Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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welche soviel umfassender sind als die der Männer. Ich habe seit Jahren alle aparten Einfälle künstlerischer Kleidung und Gewohnheiten geliefert. Alpha hat ja nicht einen eigenen Gedanken! Ich also liefere allen Geist, alle Phantasie, alle berauschende Kühle, verkehre hier im Haus, und diese Idioten, glauben Sie, daß einer mich entzückend findet? Unentbehrlich? Bedeutend? Anerkennt mich einer?!

      Mit den Beziehungen dieser Leute vermöchte ich einer der anerkanntesten Männer meiner Zeit zu sein: aber nur die Aufmachung wirkt; wie in der Welt so in der Liebe! Verstehen Sie jetzt, was ich an der Seite dieses Weibes leide?! Ich bin ein denkender Mann, was ich sage, kann ich mit den Autoren belegen, von denen ich es habe; aber Alpha hat es bloß von mir, zwitschert es hinaus, und die Aufmachung mit einem Busen, breiterem Gesäß und so weiter sichert ihr die Aufnahme. Dabei – und das ist das Ärgste! – reizt sie noch durch das Maskuline, das hinter ihrer jungenhaften Weiblichkeit steckt, aber ich bin doch immerhin noch um einiges maskuliner als sie und muß das echte Verdienst hinter seiner Verwässerung und Verfettung zurücktreten sehn!

      Das läßt am Wert der Welt verzweifeln und es ist einfach unerträglich, neben ihr zu leben!

      Verstehen Sie jetzt, daß ich mich endlich rächen will? Bin ich der Lieferant, so will ich sie wenigstens verkaufen. Der Elefant drin will sie heiraten, wie alle, aber er ist der einzige, wo sie es täte, weil er phantastisch viel Geld hat. Er soll sie mir bezahlen. Er soll sie mir aufwiegen! Er soll nämlich meine Leistung anerkennen!

      Vinzenz: Und ein wenig, denken Sie sich, ist eine solche Erpressung auch der leichteste Verdienst der Welt? Man hat ausgesorgt?

      Halm: Ich weiß nicht, ob ich das auch denke. Vielleicht denke ich das auch. Man ist wehrlos gegen Nebengedanken.

      Vinzenz: Sie sind auch ganz belanglos neben der tieferen Bedeutung. Es läutet ziemlich heftig.

      Das sind die Freier, öffnen Sie; Sie sind mit den Verhältnissen hier im Haus besser vertraut als ich.

      Halm geht öffnen. Vinzenz tritt unterdessen mit einer Tasse Kaffee bei Bärli ein. Halm kommt mit den Besuchern zurück.

      Halm mit dem Gesäß voraus, ins Dunkel des Vorzimmers dirigierend: Pst …! Wir wollen ihr hier den Festtisch aufbaun. Er rückt einen Tisch zurecht. Die Herren, höflich sich in der Tür wegen des Vortritts umeinander drehend, treten ein.

      Der Politiker: Das Schloß unten muß verdorben sein, ich konnte nicht öffnen. Oh, meine Herrn, sonst wäre ich wohl doch schon längst vor Ihnen hier gesessen; man hat Vorrechte als ältester und erprobtester Freund! Er hält triumphierend einen Doseschlüssel hoch.

      Der junge Mann: Wie? Das Schloß? Es kann aber nur am Schlüssel liegen, denn meiner hat ohne Anstand gesperrt. Er weist den gleichen Schlüssel vor.

      Der Politiker: Wi –? Ja, wie? Wie kommen Sie zu dem Schlüssel?? Dreht ihn, ihn von allen Seiten betrachtend und die Identität konstatierend, in der Hand.

      Der junge Mann zu einem dritten: Wie, Sie hätten keinen?

      Der Politiker zum jungen Mann: Aber welche Verdienste? Was im Leben geleistet? Junger Herr, welchen Anspruch haben Sie auf diesen Schlüssel?

      Der junge Mann: Aber meine Herrn – ich bin neu – ich weiß nicht – Sie alle sind vor dem Tor gestanden – ich habe mich Ihnen auf der Treppe doch vorgestellt –?

