die Erzeugung menschlichen Lebens ausgerichtet bleiben“ müsse. Das wäre aber, da die Welt allmählich auf die Bevölkerungsexplosion zutreibt, praktisch gleichbedeutend mit totaler Enthaltsamkeit oder Masturbation.

      Indem die Pille den Sex von zwangsläufiger Nachkommenschaft befreit und praktisch frei verfügbar macht, ist sie eine das 20. Jahrhundert maßgeblich prägende Neuerung. Fünf Jahre nach ihrer Zulassung, 1965, nehmen sie in den Vereinigten Staaten 41 % der verheirateten Frauen unter 30 Jahren. Erst 1972 erhalten auch die unverheirateten Frauen der Vereinigten Staaten freien Zugriff darauf. 1976 verhüten bereits drei Viertel der 18- und 19-jährigen Frauen mit oralen Kontrazeptiva. Inzwischen sind es nahe 100 % der ab 16-Jährigen.

      Mit der Pille gehen die Geburtenraten in den Industrienationen merklich zurück: der ,Pillenknick'. – Damit können die Frauen ihre Geschlechtlichkeit jetzt theoretisch nach Belieben ausleben, ohne Angst vor ungewollter Schwangerschaft haben zu müssen. Die ,frei Liebe' wird möglich. Der Papst ist wie gesagt dagegen. Er hat aber auch, wenn man ihm glauben darf, selber nichts zu verhüten.

       Das ist nun aber eine ganz unerhörte Neuerung! Früher mussten Mann und Frau, wenn sie auf natürliche und ungestörte Weise miteinander Sex haben wollten, stets mit der störenden Möglichkeit rechnen, dass die Frau schwanger würde. Wollten sie das nicht, musste der Mann, bevor er zur Ejakulation kam, sein Ding rechtzeitig aus ihrem Schoß ziehen und sich sonstwohin entleeren. Das war der so genannte Coitus interruptus, wie ihn schon Onan bei Thamar in der Bibel verübte. Dieser so genannte „unterbrochene Geschlechtsverkehr“ ist eine veraltete und recht unsichere Methode der natürlichen Empfängnisverhütung, bei der der Koitus so beendet wird, dass die Ejakulation des Mannes außerhalb von Vagina und Vulva erfolgt, um das Vordringen der Spermien zur Eizelle im Eileiter der Frau zu verhindern. Die Ejakulation kann dann, bei ihrem Einverständnis, auf den Körper der Frau oder sonstwohin ins Blaue hinein, auf jeden Fall aber jenseits der Vaginalöffnung, jenseits von Eden, erfolgen. Die katholische Kirche verteufelt den Coitus interruptus mit dem Hinweis auf den vorgenannten biblischen Onan, der sich mittels dieser Methode von der gesetzlichen Pflicht befreien wollte, die Frau seines verstorbenen Bruders zu schwängern und ihren Kindern ihr Erbteil zu sichern.

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