Dagebliebene. Reiner Kotulla

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Dagebliebene - Reiner Kotulla

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gewesenen Schreibtischmörder und Hintermänner verschont bleiben. Drittens schließlich ergehen in diesen Verfahren haarsträubend milde Urteile, so dass sogar Eichmann-Mitarbeiter, wie die SS-Führer Hunsche und Krumey, die an der Deportation und Ermordung von Hunderttausenden ungarischer Juden mitwirkten, 1964 in Frankfurt a. M. freigesprochen beziehungsweise mit Bagatellstrafen belegt wurden. Diese Verfahren ändern nichts daran, dass Westdeutschland heute ein Paradies für Nazi- und Kriegsverbrecher ist". (Autorenkollektiv (1968): Braunbuch, dritte Auflage, S. 10 http://www.kpd-ml.org/doc/partei/braunbuch.pdf)

      Aus diesen Tatsachen wird ersichtlich, dass, wenn "Alt-Nazis" in der DDR "Karriere" machten, so wie es der "Berliner Kurier" verkündet, es einfache, oft junge Mitglieder waren, die keinerlei Verbrechen schuldig waren, keine führenden Positionen im Nazi-Staat oder in der Nazi-Wirtschaft inne hatten und sich bereit erklärten, Antifaschisten zu werden. Hinzu kamen aktive Deserteure der Wehrmacht, die sich im Nationalkomitee Freies Deutschland beteiligten, einem Zusammenschluss deutscher Kriegsgefangener mit kommunistischen deutschen Emigranten, die den Hitler-Faschismus bekämpften und ein anderes, antifaschistisch-demokratisches Deutschland wollten. Es waren, will man es mit heute vergleichen, Aussteiger aus der Nazi-Szene.

      Die BRD hingegen wurde, wie oben gezeigt, von den höchsten Nazi-Kadern und Nazi-Verbrechern errichtet! Es wurde eben nicht zwischen Nazi-Kriegsverbrechern

      und einfachen Mitläufern unterschieden. So gab es tatsächlich nicht nur eine personelle, sondern auch eine politische Kontinuität. Wies das "Braunbuch" die personelle Kontinuität mit Nazi-Deutschland nach, so wurden im 1967 erschienen "Graubuch" die Kontinuität bundesdeutscher und faschistischer Politik an ihren Zielen und Methoden nachgewiesen.

      (Vergl. Schneider, H. (2007) Hysterische Historiker. Böklund, S. 82)

      Will man, um der Argumentation willen, festhalten, dass die DDR nicht die Perfektion eines demokratischen Staates war, so war das die BRD definitiv nicht. Um es mit den Worten des Dichters Peter Hacks zu umschreiben: Die DDR war vielleicht ein saurer Apfel, die BRD ist ein fauler. Eigentlich sehen wir hier eher eine Kontinuität zwischen der BRD und dem Hitler-Faschismus als eine behauptete Gleichsetzung von DDR und Drittem Reich.

      

      

      

      

      

      

      

      

       Wir waren dabei (1951)

      Sommer 1949, da war ich 15 Jahre alt, wohnte in der Wuhlheide, einem Waldgebiet zwischen Karlshorst und Köpenick, im Osten Berlins. Der Wald dort war unser großer Spielplatz. Hier habe ich das Messerwerfen gelernt, das Schwimmen und das Reparieren meines Fahrrades. Von hier aus fuhr ich jeden Morgen mit Bus und Straßenbahn zum VEB Kabelwerk Oberspree, wo ich den Beruf eines Betriebsschlossers erlernte. Hier sollte ich die erste Liebe erleben. Doch ich will nicht vorgreifen.

      An einem Sonnabend im Juli waren ein paar Freunde aus der Tiergartenstraße und ich mit dem Fahrrad an die Spree in Oberschöneweide zum Baden gefahren. In langen Hosen, hatten wir verabredet, wollten wir gegen die Alten demonstrieren, die dort nackt zu baden pflegten. Bewusst stellten wir unsere Räder dort zusammen, wo die meisten FKKler saßen und lagen. Betont langsam zogen wir uns aus, setzten uns im Kreis zusammen und sangen Schlager. So zogen wir die Blicke der Nackten auf uns.

