Das Quaken der Frösche. Erich Szelersky

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Das Quaken der Frösche - Erich Szelersky

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so empfunden, doch jetzt, da ich alt bin, ist die Freude allgegenwärtig.“

      „Ja, dat stimmt.“

      Die beiden Männer blickten auf den Rhein und die vorbeiziehenden Schiffe.

      „Da! Der Tanker kommt aus Holland. Wahrscheinlich hatter Öl geladen.“ Gerd Matuschak schaute seinen Nachbarn an.

      „Fährt wahrscheinlich zu den Fordwerken nach Köln oder zu Bayer in Leverkusen.“

      „Kann schon sein.“

      Damit kam das Gespräch wieder ins Stocken. Gerd Matuschak hätte sich gerne noch ein wenig unterhalten, doch er wusste nicht worüber, und sein Nachbar auf der Bank schien kein besonderes Interesse an einer Weiterführung der Unterhaltung mit ihm zu haben.

      Bernhard de Winter schaute auf seine Uhr.

      „Ich muss jetzt los.“ Er stand auf. Etwas gestelzt drehte er sich zu Matuschak, der noch auf der Bank saß, um.

      „Schön, dass wir gesprochen haben.“

      „Ganz meinerseits, Bernd.“

      Bernhard de Winter wandte sich um und wollte gehen.

      „Kommsse morgen wieder hierher?“

      Die Frage überraschte de Winter. Wenn er wiederkommen würde, dann bestimmt nicht, um sich mit Gerhard Matuschak zu treffen und über die Bildzeitung zu unterhalten. Trotzdem wich er einer Antwort aus.

      „Mal sehen.“ Er ging ein paar Schritte und Gerd Matuschak sah ihm hinterher. Dann drehte er sich um und sah in Gerds erwartungsvolles Gesicht.

      „Hängt vom Wetter ab.“

      3

      Bernhard de Winter war bald schon hinter dem Deich verschwunden. Gerd Matuschak saß noch eine Weile auf der Bank und schaute den Möwen zu. Dann stand auch er auf und ging nach Hause.

      De Winter wohnte seit zwei Jahren in einem Altenstift. Nach dem plötzlichen Tod seiner Frau vor vier Jahren hatte er nicht in sein Leben zurückgefunden. Trostlosigkeit umgab ihn. Alles versank in tiefer Trauer um die Frau, mit der er über fünfzig Jahre verheiratet gewesen war. Auf Drängen seiner Kinder ging er in die Seniorenresidenz am Park.

      In dem gepflegten und großzügigen Haus konnte er sich seine Individualität und Eigenständigkeit bewahren und in dem ihm eigenen persönlichen Lebensstil seine Zeit verbringen.

      Das war ihm wichtig, denn in eine Gemeinschaft einordnen konnte er sich schlecht. Er hatte es auch nie gelernt.

      In der Parkresidenz fehlte es ihm an nichts.

      Er hatte sich angewöhnt, morgens, noch vor dem Frühstück, den Tag im Schwimmbad zu beginnen.

      Meistens frühstückte er alleine mit seiner Zeitung auf seinem Balkon, von dem aus er einen Blick auf den nicht weit entfernt gelegenen Golfplatz hatte. Er war einmal ein begeisterter Golfspieler gewesen, ebenso wie seine Frau.

      Jetzt spielte er nur noch ganz selten. Ein alter Freund von ihm überredete ihn schon mal zu einer Runde, und er hatte es auch immer genossen, aber zu regelmäßigem Spielen konnte er sich nicht entschließen. Von Zeit zu Zeit ging er in den Golfclub und aß dort. Manchmal traf er sogar noch einen von den Alten, die früher mit ihm ihre Runde gespielt hatten. Dann gab es immer ganz lustige Gespräche über alte Zeiten und Ereignisse, die er schon lange vergessen hatte.

      Meistens saß er jedoch alleine an seinem Tisch, trank einen Espresso und beobachtete das Treiben der jungen Leute.

      Es hatte sich nichts geändert zu damals, nur, dass er jetzt über achtzig war und die anderen dreißig Jahre jünger.

      Einige seiner alten Freunde waren auch schon gestorben. Er erfuhr es immer von seiner Tochter, denn die Todesanzeigen in der Zeitung las er nicht.

