Gesammelte Werke. Robert Musil

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Robert Musil страница 125

Автор:
Серия:
Издательство:
Gesammelte Werke - Robert Musil

Скачать книгу

style="font-size:15px;">      Alpha: Und dann?

      Bärli: Ich habe angeordnet, daß man dort den Pfarrer verständigt, weil wir sofort heiraten werden. Ich entführe Sie, ich reiße Sie an mich!

      Alpha: Und dann? Sie können mich doch nicht zeitlebens entführen und unausgesetzt an sich reißen: was wird also dann sein? Pause.

      Bärli etwas kleinlaut: Wir werden namenlos glücklich sein.

      Alpha: Namenlos?

      Bärli: Sicher! Wir werden namenlos glücklich sein!

      Alpha: Sie haben sich das etwas ungenau ausgedacht: Es fehlen Ihnen schon wieder die Namen.

      Bärli: Ja, Alpha: mir fehlen die Namen. Mir haben immer die Namen gefehlt, wenn ich etwas gewollt habe. Darum nehme ich es mir! Darum rede ich nicht, wie die andern, sondern nehme es mir! Ich werde Sie auf Händen tragen. Ich werde alle Steine aus Ihrem Weg räumen. Ich werde Sie anbeten. Wir werden uns lieben. Sie werden über meinen ganzen Reichtum verfügen, ohne daß ich mich darum kümmere – Alpha: Das ist das erste nicht banale Wort, das Sie bis jetzt gesprochen haben.

      Bärli: Etwas zu besitzen, das nicht von Ihnen besessen wird, – nein, besessen ist! – so wie ich es bin, – hat keinen Wert mehr für mich. Ich habe einen Haufen Lehm erworben. Mein Besitz lacht mich aus. Beide Fäuste gegen die Schläfen gepreßt. Seit Sie behaupten, daß ich ein Dummkopf sei, habe ich zum erstenmal über mich nachgedacht. Sagen Sie es nur ruhig, es kommt nicht darauf an; es kommt darauf an, daß ich über mich nachdenke. Und ich kann nicht über mich nachdenken! Ich habe es nie gelernt. Oder ich habe es verlernt.

      Darum lebe ich hilflos wie ein Tier.

      Aber wenn ich sie Ihnen Stück für Stück reichen kann, fühle ich, daß ich die ganze Welt noch einmal erschaffen werde!

      Alpha: Sie sind eigentlich sehr nett, wenn Sie so reden; Sie werden dann geradezu bedeutend.

      Bärli: Soll ich Sie entfesseln?

      Alpha: Nein, noch nicht. Pause. Küssen Sie mich! Wilde Umarmung, bis Alpha den Atem verliert.

      Alpha nachdenklich: Aber Sie haben mir noch nicht sagen können, was nachher werden soll? Ich kann doch nicht zeitlebens auf Ihrem Schloß sitzen, wie ein Stein in seinem Ring?

      Bärli: Selbst Ihre scharfe kleine Zunge ist mir ja nicht mehr entbehrlich. Ich fühle: Sie schmilzt mich wie eine spitze Stichflamme den Eisenblock. Sie quält mich, ich mache mich lächerlich, ich rase und stoße dabei – zum erstenmal an Dinge, von denen ich merke, daß sie da sind.

      Alpha: Das ist sicher richtig, aber ich könnte schließlich nicht mehr in den Spiegel schaun, ohne daß Sie neben meinem Bild da sind.

      Bärli: Ich trage Sie jetzt hinunter, ich werde den Strick im Auto lösen.

      Alpha: Nein, es geht nicht, machen Sie keine Dummheiten, Bärli, heute ist mein Namenstag, es kommen bald die andren.

      Bärli wild: Die verdienen Sie nicht!

      Alpha: Warum?

      Bärli: Das kann ich eben nicht sagen. Sie gehören zu mir, aber ich kann nicht sagen, warum! Genug, ich hebe Sie jetzt auf.

