Rabenflüstern. Philipp Schmidt

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Rabenflüstern - Philipp Schmidt

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Welt beherrschenden, Eingott-Glaubensvorstellungen zur Staatsreligion bestimmt. Sein Gott hatte keinen Namen. Er wurde als Allvater, König der Könige oder einfach nur als Der Eine angerufen. In alter Tradition des Eingott-Glaubens verdammte Theodosus’ Priesterschaft alle, die andere Gebete sprachen.

      Kraeh ließ seinen Schimmel steigen; erst jetzt bemerkte er die beiden anderen Banner links und rechts neben Donars Hammer: die Lilie von Mont und etwas erhöht den roten Bullen des Königs. Maet, der Fürst vom nördlich gelegenen Mont, war regelmäßig Gast in Brisak; nichts Besonderes für Kraeh, auch wenn er den verschlagenen Politiker verachtete – eine Antipathie, die auf Gegenseitigkeit beruhte. Die Anwesenheit des alten Königs allerdings konnte nur eines bedeuten: Krieg.

      Die Armee des Königs war so schwach und ausrangiert wie dieser selbst. Kraeh vermutete, Bran sei es an einer symbolischen Zustimmung gelegen, um eine groß angelegte Offensive gegen Rhodum zu rechtfertigen.

      Im Galopp preschten die beiden Freunde auf die Feste zu. Eine Fanfare kündigte ihr Kommen an. Die schweren Flügel des Südtors öffneten sich gerade so weit, dass die Pferde ihr Tempo nicht verlangsamen mussten. Erst nachdem sie den dritten Verteidigungsring durchquert hatten, zügelten sie die Tiere. Zwischen dem dritten und fünften war die eigentliche Stadt angelegt. Frauen und Kinder öffneten Läden und liefen auf die Gassen, die Neuankömmlinge zu begrüßen. Trotz ihrer verwaschenen und abgetragenen Kleider und den Schlammkrusten an den Flanken ihrer Tiere, nickten sie dem einen oder anderen bekannten Gesicht in der vollen Selbstsicherheit und Arroganz ihres Ranges heiter zu. Die Einwohner Brisaks liebten Kraeh, eine Tatsache, die er vor allem der Unbeliebtheit des Generals der Armee und zugleich strengen Stadthalters Berbast zu verdanken hatte. Doch es ziemte sich nicht, öffentlich Anteilnahme an den Sorgen des einfachen Volkes zu zeigen, daher bekundete er sein Wohlwollen nur nachts in den Schenken, wenn ausgeschlossen war, dass einer der hohen Herren zugegen war.

      Vor dem Tor des sechsten Ringes banden sie ihre Pferde an und gingen die letzten Schritte zu dem Haupthaus der Festung, an das sich der Bergfried anschloss, zu Fuß.

      Sedain ließ zweimal einen stählernen, an der Pforte angebrachten Hammer gegen das Eichenholz schlagen, woraufhin ein Augenpaar sie durch einen Sichtschlitz musterte, bevor ächzend ein Riegel weggeschoben wurde.

      Sie betraten eine Halle, in deren Mitte sich eine lange Tafel erstreckte. An ihrem Kopf saß der greise König flankiert von seinen Fürsten Maet und Bran, der in dem Moment, da er die beiden erblickte, aufstand und ein Lächeln aufsetzte. Am Tisch saßen außerdem General Berbast in sein typisches Schwarzbärenfell gehüllt und eine Person, deren Gesicht, wie auch der ganze restliche Körper, von einem schwarzen Kapuzenmantel verdeckt wurde. Da er neben Maet, dem Regenten von Mont, Platz genommen hatte, hielt Kraeh ihn für einen seiner Berater. Abseits standen zwölf Männer in voller Rüstung, jeweils drei aus der Leibgarde der Fürsten und sechs aus der des Königs, die sich aufgrund ihrer gezwirbelten Bärte und scharlachroten Umhänge von den anderen Kriegern abhoben.

      Kraeh und Sedain verbeugten sich zuerst vor dem König und schritten dann auf Bran zu. Er war von allen Adligen am schlichtesten gekleidet. Über einer blauen Tunika diente ihm ein Fuchsfell als Schal, nur ein goldener Siegelring zeugte von seiner Stellung.

      »Mit Freude kehren wir an deinen Hof zurück«, sprach Kraeh für sie beide.

      Bran machte eine wegwerfende Handbewegung. »Warum so förmlich?«

      Sie umarmten sich, wobei Sedain der missbilligende Blick Berbasts nicht entging. »Ich bin froh, meine besten Krieger um mich versammelt zu sehen.« Sedain schüttelte er die Hand im Kriegergruß.