      Peter gab das Kommando. „Anziehen!“ Lässig sollte es aussehen, als wir nun unsere mitgebrachten langen Hosen anzogen und bedächtigen Schrittes zum Spreeufer gingen und weiter ins Wasser. Etwa 20 Meter schwammen wir hinaus, nebeneinander und in derselben Formation zurück.

      In Linie und gemessenen Schrittes verließen wir das Wasser, gingen zu unserem Platz, trockneten uns ab, zogen die Hosen aus und legten uns wieder auf unsere Handtücher. Verstohlen beobachteten wir die anderen Badegäste und wussten, dass Sie über unser seltsames Verhalten sprachen.

      Etwa 10 Minuten lagen wir so, dann packten wir unsere Klamotten zusammen, befestigten sie auf den Gepäckträgern, stiegen, nackt wie wir waren, auf die Räder und fuhren, immer noch ernsten Gesichts, davon. Außer Sichtweite der Sonnenanbeter hielten wir an, lachten uns halb tot, ob der vermuteten Reaktionen der Alten und zogen uns an.

      Am Bahnhof Wuhlheide trennte ich mich von den anderen, denn ich wollte in den Park fahren, wo etwas Neues am Entstehen war. Über den Hauptweg erreichte ich die erste Baustelle, ein großflächiges Loch auf einer gerodeten Lichtung. Ich lehnte mein Rad an eine Kiefer, lief an einem Schienenstrang entlang. Am Ende stand eine Kipplore. Dort traf ich auf drei Jungen, ich schätzte sie auf 18 Jahre, die dabei waren, die Lore mit Sand zu befüllen.

      Unschlüssig stand ich eine Zeit lang, getraute mich nicht, sie anzusprechen, bis einer von ihnen die Schaufel beiseite legte, zu mir kam und fragte: „Na, du willst uns wohl helfen?“

      „Vielleicht“, sagte ich leichthin, obwohl ich bis dato keinen Gedanken daran verschwendet hatte. Ich fragte: „Was macht ihr hier eigentlich?“

      „Man nennt es Sisyphusarbeit, wenn du verstehst was ich meine?“

      Natürlich verstand ich ihn nicht.

      „Entschuldigung“, sagte ich im aufsässigen Ton eines Fünfzehnjährigen, „bin nur Betriebsschlosserlehrling, also arbeite, und du?“ Da lachte er: „So nennt man es, wenn man einen Haufen Sand zu einem neuen anhäuft. Aber im Ernst, hier entsteht ein Badesee, und der Sand wird für die Freilichtbühne gebraucht, die dort hinten“, er zeigte in Richtung des Waldes, „entsteht“.

      „Und wozu das Ganze?“ wollte ich wissen. „Im nächsten Jahr werden in Berlin die III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten sein. Hier in der Wuhlheide entsteht ein Pionierpark, in welchem viele Veranstaltungen stattfinden und indem eine Menge Gäste untergebracht werden. Insgesamt kommen mehr als 20.000 Freunde aus über 100 Ländern. Kurz und gut, im nächsten Sommer muss alles fertig sein, und deshalb brauchen wir jeden.“ „Wer ist wir?“ „Die FDJ, du weißt...“Ich wusste natürlich, hatte auch überlegt, der Jugendorganisation beizutreten. Er fuhr fort: „Wir arbeiten hier nicht nur zusammen, sondern wohnen in den fertigen Hütten im Wald und haben abends oft viel Spaß miteinander.“

      Die Absicht war klar, er wollte mich anwerben.

      „Wie stelle ich das an?“

      „Ganz einfach. Du lässt dich von deinem Betrieb für ein paar Wochen hierher delegieren.“In dem Moment hörten wir lautes Lachen - Mädchen offensichtlich. Da kamen sie auch schon vom Hauptweg her, alle einen Spaten auf der Schulter tragend. „Überleg dir's, frag im Betrieb nach. Und wenn es klappt, kommst du her. Ich heiße Jonas“, sagte er und rannte den Mädchen entgegen. Das hörte sich alles verlockend an, ging es mir durch den Kopf. Und wenn da auch Mädels mitmachen...

      Am Montag Morgen ging ich zum Ausbildungsleiter und fragte nach. „Du hast sicher mit deinen Eltern darüber gesprochen?“ fragte er. „Hab‘ ich, und die haben nichts dagegen.“

      „Dann delegieren wir dich dahin, aber nur bis zum 1. September. Natürlich schreibst du

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