      Alpha wehrt sich: Nein! Ich will nicht! Ich werde schrein! Ich schreie so, daß das ganze Haus zusammenläuft! Sie stößt eine Vase um, Wasser fließt aus, Bärli ernüchtert sich augenblicklich und läßt ab. Seine Stimme wechselt.

      Bärli: Gut. Sie mißachten mich. Ich habe keine Lust, mich noch weiter vor Ihnen zu demütigen. So geschieht nun das andre.

      Alpha: Was?

      Bärli: Haben Sie irgendwelche letzte Verfügungen mir zu diktieren?

      Alpha ängstlich: Warum schaun Sie mich denn so ernst an?

      Bärli zieht eine Pistole aus der Tasche: Weil ich jetzt schieße. Sie können sicher sein, daß ich mich sofort nach Ihnen töte.

      Alpha versucht Überlegenheit zu posieren: Wenn Sie ein Kavalier sind, werden Sie wissen, daß Sie zuerst sich töten müssen. Von Angst überwältigt. Tun Sie’s fort! …

      Bärli schüttelt traurig lächelnd das Haupt: Nein, Alpha, ich scherze nicht; jetzt nehme ich Sie mit mir. Er sieht sie lange an und hebt wieder langsam die Pistole.

      Alpha schreiend: Zu Hilfe!

      Bärli: Es hilft nichts.

      Alpha: Vinzenz!! .. Zu Hilfe! … Vinzenz! Vinzenz!!

      Dieses unerwartete und nie gehörte Wort Vinzenz macht Bärli die Pistole senken. Er sieht sich um, sieht Alpha fragend an, merkt, daß noch jemand im Raum ist.

      Bärli: Was? Was bedeutet das?! Er macht ein paar Schritte ins Dunkel und dreht die volle Beleuchtung auf. Hinter einem fernen Stuhl entdeckt, erhebt sich – lang und mager – Vinzenz. Er ist ein Mann Ende dreißig, nicht ohne Vornehmheit, aber bescheiden gekleidet. Er lächelt verlegen.

      Alpha dreht sich ihm zu: Feigling! Verräter! Feigling!

      Bärli mit der Pistole, wütend, bedrohlich: Was treiben Sie hier??

      Vinzenz hebt die Arme, halb abwehrend, halb «Hände hoch». Rasch: Gut Freund! Gut Freund! Ich wollte die Katastrophe nicht vergrößern. Sie hätten doch wahrscheinlich sofort auf mich geschossen. Ich bin aber vor einer Stunde zum erstenmal hierhergekommen. Ich habe gar nichts damit zu tun.

      Alpha kurz: Er ist der Jugendfreund.

      Vinzenz: Alpha wollte mit mir in Ruhe plaudern.

      Bärli geringschätzig musternd: Der? …!

      Alpha: Ja. Schießen Sie ihn nieder! Der Feigling hätte sich nicht gerührt!

      Vinzenz: Ich denke, die Stimmung ist doch vorläufig gestört. Sonst würde ich mich aber auch noch zurückziehn, falls Sie es wünschen …?

      Bärli noch einmal: Der! … Wirft die Pistole auf den Tisch. Sie brauchen keine Angst zu haben.

      Vinzenz zu beiden: Ich war doch noch viel zu wenig vertraut mit Ihren Privatangelegenheiten, um mich in einem solchen Augenblick hineinmischen zu dürfen. –

      Übrigens werden Sie wohl jetzt nichts mehr dagegen haben, wenn ich Alpha die Fesseln löse? Er tut es.

      Alpha jedes Wort ruhig und sachlich betonend, während sie sich von Vinzenz die eingeschnürten Stellen reiben läßt: Feigling! Verräter! Egoist!

      Vinzenz sorgfältig reibend: Sie hätten ebensogut von mir verlangen können, daß ich auf einen in voller Fahrt befindlichen Eisenbahnzug aufspringen solle.

      Alpha steht auf und geht zu Bärli: Wir sind fertig miteinander! Bärli nickt geistesabwesend. Ich will mich zur Ruhe legen; ich vertrage nicht mehr Ihre Nähe; gehn Sie! Gehn

Скачать книгу