Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
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Dieses Spruchverfahren zur Überprüfung der Abfindung von Minderheitsaktionären findet nach Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO – wie das Verfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses – nur dann Anwendung, wenn die übrigen sich verschmelzenden Gesellschaften entweder in ihrem jeweiligen Sitzstaat ein entsprechendes Verfahren haben oder anderenfalls bei der Zustimmung zum Verschmelzungsplan gem. Art. 23 Abs. 1 SE-VO durch ausdrücklichen Beschluss akzeptieren, dass die Aktionäre der beteiligten deutschen Gesellschaften auf dieses Verfahren zurückgreifen können; die Einleitung eines solchen Verfahrens hindert nicht die Ausstellung der Rechtmäßigkeitsbescheinigung gem. Art. 25 Abs. 2 SE-VO, die allerdings einen Hinweis auf das anhängige Verfahren enthalten muss. In diesem Falle kann nach § 7 Abs. 5 SEAG eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses einer übertragenden Gesellschaft nicht darauf gestützt werden, dass das Barabfindungsangebot zu niedrig bemessen oder dass die Barabfindung im Verschmelzungsplan nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist.[186] Anderenfalls bleibt es bei der Anfechtungsmöglichkeit.[187]
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Nach § 7 Abs. 7 S. 3 SEAG können auch Aktionäre einer ausländischen Gründungsgesellschaft unter den Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO ein Spruchverfahren vor einem deutschen Gericht einleiten, wenn ihr nationales Recht ebenfalls ein derartiges Verfahren vorsieht und zudem die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts gegeben ist. Aktionäre einer übertragenden Gesellschaft in einem Mitgliedstaat, der ein Spruchverfahren nicht kennt, können sich an dem deutschen Spruchverfahren nicht direkt beteiligen. Ihre wirtschaftlichen Interessen, die durch eine aus dem Vermögen der SE aufzubringende erhöhte Barabfindung betroffen sind, werden dadurch geschützt, dass sie nach § 6a SpruchG durch einen gemeinsamen Vertreter am Spruchverfahren beteiligt werden, der durch das Gericht auf Antrag bestellt wird.
1.5 Gläubigerschutz
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Hat die SE ihren Sitz in Deutschland, werden die Gläubiger über Art. 24 Abs. 1 a SE-VO i. V. m. § 22 UmwG geschützt. Soweit sie nicht Befriedigung verlangen können, ist ihnen Sicherheit zu leisten, wenn sie ihren Anspruch binnen sechs Monaten nach Bekanntmachung der Durchführung der Verschmelzung i. S. d. Art. 28 SE-VO[188] nach Grund und Höhe schriftlich anmelden und glaubhaft machen, dass durch die Verschmelzung die Erfüllung ihrer Forderung gefährdet wird.
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Hat die SE ihren Sitz im Ausland, könnten die Gläubiger eines übertragenden deutschen Rechtsträgers nach § 22 UmwG ihren Anspruch auf Sicherheitsleistung nur im Ausland geltend machen; der nachgeordnete Gläubigerschutz des § 22 UmwG wird ihrem Schutzinteresse also nicht ausreichend gerecht.[189] § 8 S. 1 SEAG verweist für diese Fälle daher auf die Gläubigerschutzvorschriften bei der Sitzverlegung gem. § 13 Abs. 1, 2 SEAG.[190] Danach hat jeder übertragende deutsche Rechtsträger seinen Gläubigern Sicherheit zu leisten, wenn diese binnen zwei Monaten nach Offenlegung des Verschmelzungsplans ihren Anspruch nach Grund und Höhe schriftlich angemeldet haben, Befriedigung nicht verlangen können und glaubhaft machen, dass durch die Verschmelzung ins Ausland die Erfüllung ihrer Forderungen gefährdet wird. Das zuständige Registergericht stellt nach § 8 S. 2 SEAG in diesen Fällen die Rechtmäßigkeitsbescheinigung gem. Art. 25 Abs. 2 SE-VO nur aus, wenn die Vorstandsmitglieder der betreffenden übertragenden Gesellschaft die Versicherung abgeben, dass allen berechtigten Gläubigern eine angemessene Sicherheit geleistet wurde.[191] Damit wird der Zeitpunkt der Sicherheitsleistung vor das Wirksamwerden der Verschmelzung vorgezogen und ist die Sicherheitsleistung noch von dem jeweiligen übertragenden Rechtsträger zu erbringen. Problematisch ist insoweit, dass der erfolgreiche Vollzug der Verschmelzung möglicherweise durch Rechtsstreitigkeiten über die Angemessenheit der Sicherheitsleistung verzögert oder behindert wird. Jedenfalls muss mit der Anmeldung die Zweimonatsfrist abgewartet werden, selbst wenn im Einzelfall alle anderen Voraussetzungen schon erfüllt sind.
