Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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mit plötzlicher Wendung zum Gehen: So hast du mir nur noch eins zu tun übriggelassen! Das, was ich dir nicht gesagt habe!

      Thomas: Übertriebenheiten! Ich habe dich absichtlich nicht mehr danach gefragt. In diesen letzten Tagen dachte ich auch manchmal daran. Aber wenn man nachher an seiner eigenen Leiche stehn könnte, würde man sich der Voreiligkeit schämen. Denn die Gelsen würden einen an diesen schönen Sommertagen respektlos stechen und man würde sowohl vom Schauer der Unendlichkeit ergriffen sein als sich kratzen.

      Regine lächelnd: Thomas, Thomas, du bist ein fühlloser Verstandesmensch.

      Thomas: Nein nein, Regine, wenn irgendwer, so bin gerade ich ein Träumer. Und du ein Träumer. Das sind scheinbar die gefühllosen Menschen. Sie wandern, sehn zu, was die Leute machen, die sich in der Welt zu Hause fühlen. Und tragen etwas in sich, das die nicht spüren. Ein Sinken in jedem Augenblick durch alles hindurch ins Bodenlose. Ohne unterzugehn. Den Schöpfungszustand.

      Regine küßt ihn rasch und eilt hinaus, bevor er nach ihr greifen kann.

      Thomas: Aber Regine! … Nein, nein, sie wird doch keinen Unsinn tun. Steht aber doch auf und geht ihr nach.

      vorhang

      Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer

Posse in drei Akten[1924]

      Personen

      Alpha

      Bärli, Großkaufmann

      Der Gelehrte

      Der Musiker

      Der Politiker

      Der Reformer

      Ein junger Mann

      Die Freundin

      Dr. Apulejus-Halm

      Vinzenz

      Erster Akt

      Nächtliches Zimmer. Von einer Straßenlampe zum Teil schwach erhellt. Hinten, etwas erhöht, durch einen halb zurückgezogenen großen Vorhang abgetrennt, ein alkovenartiger zweiter Raum, in welchem ganz abgedämpft eine Ampel brennt. Man unterscheidet im Vorderzimmer eine Ottomane, sonst nur unbestimmt ragende dunkle Gegenstände. Etwa drei Uhr morgens. Durch die Seitenwand treten Alpha und Bärli ein. Beide Gesellschaftskleid und Theatermantel darüber. Alpha dreht die Lampe eines Spiegeltischchens im Vordergrund auf; Stehschirme daneben, sodaß nur der nächste Umkreis bestrahlt wird. Alpha beschäftigt sich vor dem Spiegel; Bärli steht neben ihr.

      Bärli: Das muß ein Ende haben!

      Alpha: Sagen Sie mir, warum muß es ein Ende haben? Sehen Sie diese Bürste an; sie hat zwei Enden. Nein, sie hat überhaupt so viel Enden wie Haare. Zählen Sie ihre Enden. Ich möchte wahrhaftig einmal erfahren, woher man solche Gewißheiten nimmt!

      Bärli: Sie müssen mich heiraten!

      Alpha: Ihr Kopf ist phantasieloser als meine Kopf bürste.

      Bärli: Mein Kopf ist in dieser Richtung ganz phantasielos. Aber ich habe schon Männer vor mir auf den Knien gesehn, die um Schonung ihres Geschäfts und ihrer Familie baten, – Alpha: Und –?

      Bärli: Ich habe sie ihnen niemals gewährt.

      Alpha: Ich glaube, das ist etwas, was mir an Ihnen gefällt.

      Bärli: Ich habe Frauen hinausweisen lassen, die für ihre Männer baten –

      Alpha: Waren es stolze Frauen?

      Bärli: Ja, es mögen schöne Frauen darunter gewesen sein, und auch weinende Mütter.

      Alpha: Ich glaube, das gefällt mir sehr an Ihnen. Ich bin auch so. Mich würde auch eine weinende Frau nicht rühren.

      Bärli: Ich darf sagen, daß ich mit meinen Unternehmungen ein wirtschaftlicher Faktor im Staat bin, und ich habe mehr als einmal diese ganze Macht auf eine einzige Karte gesetzt, bloß um sie in die Luft zu werfen und wieder zu gewinnen. In dieser Richtung habe ich Phantasie, Alpha, eine genügend wilde Phantasie!

      Alpha: Und?

      Bärli verzweifelt: Aber wozu, wozu tue ich es?! Alpha, es hat keinen Sinn mehr für mich! Ich habe gemacht, um zu machen. Sie fühlen, daß ich etwas andres in den Armen habe als diese schwätzenden Krüppel, die Sie umgeben; ich kann, was ich will: Aber was will ich denn, um Gotteswillen, was will ich denn?!! Sie haben das unsicher in mir gemacht. Sie müssen mich heiraten.

      Alpha: In dieser Richtung, habe ich Ihnen schon gesagt, hat meine Kopfbürste mehr Phantasie. Bärli macht eine verzweifelte Gebärde.

      Alpha: Nun?

      Bärli: Glauben Sie nicht, daß ich mir von einer Frau diesen Widerstand gefallen lassen werde.

      Alpha: Aber was wollen Sie tun?

      Bärli: Ich werde Sie und mich töten!

      Alpha: Töten –?

      Bärli: Ja.

      Alpha: So sehr verehren Sie mich?

      Bärli: Ich weiß nur noch die zwei Möglichkeiten: entweder Sie heiraten mich oder ich töte uns.

      Alpha: Sagen Sie das schöner.

      Bärli: Wie?

      Alpha: Sie möchten doch am liebsten sagen: «Entweder im Leben vereint oder im Tode»?

      Bärli: Spielen Sie nicht damit!

      Alpha aufstehend: Aber das ist ja entsetzlich geschmacklos. Ihre Beschäftigung mit dem Handel, Ihre literarische Unbildung erlauben Ihnen wie ein Familienblattroman zu fühlen!

      Bärli stürzt sich auf sie. Das Lämpchen verlischt. Kurzes schattenhaftes Ringen. Alpha kommt zu Fall, Bärli fesselt sie mit einem Strick, den er unter dem Mantel hervorzieht, an Händen und Füßen und trägt sie auf die vom Alkoven her beschienene Ottomane.

      Alpha: Ah, ah! Sie sind unverschämt! Sie sind so schrecklich unverschämt! Und veraltet!

      Bärli: Wollen Sie mich heiraten?!

      Alpha: Nein!

      Bärli: Willst Du mich heiraten?!

      Alpha: Es ist entsetzlich geschmacklos, Du zu sagen, bloß weil Sie vorgeben, an den Tod zu denken. Äh! Sie streckt ihm die Zunge heraus. Sie haben sich damit das letzte bei mir verscherzt! Sie dreht sich um, mit dem Rücken zu ihm.

      Bärli: Ich habe meinen Wagen nur zum Schein fortgeschickt, er wartet unten. Ich habe Benzin für drei Tage mit. Sie schreiben einen Brief an unsre Freunde, mit irgend einem Vorwand, weshalb Sie plötzlich verreisen mußten, und wir fliehn auf meine Besitzung im Gebirge.

      Alpha über die Schulter weg: Warum muß ich denn

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