Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
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Soweit sich die Verschmelzungsdurchführung auf die Verfahrensabschnitte der Gründungsgesellschaften bezieht, reduziert sich die Kontrolle auf eine Überprüfung der Rechtmäßigkeitsbescheinigungen dahingehend, ob in den jeweiligen Sitzstaaten der Gründungsgesellschaften eine Rechtmäßigkeitskontrolle durchgeführt wurde.[158] Hierzu hat jede der sich verschmelzenden Gesellschaften der nach Art. 26 Abs. 1 SE-VO zuständigen Behörde die Rechtmäßigkeitsbescheinigung nach Art. 25 Abs. 2 SE-VO innerhalb von sechs Monaten nach Ausstellung zusammen mit einer Ausfertigung des von ihr beschlossenen Verschmelzungsplans vorzulegen.[159] Die Rechtmäßigkeitskontrolle zweiter Stufe erstreckt sich darüber hinaus auf die Regelungen der SE-VO und das über Art. 15 SE-VO[160] zu beachtende Verschmelzungs- und Gründungsrecht des Sitzstaates der SE. Nach Art. 26 Abs. 3 SE-VO ist insbesondere zu prüfen, ob die sich verschmelzenden Gesellschaften einem gleichlautenden Verschmelzungsplan zugestimmt haben und ob eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer gem. der SE-RL geschlossen wurde.[161] Letzteres erfordert, dass der nach Art. 26 Abs. 1 SE-VO zuständigen Behörde außer den Unterlagen gem. Art. 26 Abs. 2 SE-VO ein Nachweis über die Vereinbarung der Arbeitnehmerbeteiligung bzw. alternativ über den Eintritt einer der anderen in Art. 12 Abs. 2 SE-VO genannten Voraussetzungen vorzulegen ist.
1.3.10 Eintragung, Offenlegung, Bekanntmachung
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Erst wenn sämtliche in Art. 25, 26 SE-VO vorgesehenen Formalitäten erfüllt sind, kann nach Art. 27 Abs. 2 SE-VO die SE eingetragen werden. Darüber hinaus stellt Art. 12 Abs. 2 SE-VO noch einmal klar, dass die SE erst eingetragen werden kann, wenn eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer gem. Art. 4 SE-RL geschlossen worden ist, ein Beschluss nach Art. 3 Abs. 6 SE-RL gefasst worden ist oder die Verhandlungsfrist nach Art. 5 SE-RL abgelaufen ist, ohne dass eine Vereinbarung zustande gekommen ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, wird die deutsche SE nach Art. 12 Abs. 1 SE-VO i. V. m. §§ 14, 39 AktG, §§ 8 ff. HGB in dem für ihren Sitz zuständigen Handelsregister eingetragen, und zwar nach § 3 Abs. 3 HRV in Abteilung B.[162] Mit der Eintragung der SE werden die Verschmelzung und die gleichzeitige Gründung der SE nach Art. 27 Abs. 1 SE-VO wirksam; die SE entsteht.
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Nach Art. 28 SE-VO wird die Durchführung der Verschmelzung für jede sich verschmelzende Gesellschaft nach den entsprechenden Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaats offen gelegt. Für jede sich verschmelzende deutsche Gesellschaft wird also die Verschmelzung in ihr jeweiliges Handelsregister eingetragen. Da die Verschmelzung bereits wirksam geworden ist, kommt dieser Eintragung nur noch Publizitätswirkung zu.
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Nach Art. 28 SE-VO i. V. m. § 19 Abs. 3 UmwG, § 10 HGB hat das Registergericht des Sitzes jedes der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger die Eintragung der Verschmelzung im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen. Ebenso ist nach Art. 13 SE-VO i. V. m. § 10 HGB die Gründung der SE durch das Registergericht ihres Sitzes bekannt zu machen. Anschließend ist die Eintragung der SE nach Art. 14 Abs. 1 SE-VO mittels einer Bekanntmachung zu Informationszwecken im Amtsblatt der Europäischen Union[163] zu veröffentlichen; diese Bekanntmachung muss die Firma der SE, die Handelsregisternummer, Datum und Ort der Handelsregistereintragung, Datum, Ort und Titel der Veröffentlichung sowie den Sitz und den Geschäftszweig der SE enthalten.