2. Holding-SE
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Das Verfahren zur Gründung einer Holding-SE[192] ist in Art. 32 ff. SE-VO geregelt. Es handelt sich um ein Gründungsverfahren, das im deutschen Recht bisher nicht kodifiziert ist: Die die Gründung einer Holding-SE anstrebenden Gesellschaften (Gründungsgesellschaften) wollen sich einer gemeinsamen Holding unterstellen und veranlassen ihre jeweiligen Gesellschafter, sich an der Gründung der Holding-SE durch Anteilstausch zu beteiligen. Die SE wird dadurch zur Muttergesellschaft ihrer Gründungsgesellschaften, die unter ihrem Konzerndach als abhängige Gesellschaften fortbestehen.[193]
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Diskutiert wird die Frage, wer i. S. d. aktienrechtlichen Gründungsvorschriften Gründer der Holding-SE ist: die Gründungsgesellschaften oder deren Gesellschafter, die ihre Gesellschaftsanteile in SE-Aktien tauschen. Da die Gründungsgesellschaften durch ihre Gesellschafterversammlung als Gesamtorgan die Satzung zusammen mit dem Gründungsplan feststellen und von diesem Zustimmungsbeschluss die tatsächlich tauschwilligen Gesellschafter unabhängig sind, sind die Gründungsgesellschaften als Gründer i. S. d. § 28 AktG anzusehen.[194]
2.1.1 Unternehmensbewertung
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Zur Bestimmung der Umtauschverhältnisse, auf deren Basis die Gesellschafter der jeweiligen Gründungsgesellschaften ihre Gesellschaftsanteile in Aktien der neuen Holding-SE tauschen, ist eine Bewertung der Gründungsgesellschaften erforderlich. Diese Unternehmensbewertungen sind u. a. Gegenstand des Holdingberichts und der Holdingprüfung.[195]
2.1.2 Gründungsplan
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Nach Art. 32 Abs. 2 SE-VO haben die Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane der Gründungsgesellschaften[196] gemeinsam einen gleichlautenden Gründungsplan für die SE zu erstellen. Dieser Gründungsplan ist das Kernstück und die wesentliche Grundlage der Gründung.
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Fraglich ist, ob eine Beurkundung des Gründungsplans erforderlich ist. Hierzu schweigt die SE-VO. § 6 UmwG, der die Beurkundung eines Verschmelzungsvertrags vorschreibt, findet auf die vorliegende Konstellation keine Anwendung. Für den nicht in der SE-VO geregelten weiteren Verlauf der Gründung der Holding-SE ist nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO jeweils das nationale Sitzrecht über die Gründung einer AG maßgebend.[197] Soll die Holding-SE ihren Sitz in Deutschland haben, ist nach § 23 Abs. 1, 2 AktG nicht nur die Satzung selbst, die zum Mindestinhalt des Gründungsplans gehört,[198] sondern die gesamte Gründungsurkunde[199] beurkundungspflichtig. Die Reichweite dieser Beurkundungspflicht erstreckt sich daher auch auf den gesamten Gründungsplan.[200] Dies ist auch sachgerecht, da die Gründe für eine Beurkundung – Beweissicherung und Schutz der Anteilseigner durch materielle Richtigkeitsgewähr – für den Gründungsplan ebenso einschlägig