Dagebliebene. Reiner Kotulla

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aber auch in Frankreich oder Italien. Aktenkundig sind Einzel- sowie Gruppenvergewaltigungen. Die Opfer wurden mit Waffen bedroht, geschlagen, getreten. Morde sind hingegen kaum dokumentiert. In nur zwei der von Beck untersuchten Verfahren ging es um Sexualdelikte mit anschließendem Mord. Unklar sei aber, so Beck, ob es tatsächlich nur so wenige waren. Verdächtig ist die vergleichsweise kleine Zahl an Verurteilungen: Von den über 17 Millionen Wehrmachtssoldaten wurden bis 1944 gerade mal 5349 wegen ‚Sittlichkeitsverbrechen‘ bestraft. Insgesamt aber wurden Militärurteile gegen rund 1,5 Millionen Wehrmachtsangehörige gefällt – etwa wegen Fahnenflucht oder Selbstverstümmelung. Beck nimmt an, dass die geringe Zahl der geahndeten Sexualdelikte wenig über deren tatsächliches Ausmaß aussagt. Vielmehr sei Notzucht entweder gar nicht angezeigt worden, oder sie habe in den Augen der Militärrichter nur eine ‚untergeordnete Rolle‘ gespielt, vermutet die Historikerin.

      Dass Übergriffe gegen Frauen im Besatzungsalltag häufiger vorkamen, als die

      Aktenlage suggeriert, legen Indizien nahe. (…) Ein wesentlicher Faktor für die geringe Zahl der Verurteilungen dürfte der ‚Gerichtsbarkeitserlass Barbarossa‘ gewesen sein. Auf Anordnung Hitlers herrschte seit dem 13. Mai 1941 kein Verfolgungszwang mehr für ‚Handlungen, die Angehörige der Wehrmacht gegen feindliche Zivilpersonen begehen‘. Der Erlass erklärte alle Zivilisten für vogelfrei.

      Wie wenig die Militärjustiz gewillt war, Gewalt gegen Frauen hart zu ahnden, zeigt der Prozess gegen einen Obergefreiten, der wegen Vergewaltigung einer jungen Russin angeklagt war. Der Richter verurteilte den Mann wegen ‚Notzucht‘ zu 18 Monaten Gefängnis. Eine schärfere Strafe sei nicht nötig, da keine ‚besondere Schädigung des Ansehens der deutschen Wehrmacht‘ vorliege. Die Milde war verordnet. Schon 1940 befahl der Oberbefehlshaber des Heeres, General Walther von Brauchitsch, Soldaten, die bei der Vergewaltigung eine Waffe benutzt hatten, seien nicht als Gewaltverbrecher zu bestrafen. (…) Entschuldigend führte der General aus: ‚Das Leben unter völlig veränderten Bedingungen, starke seelische Eindrücke und zuweilen auch übermäßiger Alkoholgenuss

      

      

      

      

      

      

      

      

      

       Druschba (1950)

      Klaus Weber, mein Großvater, sah sich selbst eher als einen unpolitischen Menschen. Von den Nazis hatte er sich eine Verbesserung seiner Lebensumstände erhofft. Als es seiner Familie dann tatsächlich besser gegangen war, hatte der Krieg begonnen und er wurde eingezogen.

      Ostfront, zum Glück nicht Stalingrad, sagte er, wenn er von diesem Krieg erzählte.

      Schon vorher, aber dann erst recht während des Rückzuges, sei das kein herkömmlicher Krieg gewesen, nur noch Mord und Totschlag.

      Einmal, auf dem Rückzug, seien sie in ein Dorf gekommen, völlig ausgelaugt, übernächtigt und hungrig. Die Öfen in den Häusern noch warm, doch von den Dorfbewohnern keine Spur.

      Am dritten Tag, sie hatten sich inzwischen häuslich eingerichtet, hätten sie am nahen Waldrand Bewegungen beobachtet, nach den Gewehren gegriffen und seien in Stellung gegangen. Es wären Kinder gewesen, die sich nun zögernd dem Dorf näherten.

      Der Leutnant hatte Posten eingeteilt, denn man wisse ja nie, hätte er gesagt, die Bolschewiken würden nicht davor zurückschrecken, Kinder als Schutzschild zu benutzen.

      Doch die waren nähergekommen, und es hatte den Anschein gehabt, als würden sie ihr Spiel fortsetzen, das sie vor ihrer Flucht aus dem Dorf begonnen hatten.

      Sie erschraken, als sie das Haus betraten und die fremden Soldaten erblickten. Dann seien sie doch näher gekommen und hätten Fragen gestellt. Zuerst hätten die Landser sie nicht verstanden, sagte mein Opa, doch dann, mit Händen und Füßen, wie er sich ausdrückte, „erkannten wir, dass sie Hunger und Durst hatten.

      Wir gaben ihnen von den Vorräten, die wir im Keller gefunden hatten, und bald verloren sie ihre Scheu.“

      Der Leutnant habe befohlen, die Kinder nach dem Aufenthaltsort ihrer Eltern zu befragen.

      Die Kinder hätten aber zunächst nichts sagen wollen.

      Mit einem Jungen, etwa fünfzehn Jahre alt, hatte sich mein Großvater etwas angefreundet. Der habe schließlich doch von seinen Eltern gesprochen, die im Wald, in einer Erdhöhle versteckt, darauf warteten, dass die „Deutschen“ verschwänden.

      Bald sei der Artilleriedonner näher gekommen und der Leutnant habe zum weiteren Rückzug geblasen, weil die versprochene Verstärkung nicht eingetroffen war und ihm deshalb der Ausbau von Stellungen sinnlos erschien.

      Alles Gerät war verpackt worden, und als sie das Dorf verlassen wollten, hätte der Leutnant befohlen, in allen Häusern, Ställen und Scheunen Sprengladungen anzubringen.

      „Und, Susanne, wir haben den Befehl ausgeführt, obwohl ich an Igor denken musste, der dann keine Bleibe mehr haben würde.“

      Etwa

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