      »Fahren wir also fort …«, setzte Bran an, doch Berbast unterbrach ihn. »Verzeiht, Herr, aber diese Besprechung ist nichts für Männer von niederem Rang.« Der Hausherr sah erst Berbast, dann Sedain und schließlich den König an. Jener winkte müde ab. Ihm schien die Unterhaltung schon viel zu lange anzudauern.

      »General Berbast hat recht«, sagte Sedain ruhig und wandte sich an seinen Freund. »Wir sehen uns später.« Er verbeugte sich noch einmal vor dem König und verließ die Halle, nicht ohne dem General einen Blick zu schenken, der den meisten Menschen nächtelang den Schlaf geraubt hätte. Berbast aber galt neben Kraeh als der beste Schwertkämpfer im ganzen Land, dieser Ruf wurde nur noch von dem seiner Grausamkeit übertroffen. Mühsam verbarg er ein gehässiges Lächeln hinter seinem dunklen Vollbart.

      Nachdem die Tür hinter Sedain von einem Diener geschlossen worden war, ergriff Bran erneut das Wort.

      »Wie du weißt, Kraeh, hat Theodosus alle, die nicht seinem eifersüchtigen Gott opfern, zu Heiden erklärt. Wir müssen diesen Wurm ein für alle Mal von seinem gestohlenen Thron werfen. Gemeinsam mit unsren Brüdern im Süden«, er deutete auf Maet, »und dem Segen unsres Königs Gunther können wir ein Heer aufstellen, stark genug, Rhodum in Schutt und Asche zu legen.«

      Maet räusperte sich und begann, seine Bedenken zu äußern, wobei sein roter Schnurrbart auf und ab tanzte.

      Kraeh lehnte sich zurück, Ränkeschmiedereien langweilten ihn. In Gedanken war er bei dem letzten Freudenmädchen, das er gehabt hatte.

      Erst als Bran ihn direkt ansprach, wachte er aus seinen Fantasien auf. »… Also, wie viel Mann brauchen wir, Kraeh?«

      »Wie viel Mann?«

      »Bei Donar! Für die Wutachburg.« Er war offensichtlich verärgert, besann sich aber sofort auf die Verdienste seines zweiten Kriegers. Geduldiger wiederholte er: »Wie viel Mann, um die Burg einzunehmen?« Sie war der nördlichste Außenposten des Feindes und damit nicht weit entfernt von dem Fischerdorf, in dem er herangewachsen war.

      »Wie war es eigentlich bei der Familie?«, mischte sich Berbast bissig ein.

      Bran überging die Zwischenfrage. »Also?«

      Kraeh dachte kurz nach. »Fünfzig Bogenschützen, fünfzig Reiter und hundert Speere.«

      Jetzt sprach der König, und seine Stimme klang als sei sie bereits halb aus der nächsten Welt. »Wenn die Wutach gefallen ist, zieht der Bulle in den Krieg, aber ich bin nicht überzeugt, dass dies unsre letzte Möglichkeit ist.« Ein Hustenanfall schüttelte seinen ausgemergelten Körper, woraufhin ihm einer seiner Leibgardisten half, sich aufrechter hinzusetzen.

      Der in schwarzen Stoff Gehüllte drehte seinen Kopf zu dem alten König, die Falten, die sein Gewand warf, schienen wie Schatten zu fließen, und Kraeh wunderte sich, dass er der merkwürdigen Gestalt nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Von seinem Gesicht war nichts zu erkennen außer einem schmallippigen Mund und einem gelb funkelnden Auge. Der Ton, in dem er sprach, war überaus angenehm und erinnerte an das Gurgeln eines Flusses vor einer Stromschnelle. »Ihr«, sagte er und breitete seine behandschuhten Hände aus, »seid die Herren des Rheins. Nicht die Orks oder die Zauberin jenseits der Fluten, auch nicht der verblendete Emporkömmling von Rhodum. Ihr seid es! Doch eure Dörfer werden geplündert, eure Frauen und euer Vieh werden geraubt. Wenn ihr jetzt Schwäche zeigt, werden sie bald mit Booten über den Fluss kommen und eure Reiche werden zerfallen. Es ist Zeit für Eisen und Blut.«

      Bran nickte, während Maets machthungriger Blick das Funkeln der unheimlichen Augen des Redners angenommen zu haben schien. Nur Gunther wirkte immer noch skeptisch.

      Kein Anzeichen von Gebrechlichkeit war mehr an ihm auszumachen, als er sagte: »Fällt die Wutach, haben wir einen Krieg. Niemand«, er fixierte ein gelbes Auge, hielt dem Blick jedoch nicht stand, »entscheidet in diesen Landen außer mir!«

      Dies war natürlich eine Fehleinschätzung, wie Kraeh wusste.

      Seit

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