Die Geisterbande Dekalogie. Dennis Weis
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Die Mutter blickte erstaunt, hatte sie nicht mit einer weiteren Strafe ihres Mannes gerechnet. Dennoch sagte sie nichts dazu, um eine Provokation zu vermeiden. Peter blieb ruhig, um ebenfalls seinem Vater nicht das Gefühl zu geben, dass er es nicht akzeptierte.
Im Inneren fand er es total ungerecht. Sein Vater hatte ihn ins Gesicht geschlagen und bekommt keine Strafe. Hätte er den Nachbarn gehauen, würde er im Gefängnis sitzen müssen. Peter brannte innerlich und hätte schreien könne, aber er wollte es nicht. Er wollte jetzt seinem Vater, der ihn eh nicht verstehen wollte, nicht auch noch vorheulen, dass er eigentlich wütend war. Stattdessen kam ein leises:
„Ja, Vater.“
„Gut, dann kannst du dich setzen und Abendbrot essen“, entschied das Familienoberhaupt.
Peter aß so viel wie in seinen kleinen Bauch passte. Als er kurz vor dem Platzen war, schickte ihn sein Vater ins Bad, um sich bettfertig zu machen. Peter tat, was ihm aufgetragen wurde wusch sich und zog seinen Schlafanzug an, um dann ins Bett zu gehen. Seine Mutter kam vor dem Einschlafen noch mal zu ihm, um Peter einen Gute- Nacht- Kuss zu geben.
„Schlaf gut“, sagte sie.
Peter erkannte die liebevolle Stimme, die sie hatte, wenn sie dachte, alles sei in Ordnung. Dass sie sich irrte, wusste sie nicht.
„Gute Nacht“, flüsterte Peter und legte sich in seine gewohnte Schlafposition.
Seine Mutter löschte das Licht und macht die Tür hinter sich zu als sie das Kinderzimmer verlies. Es war plötzlich ruhig. Peter lauschte in die Nacht hinein und es war absolut still. Selbst das Gewitter war weitergezogen und der Regen machte eine wohl Pause.
Peter wartete bis tief in die Nacht, da seine Eltern nicht mitbekommen sollten, wenn er ging. Er schrieb ihnen noch einen Abschiedsbrief.
Liebe Mutter und Vater,wenn ihr diese Zeilen lest, habe ich euch bereits verlassen. Ich ertrage es nicht mehr, für alles die Schuld zu bekommen und die Unwahrheit hinzunehmen. Es tut mir zwar Leid für meine Mutter, aber ich will nicht mehr geschlagen werden.Ihr seid besser dran ohne mich - lebt wohleuer Peter |
Währenddessen beschlich ihn ein kleines Gefühl der Unsicherheit, doch er sich entschied, auf jeden Fall wegzulaufen, da ihm die Bilder des Tages immer wieder in den Kopf schossen.
„Die werden schon sehen“, dachte er sich, „wie sie ohne mich zurechtkommen. Wahrscheinlich vermissen sie mich noch nicht einmal. Vielleicht meine Mutter, aber mein feiner Herr auf keinen Fall.“
Peter nahm seinen gepackten Koffer und schlich wie ein Schatten aus seinem Zimmer. Dabei bemerkte er, dass unten im Wohnzimmer noch Licht brannte. Wahrscheinlich las sein Vater noch ein spannendes Buch, ehe er sich ins Bett begab. Peter blieb zunächst stehen.
Ich will nicht warten, dachte er sich, denn jetzt war er schon unterwegs. Wenn er in diesem Augenblick wieder umdrehte, würde er es nie schaffen. Daher ging er weiter die Treppe hinunter.
Ein Geräusch sorgte dafür, dass er ein weiteres Mal inne hielt. Es hörte sich an, als ob ein Schwein grunzte. Peter natürlich, dass es nicht ein Schwein sein konnte und vermutete zuerst, dass es sich um eine Einbildung handelte, denn es war mitten in der Nacht und Peter schlief eigentlich um diese Zeit schon längst.
Peter wollte weiter, aber ein weiteres Grunzen hielt ihn auf. Zumindest fürs erste. Doch dann kam ihm etwas in den Sinn. Jetzt weiß ich, fiel es ihm ein, es ist das Schnarchen meines Vaters. Er war wohl im Land der Träume und somit hatte der Junge freie Bahn, um das Schloss verlassen zu können.
