Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
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2.1.2.9 Mindesteinbringungsquoten
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Der Gründungsplan muss für jede Gründungsgesellschaft den Mindestprozentsatz der Gesellschaftsanteile festsetzen, der von deren Gesellschaftern eingebracht werden muss, damit die SE gegründet werden kann; dieser Mindestprozentsatz muss jeweils einer Quote von Gesellschaftsanteilen entsprechen, die mehr als 50 % der Stimmrechte vermitteln.[226] Die Mindesteinbringungsquote von mehr als 50 % bezweckt, dass unter der Holding-SE keine Minderheitsbeteiligungen an den Gründungsgesellschaften, sondern abhängige Gesellschaften entstehen. Anderenfalls würde der Zweck der Holdinggründung verfehlt.
2.1.2.10 Barabfindungsangebot
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Nach Art. 34 SE-VO kann jeder Mitgliedstaat hinsichtlich der seinem Recht unterliegenden Gründungsgesellschaften Vorschriften zum Schutz der die Gründung ablehnenden Minderheitsgesellschafter erlassen. Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit in § 9 SEAG Gebrauch gemacht: Danach hat jede deutsche Gründungsgesellschaft in der Rechtsform einer AG im Gründungsplan jedem ihrer Aktionäre, der gegen den Zustimmungsbeschluss zum Gründungsplan Widerspruch zur Niederschrift erklärt, den Erwerb seiner Aktien gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten, wenn die Holding-SE ihren Sitz im Ausland haben soll oder abhängig i. S. d. § 17 AktG ist.[227]
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Soll die neue Holding-SE ihren Sitz in Deutschland haben und ist sie nicht abhängig, greift § 9 Abs. 1 SEAG nicht, sodass für die Gesellschafter der deutschen Gründungsgesellschaften ein Barabfindungsangebot entbehrlich ist. Soweit jedoch andere Mitgliedstaaten ähnliche Regelungen getroffen haben, ist denkbar, dass der Gründungsplan Barabfindungsangebote derjenigen Gründungsgesellschaften enthalten muss, die dem Recht dieser Mitgliedstaaten unterliegen.
2.1.3 Holdingprüfung
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Nach Art. 32 Abs. 4 SE-VO ist der Gründungsplan für jede beteiligte Gründungsgesellschaft durch einen oder mehrere unabhängige Holdingprüfer zu prüfen. Die Holdingprüfung soll – wie die Verschmelzungsprüfung – sicherstellen, dass die Gesellschafter in Kenntnis der Wertverhältnisse der Gründungsgesellschaften über die Holdinggründung abstimmen und dass Benachteiligungen durch unzutreffende Umtauschverhältnisse von vornherein verhindert werden. Grundsätzlich ist die Holdingprüfung für jede Gründungsgesellschaft durchzuführen. Alternativ besteht jedoch auch die Möglichkeit einer gemeinsamen Holdingprüfung.[228] Fraglich ist, ob auf die Holdingprüfung – wie bei der Verschmelzung – durch beurkundete Verzichtserklärungen aller Gesellschafter verzichtet werden kann.[229] Sachliche Gründe, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Für die Praxis ist allerdings davon auszugehen, dass auf die Holdingprüfung nicht verzichtet werden kann, da dies weder in einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung noch in einem analogiefähigen unionsrechtlichen Grundsatz zugelassen ist. Auch bei einer Gründungsgesellschaft in Form der GmbH besteht die Erforderlichkeit einer Prüfung unabhängig von einem entsprechenden Verlangen eines Gesellschafters nach § 48 S. 1 UmwG (analog).[230]
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Die Holdingprüfer werden durch ein Gericht bzw. eine Verwaltungsbehörde – in Deutschland durch das Landgericht, in dessen Bezirk eine Gründungsgesellschaft ihren Sitz hat[231] – bestellt.[232] Nach Art. 32 Abs. 4 i. V. m. § 11 Abs. 1 UmwG, § 319 HGB sind als Holdingprüfer nur Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften befähigt.