      Im Seniorenheim hatte er sich anfangs zum Bridgekurs angemeldet. Als er aber feststellen musste, dass er dabei nur unter Frauen war, ist er nicht mehr hingegangen. Die Frauen waren alle freundlich und lebenslustig, meistens sehr gebildet und, ihrem Alter angemessen, sportlich aktiv. Manche waren von ihrem vor ihnen Dahingeschiedenen reichlich mit Geld versorgt worden, andere hatten in einem erfolgreichen Berufsleben genügend Geld verdient, um sich diesen luxuriösen Lebensabend leisten zu können, und nicht wenige hatten schon als Kind ein Vermögen in die Wiege gelegt bekommen. Gemeinsam war ihnen, dass sie ihre Zeit unbeschwert mit den Dingen verbringen konnten, die ihnen wichtig waren. Einige engagierten sich in sozialen Projekten, andere legten den Schwerpunkt auf Gesundheit und körperliche Fitness und kulturell interessiert waren sie alle.

      De Winter war sehr überrascht, als er ihr Alter erfuhr, denn sie sahen alle zehn Jahre jünger aus als sie waren.

      Die Frauen hatten im Unterschied zu den Männern, die in dem Heim in der Unterzahl waren, unterschiedliche Grüppchen gebildet, in denen sie ihren gemeinsamen Interessen nachgingen. Die Männer waren dagegen alle Einzelgänger. Es gab kaum gemeinsame Aktivitäten. Jeder lebte für sich; und jeder langweilte sich für sich.

      Auch Bernhard de Winter lebte dieses ereignislose Leben. Oftmals reichte es ihm, zu lesen oder mit seinem Notebook im Internet zu surfen, was er ganz gerne tat, doch er erwischte sich immer häufiger dabei, dass er überlegte, wie er den Tag gestalten könnte, und keine rechte Antwort darauf fand.

      Sprach man ihn darauf an gestand er es jedoch nicht ein und verwies darauf, dass sein Leben mit vielen Dingen ausgefüllt sei. Als Beispiel führte er dann immer sein Abonnement im städtischen Opernhaus an. Das war auch richtig, denn die Opernaufführungen besuchte er regelmäßig. In den Theatern und Kleinkunstbühnen der Stadt traf man ihn allerdings immer seltener an. Früher, in seinem anderen Leben, hatte er viel Zeit in dieser Szene verbracht, denn Kunst interessierte ihn sehr. Wann immer es sein Kalender zugelassen hat besuchte er gemeinsam mit seiner Frau die Theater. Als einige der kleinen Bühnen in finanzielle Schieflage gerieten engagierte er sich für deren Überleben, gründete einen Verein und sorgte für Sponsoren, mit deren Geld die Szene erhalten werden konnte. Dabei erleichterte ihm seine gesellschaftliche Stellung seine Bemühungen, aber er spendete auch einen fünfstelligen Betrag aus seinem eigenen Vermögen für den Erhalt dieser kulturellen Initiativen.

      Die Sonne senkte sich über dem Horizont, und die Bäume warfen lange Schatten auf das Grün der Fairways. Er könnte mal wieder ins Kom(m)ödchen, ins Hundertmeister oder in die Säule gehen. Dort war er seit Charlottes Tod nicht mehr gewesen. Bernhard senkte seinen Kopf und verschränkte die Hände in seinem Schoß. Seine Gedanken fielen in eine Zeit zurück, die er längst vergessen zu haben glaubte. Warum fiel ihm gerade jetzt wieder Charlotte und die Zeit an der Uni ein? Vielleicht weil ihn eine der Pflegekräfte gefragt hatte, was er heute Abend unternehmen würde. Vielleicht aber auch, weil er sich einfach nur nach ihr sehnte.

      4

      Langeweile hatte er damals im Gegensatz zu heute nicht gehabt. Er studierte und lebte in Aachen. Inzwischen waren viele Jahre vergangen. Jetzt war er alt und allein. Ihm fehlte die Lust, ohne eine Begleitung auszugehen. Früher, als seine Frau noch lebte, war das anders. Sie waren ständig unterwegs gewesen. Charlotte, seine Frau, war Kunsthistorikerin und studierte noch Theaterwissenschaften, als sie sich kennenlernten. Er schrieb gerade an seiner Dissertation und bewohnte eine kleine Wohnung in Aachen.

      Sie war in einer Familie groß geworden, in der die strengen Regeln,

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