Als er sich im Flur befand, beschloss Peter die Küche aufzusuchen, um sich seinen Koffer und sein Taschen mit Proviant für seine Reise zu füllen. Wer wusste schon wie lange er unterwegs sein würde? Er jedenfalls wusste es nicht, daher waren Koffer und Taschen prall gefüllt mit Salami, Käse und Brot, aber auch mit der Schokolade aus dem geheimen Versteck seiner Mutter. Von dieser nahm er sich ein Bissen von der Ecke.
„Lecker“, flüsterte er, denn sie war das Schmackhafteste, was er je gegessen hatte.
Den Rest packte er sich ein, denn sonst würde er Zeit verlieren und das wollte er natürlich nicht, denn es sollte der Augenblick sein, dass er das Schloss, sein zu Hause, verlässt. Als er die Haustür vorsichtig hinter sich geschlossen hatte, drehte er sich noch einmal um.
„Auf Nimmerwiedersehen!“ rief er, hielt sich die Hand vor dem Mund, denn ihm kam der Gedanke, dass dadurch seine Eltern wach werden könnten.
Daraufhin lief er vom Gelände und bog links ab, die Pestalozzistraße hoch, aber dies war reiner Zufall, denn in Wahrheit wusste er gar nicht, wohin er sollte. Aber es hielt Peter nicht davon ab, im Gegenteil, er wollte diese Art Freiheit. Er hatte viele Geschichten über Abenteuer gehört und dieses hier war sein eigenes.
Die Straße endete in das Brachenfelder Gehölz. Peter kannte das kleine Wäldchen ein wenig. Zwar war er bisher nur tagsüber hier, aber die Dunkelheit machte ihm keine Angst. Er merkte vielmehr, wie müde er eigentlich war.
„Vielleicht suche ich mir einen Schlafplatz“, sagte er zu sich selbst.
Das Gehölz war teilweise beleuchtet, sodass Peter nicht völlig in der Finsternis umherlief. Da fiel ihm plötzlich ein, dass es inmitten des Waldes einen Unterstand gab, der sich sicherlich sehr gut als Übernachtungsmöglichkeit hergeben würde. Allerdings wusste er nicht genau, wo dieser war, denn es schien keine Sonne und gab demzufolge keine Orientierungspunkte.
Aber dies machte ihm nichts. Er würde einfach weiter in das Gehölz gehen und es schon finden, da war er zuversichtlich. Je tiefer er in den Wald ging, desto dunkler wurde es und er konnte zusehends die funkelnden Sterne des Nachthimmels betrachten. Sie faszinierten ihn. Ein besonders heller, so war sein Eindruck, lächelte ihm zu, in dem er besonders oft blitzte.
„Wie schön“, sprach er und blieb ganz verträumt stehen, um alle Sterne zu betrachten.
Er erkannte den großen Wagen, der Teil des großen Bären war und den kleinen Löwen. Peter hatte dies im Unterricht des Privatlehrers gelernt. Es war tatsächlich etwas, wofür er sich sehr interessierte. Dennoch wollte er nicht, dass ihn diese Gedanken weich werden ließen und dadurch das Gefühl hätte bekommen können, zurück nach Hause zu müssen.
„Peter!“
Die Gedanken des Jungen wurden sofort unterbrochen, denn er hörte seinen Namen und er war der festen Überzeugung, dass es die Stimme seiner Mutter war.
„Peter!“ Ertönte es erneut.
Nur dieses Mal war es die Stimme seines Vaters. Peters war verwirrt. Wie konnten sie wissen, dass er hier war? Sie mussten gesehen haben, wie er das Haus verlassen hatte und ihm gefolgt sein.
„Peter, wo bist du?“ rief seine Mutter.
Hätten seine Eltern ihn nicht sofort gerufen? Auf einmal kam ihm der Gedanke, dass seine Eltern, insbesondere sein Vater nie im Schlafanzug das Haus verlassen würden, selbst in der Nacht nicht. Es könnte sie jemand sehen und es zu einer Peinlichkeit werden lassen. Daher sind sie ihm erst gefolgt, nachdem sie sich umgezogen haben.
„Peter, nun komme doch zu uns“, sagte der Vater, „ich wollte das nicht.“
Sie hörten sich an, als seien sie weiter weg, aber er konnte sie ganz deutlich verstehen. Trotzdem