1.3.11 Wirkungen der Verschmelzung
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Hinsichtlich der Wirkungen ist zwischen den Verschmelzungsarten zu unterscheiden:
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Bei der Verschmelzung durch Aufnahme geht nach Art. 29 Abs. 1 SE-VO mit Wirksamwerden der Verschmelzung das gesamte Aktiv- und Passivvermögen jeder übertragenden Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft über, werden die Aktionäre der übertragenden Gesellschaften Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft,[164] erlöschen die übertragenden Gesellschaften und nimmt die übernehmende Gesellschaft die Rechtsform einer SE an.
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Bei der Verschmelzung durch Neugründung geht nach Art. 29 Abs. 2 SE-VO bei Wirksamwerden der Verschmelzung das gesamte Aktiv- und Passivermögen der sich verschmelzenden Gesellschaften im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die neu entstehende SE über, werden die Aktionäre der sich verschmelzenden Gesellschaften Aktionäre der SE und erlöschen die sich verschmelzenden Gesellschaften.
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Im Hinblick auf den supranationalen Charakter der Verschmelzung können die zu § 20 UmwG hinsichtlich des Prinzips der Gesamtrechtsnachfolge entwickelten Grundsätze nicht unbesehen übernommen werden. Vielmehr sind nach Art. 29 Abs. 3 SE-VO nationale Besonderheiten anderer Mitgliedstaaten hinsichtlich der Wirksamkeitsanforderungen für die Übertragung bestimmter Vermögensgegenstände, Rechte und Verbindlichkeiten zu beachten.
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Art. 29 Abs. 4 SE-VO stellt ausdrücklich klar, dass alle Arbeitsverhältnisse der übertragenden Rechtsträger einschließlich sämtlicher bestehender Rechte und Pflichten auf die SE übergehen.[165]
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Nach Eintragung der SE kann die Verschmelzung nach Art. 30 S. 1 SE-VO nicht mehr für nichtig erklärt werden.[166]
1.4 Schutz der Minderheitsaktionäre
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Wie im deutschen Umwandlungsrecht werden die Minderheitsaktionäre der beteiligten deutschen Rechtsträger – neben den Mitwirkungsrechten bei den Verschmelzungsbeschlüssen – zum einen durch die Möglichkeit eines Spruchverfahrens zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses und zum anderen durch ein Barabfindungsangebot im Verschmelzungsplan, das ebenfalls durch ein Spruchverfahren überprüft werden kann, geschützt. Im Hinblick auf den supranationalen Charakter der Verschmelzung unterliegt die Anwendbarkeit dieser Verfahren allerdings gewissen Einschränkungen.
1.4.1 Verbesserung des Umtauschverhältnisses
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§ 6 SEAG sieht ein Verfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses vor.[167] Nach Art. 25 Abs. 3 SE-VO findet dieses Verfahren nur dann Anwendung, wenn die übrigen sich verschmelzenden Gesellschaften entweder in ihrem jeweiligen Sitzstaat ein entsprechendes Verfahren haben oder anderenfalls bei der Zustimmung zum Verschmelzungsplan gem. Art. 23 Abs. 1 SE-VO durch ausdrücklichen Beschluss akzeptieren, dass die Aktionäre der beteiligten deutschen Gesellschaften auf dieses Verfahren zurückgreifen können; die Einleitung eines solchen Verfahrens hindert nicht die Ausstellung der Rechtmäßigkeitsbescheinigung gem. Art. 25 Abs. 2 SE-VO, die allerdings einen Hinweis auf das anhängige Verfahren enthalten muss.
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