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Prüfungsgegenstand ist der Gründungsplan und vor allem die Kontrolle der Umtauschverhältnisse und etwaiger Ausgleichszahlungen. Die Zweckmäßigkeit der Holdinggründung ist dagegen nicht Prüfungsgegenstand. Der Prüfungsauftrag erstreckt sich nach dem Wortlaut auch auf den Holdingbericht als Bestandteil des Gründungsplans.[233]
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Obwohl die SE-VO für die Holdinggründung dazu schweigt, sind die Holdingprüfer berechtigt, von jeder der Gründungsgesellschaften alle zweckdienlichen Auskünfte und Unterlagen zu verlangen und alle erforderlichen Nachprüfungen vorzunehmen. Dieses Auskunfts- und Informationsrecht ist dem Prüfungsauftrag immanent und korrespondiert mit den entsprechenden unionsrechtlich normierten Rechten bei der Verschmelzung.[234]
2.1.4 Holdingprüfungsbericht
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Nach Art. 32 Abs. 4 SE-VO haben die Holdingprüfer einen schriftlichen Bericht über das Ergebnis der Prüfung (Holdingprüfungsbericht) zu erstatten. Im Falle einer gemeinsamen Holdingprüfung wird nach Art. 32 Abs. 4 S. 2 SE-VO ein gemeinsamer Holdingprüfungsbericht erstellt. Aus dem Schriftformerfordernis folgt, dass der Holdingprüfungsbericht von den Prüfern unterzeichnet werden muss. Der Holdingprüfungsbericht muss erläutern, ob der Gründungsplan entsprechend den gesetzlichen Anforderungen richtig und vollständig ist, und hat den in Art. 32 Abs. 5 SE-VO angegebenen Mindestinhalt zum Umtauschverhältnis aufzuweisen, der weitgehend § 12 Abs. 2 UmwG entspricht. Er ist den jeweiligen Leitungs- bzw. Verwaltungsorganen der Gründungsgesellschaften auszuhändigen. Entsprechend der Holdingprüfung kann auf den Holdingprüfungsbericht nicht verzichtet werden.
2.1.5 Offenlegung des Gründungplans
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Gem. Art. 32 Abs. 3 SE-VO ist der Gründungsplan für jede Gründungsgesellschaft mindestens einen Monat vor deren jeweiliger Hauptversammlung bzw. Gesellschafterversammlung, die über die Gründung zu beschließen hat, nach den in Art. 3 der Publizitätsrichtlinie vorgesehenen nationalen Verfahrensregeln offen zu legen. Die beteiligten deutschen Gründungsgesellschaften haben daher den Gründungsplan – einschließlich des Holdingberichts[235] – bei ihrem Handelsregister zur Hinterlegung einzureichen. In Anlehnung an § 61 S. 1 UmwG ist die Einreichung eines Entwurfs des Gründungsplans ausreichend.[236] Das Registergericht muss daraufhin im elektronischen Bundesanzeiger[237] einen Hinweis darauf bekannt machen, dass der Gründungsplan hinterlegt wurde.[238]
2.1.6 Beteiligung der Arbeitnehmer nach dem SEBG
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Nach § 4 Abs. 2 SEBG[239] haben die Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane[240] der Gründungsgesellschaften, soweit sie selbst oder die künftige Holding-SE ihren Sitz in Deutschland haben,[241] unverzüglich nach Offenlegung des Gründungsplans[242] die Arbeitnehmervertretungen in ihren Gesellschaften, Tochtergesellschaften und Betrieben[243] über das Gründungsvorhaben zu informieren. Besteht keine Arbeitnehmervertretung, erfolgt diese Information gegenüber den Arbeitnehmern. Der Mindestinhalt der Information umfasst nach § 4 Abs. 3 SEBG:
– | die Identität und Struktur der Gründungsgesellschaften, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe und deren Verteilung auf die Mitgliedstaaten; |
– | die in diesen Gesellschaften und Betrieben bestehenden Arbeitnehmervertretungen; |
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