      Alle haben inzwischen den gleichen Schlüssel hervorgezogen und halten seine Exemplare vergleichend aneinander. Der eine trug ihn an einer Kette um den Hals, der andre in der Hosentasche, ein dritter in einem Etui.

      Musiker zum Politiker: Sie standen schon vor dem Tor, als ich kam – ich wußte nicht, daß Sie auch einen Schlüssel haben – Gelehrter zu beiden: Ich sah zwei Herren stehn, – es war nicht mein Tag –

      Reformer: Ja, wenn ich gewußt hätte; aber Sie standen allesamt frierend vor dem Tor, als ich kam –!

      Politiker: Mein Schlüssel hat eben nicht gesperrt!

      Alle: Und wir wußten nicht –!

      Der junge Mann: Und ich dachte mir gar nichts dabei. Ich kam als letzter und schloß auf, weil man mir tags vorher zu diesem Zweck einen Schlüssel gegeben hatte.

      Politiker: Wie? Sie haben aufgeschlossen?

      Der junge Mann: Ja, wer denn?

      Alle: Es war mit einemmal offen. Ich dachte – Dachten Sie etwas? – Nein, es kam mir ganz natürlich vor – Schließlich, ich gab mir keine Rechenschaft, ich dachte wohl schließlich, ich hätte selbst geöffnet! Einer zu andern. Aber sagen Sie, wie lange haben Sie schon den Schlüssel?

      Halm ist, gegen den Lärm protestierend, hinzugetreten: Aber, meine Herrn, Sie wecken Alpha auf, bevor wir fertig sind! Was ist denn dabei?! Jeder will einmal im vollen Zauber der Einsamkeit plaudern, und dazu gehört doch eine Einteilung und ein Schlüssel, weil sonst die Leute im Haus Übles denken würden.

      Musiker für sich: Aber es muß doch ein Mißverständnis sein. Sondert sich ab.

      Politiker zu Halm: Nun wenigstens Sie haben doch bestimmt keinen Schlüssel?!

      Der junge Mann: Ich glaube, ich kenne den Herrn noch gar nicht. Mein Name ist Marek –

      Halm herablassend: Apulejus-Halm.

      Politiker: Er gehört nämlich nicht in unsern Kreis, er ist der Gatte, ho, ho …

      Halm: Pst! Pst! Lärmen Sie nicht so …

      Politiker: Ernstlich, er gehört nicht zu den Freunden seiner Frau. Es ist ihr unangenehm, wenn sie an ihn nur erinnert wird. Sie leben getrennt. Wirklich: wie kommen Sie gerade heute her?

      Halm: Es ist nicht halb so schlimm, wie Sie machen, Herr Nationalrat. Ablenkend. Sehen Sie!

      Er weist auf den Musiker, der auf den Festtisch eine Partitur geöffnet hingelegt hat und eben mit einem Bleistift noch etwas hineinschreiben will.

      Politiker: Ich finde einen Musiker immer etwas lächerlich.

      Gelehrter: Eigentlich eine völlig untatsächliche Existenz.

      Alle: Können Sie eigentlich verstehn, wie ein Mensch Musiker sein kann?

      Musiker währenddessen, einsam, vergessend: Im Grunde ist die Welt Musik. Es ist das Höchste. Ich danke Dir, Herr, daß die andren nicht wissen, daß Du die Seele Deines Engels Alpha nur mir geschenkt hast. Er kehrt zurück, begegnet dem Gelehrten am Weg zum Tisch.

      Gelehrter im Vorbeigehn: Glauben Sie ernsthaft, daß Sie Alpha mit einer Musikpartitur eine Freude machen?

      Musiker bei den übrigen: Können Sie eigentlich verstehn, wie ein Mensch Historiker sein kann?

      Gelehrter einsam, vergessend: Ich bin nicht so geschmacklos, mich mit Beethoven zu vergleichen. Aber angenommen, ich wäre Beethoven: wie könnte ich es beweisen, ohne zugleich Historiker zu sein?! Ich danke Dir, Herr, daß Du in dieser Frau den Sinn für Objektivität geweckt hast, um mich im Vertrauen auf meinen Beruf zu bestärken.

      Im

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