Examens-Repetitorium Familienrecht. Martin Lipp
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Fall 11:
Ehefrau F will ihrem Mann M eine ihr gehörende und im Wohnzimmer der ehelichen Wohnung stehende Sound-Anlage schenken.
Ohne dass die Sound-Anlage ihren Standort (im Wohnzimmer) verändern muss, ist eine Übereignung möglich: Die dingliche Einigung der Eheleute gemäß § 929 S. 1 kann ausdrücklich oder konkludent geschehen und durch Änderung des Besitzwillens (vom Eigenbesitz zum Fremdmitbesitz) im Rahmen des bestehenden gesetzlichen Besitzmittlungsverhältnisses (§ 1353 Abs. 1 S. 2) liegt ein Übergabesurrogat nach den §§ 930, 868 vor: Die F ist jetzt nicht mehr unmittelbare Eigen-, sondern unmittelbare Fremdbesitzerin; ihr Ehemann ist unmittelbarer und (hinsichtlich des Mitbesitzes der F) mittelbarer Eigenbesitzer.[5]
Dritter Teil Eheliche Lebensgemeinschaft › § 7 Besitzrecht der Ehegatten › II. Besitz und Zwangsvollstreckung
II. Besitz und Zwangsvollstreckung
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Das Besitzrecht der Ehegatten spielt eine wichtige Rolle im Zwangsvollstreckungsverfahren gegen einen der Partner. Soweit es dabei um die Zwangsvollstreckung eines Zahlungstitels in bewegliche Sachen geht, auf die der Gläubiger zugreifen will (§§ 803 ff. ZPO), finden, sofern Mitbesitz beider Eheleute besteht, besondere Vorschriften Anwendung (§§ 808, 809, 739 ZPO i.V.m. § 1362, dazu Rn. 225 ff.). Davon zu unterscheiden ist die Zwangsvollstreckung zur Herausgabe einer unbeweglichen Sache (§ 885 Abs. 1 ZPO), z.B. wenn eine angemietete Wohnung von Ehegatten geräumt werden soll; dazu folgender
Fall 12:
Der Vermieter V hat gegen die Ehefrau F als Alleinmieterin einen vollstreckbaren Räumungstitel erlangt. Die beauftragte Gerichtsvollzieherin G lehnt eine Zwangsvollstreckung ab, weil der Ehemann M (und ein Kind K) sich ebenfalls in der Wohnung aufhalten und jedenfalls dem Ehemann ein Recht zum Besitz an der Wohnung zustehe. Aus diesem Grunde sei auch gegen ihn ein Räumungstitel (Verurteilung) notwendig.
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Der BGH[6] bestätigte diese Rechtsauffassung: Nach § 885 Abs. 1 S. 1 ZPO wird die Räumungsvollstreckung dadurch bewirkt, dass der Gerichtsvollzieher den Vollstreckungsschuldner aus dem Besitz der Wohnung setzt und den Besitz dem Gläubiger zuweist. Diese Vollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, gegen die sich die Vollstreckung richtet (Vollstreckungsschuldner), im Titel und der beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich benannt sind (vgl. § 750 ZPO). Weil der Ehemann der verurteilten Alleinmieterin nach § 1353 Abs. 1 S. 2 ein Recht zum Besitz an der Ehewohnung hatte und die Räumungsvollstreckung auch seinen Besitz beenden würde, müsste auch er zur Räumung der Wohnung verurteilt werden (was nicht geschehen war). Der Gerichtsvollzieher darf nur die tatsächlichen Besitzverhältnisse prüfen und Zwangsmaßnahmen nur gegen die im Räumungstitel benannten Besitzer ergreifen.[7] Die Zwangsvollstreckung wird in Fall 12 daher zurecht von G abgelehnt.
Dritter Teil Eheliche Lebensgemeinschaft › § 7 Besitzrecht der Ehegatten › III. Dauer des Besitzrechts und Besitzschutz
III. Dauer des Besitzrechts und Besitzschutz
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Fall 13:
Die miteinander verheirateten M und F leben in einer dem M gehörenden Wohnung, wobei eine Lebensgemeinschaft im Übrigen nicht mehr existiert. M will von F getrennt leben und verlangt deshalb von ihr, seine Wohnung zu verlassen. Schließlich zieht F aus. Eines Abends steht M in einem leeren Wohnzimmer. F hat die Einrichtungsgegenstände mit der (zutreffenden) Behauptung, dass diese in ihrem Eigentum stehen, entfernt und zu sich genommen.
Dritter Teil Eheliche Lebensgemeinschaft › § 7 Besitzrecht der Ehegatten › III. Dauer des Besitzrechts und Besitzschutz › 1. Dauer des Besitzrechts
1. Dauer des Besitzrechts
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Man könnte in Fall 13 überlegen, dass M gemäß § 985 von F Herausgabe (und nach § 1004 Räumung) seiner Wohnung verlangen konnte, wenn der F ein Recht zum Besitz (§ 986 Abs. 1 S. 1) nicht mehr zustand; und umgekehrt könnte F von M die Herausgabe der ihr gehörenden Haushaltsgegenstände nach § 985 verlangen, wenn M kein Recht zum Besitz mehr hat. Dies hängt davon ab, ob das Besitzrecht aus § 1353 Abs. 1 S. 2 die tatsächliche Lebensgemeinschaft zur Grundlage hat oder lediglich an das Eheband (den Rechtsbegriff „Ehe“) anknüpft. Das Recht zum Besitz aus § 1353 Abs. 1 S. 2 zählt zu den Ehefolgen, die allein den Bestand des Rechtsverhältnisses „Ehe“ (im Rechtssinne) voraussetzen. Das Besitzrecht dauert demgemäß über die Trennungsphase hinweg bis zur rechtskräftigen Scheidung,[8] sofern sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Letzteres gilt etwa für die Regelung in § 1361a Abs. 1, die einen Anspruch auf Zuteilung der Haushaltsgegenstände während des Getrenntlebens vorsieht und als lex specialis einen Anspruch des Eigentümers (hier der F) aus § 985 sperrt (dazu Rn. 341 ff.). Danach kann jeder Ehegatte im Grundsatz die ihm gehörenden Haushaltsgegenstände von dem anderen Ehegatten herausverlangen, sofern der andere nicht auf den Gebrauch angewiesen ist und eine Überlassung an ihn der Billigkeit entspricht; eine eigenmächtige Wegnahme bzw. Besitzentziehung kann dagegen possessorische Ansprüche auslösen (dazu Rn. 161 ff.).
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Gleiches gilt für die Ehewohnung: Das Recht zum Mitbesitz an der Ehewohnung hat über die Trennung hinaus Bestand, solange keine Zuweisung nach § 1361b erfolgt ist. In der Rechtsprechung wird zwar diskutiert, ob das Besitzrecht des einen Ehegatten schon dann endet, wenn die Voraussetzungen des § 1361b Abs. 1 für eine solche Zuweisung erfüllt sind, der BGH hat diese Frage bislang jedoch offengelassen.[9] Vor und während des Ehescheidungsverfahrens endet das Besitzrecht eines Ehegatten nur, wenn dieser die eheliche Wohnung in Scheidungsabsicht endgültig verlassen hat (vgl. § 1361b Abs. 4).[10] Das bedeutet für Fall 13, dass F, jedenfalls solange sie in der Ehewohnung verblieben war, trotz der gescheiterten Beziehung ein Recht zum Besitz aus § 1353 Abs. 1 S. 2 hatte (§ 986 Abs. 1 S. 1) und dieses erst verliert, wenn sie innerhalb von sechs Monaten nach