Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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noch ein Wunderglas. Das letzte. Laß es uns auch zerbrechen. Sie küssen sich. Umschlungen gegen den Alkoven. Unterwegs Halt auf der Ottomane.

      Alpha besorgt: Du bildest Dir nichts darauf ein, daß ich Dich liebe? Es ist ganz unwichtig.

      Vinzenz: Ein bißchen liebst Du doch wohl diesen Bärli?

      Alpha: Ach was, was ist das?

      Vinzenz: Eben. Gar nichts. Geld ist gar nichts, solange es in Aktien und Unternehmungen und dergleichen wie in Steinkäfigen eingesperrt ist. Ich habe eine wundersame Erfindung. Kein Mensch kennt sie. Dir will ich sie als erstem erzählen. Wir werden viel, viel reicher sein als Bärli. Kannst Du Dir vorstellen, was reich sein heißt?

      Alpha: Nun, was hat Bärli schon Besondres?

      Vinzenz: Gott! er ist ein armer Teufel gegen uns! Er ist wie ein Kellner, der sein Brett mit Gläsern vorsichtig tragen muß; aber wir schmeißen es hin, sobald es uns beliebt, denn wir haben sofort ein neues … Du hast davon gehört, daß es im Glücksspiel Systeme gibt?

      Alpha: Aber Vinzenz, das ist ja doch Unsinn!

      Vinzenz: Natürlich, was Du davon gehört haben kannst, ist Unsinn; es gibt keines von diesen Spielersystemen, das ich nicht im kleinen Finger hätte, ich habe darin viel Erfahrung. Es sind alles dilettantische Versuche, die mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung in Widerspruch stehn. Deshalb sagen auch wir Mathematiker, daß überhaupt ein «System» unmöglich sei. Aber nun gib acht: was ich Dir jetzt sage, weißt Du sicher nicht. Es sind zwei Arbeiten von einem bekannten Gelehrten vorhanden, die sich mit dieser Frage befassen und nachweisen, warum die wirklichen Zahlen der Wiederholungen, wie sie sich aus jedem Versuch ergeben, von der berechenbaren, sogenannten «mathematischen Erwartung» abweichen. Und das tun sie. Es kommt zum Beispiel im Roulette seltener eine lange Serie heraus, als man mathematisch erwarten dürfte. Hast Du davon gehört?

      Alpha wie ein ehrgeiziges Kind: Natürlich; ich habe es nur augenblicklich vergessen.

      Vinzenz: Also das gibt es. Und nun kann man auf Grund dieser Erfahrung die mathematische Berechnung berichtigen, nicht?

      Alpha wie oben: Ja.

      Vinzenz: Aber die Überlegungen, mit denen jener Professor das versuchte, waren falsch! Es hat sich ein langwieriger Fachstreit daran geknüpft, der heute noch fortläuft, denn bisher hat nur einer die richtigen Formeln gefunden und der hat sie noch nicht veröffentlicht – Alpha: Du?!

      Vinzenz: Und denkt auch nicht daran, sie preiszugeben!

      Alpha küßt ihn stürmisch: Oh Du! Du! Ich habe es ja immer gewußt! Aber Du wirst mir das noch genau erklären? Ich glaube, ich verstehe es schon, aber wenn es noch schwieriger sein sollte, so werde ich einfach Mathematik studieren. Das ist ja wunderbar, ich werde etwas wissen, wovon selbst mein Universitätsprofessor keine Ahnung hat!

      Vinzenz: Der ist ja doch überhaupt Historiker.

      Alpha: Wovon kein Mann-kein Mann, sagst Du, außer Dir? – eine Ahnung hat!

      Vinzenz: Wir haben etwas viel Wichtigeres zu tun. Du hast einflußreiche Freunde. Mir fehlt bloß ein Anfangskapital.

      Alpha bedenklich: Aber ich habe sie nie um Geld gebeten. Das würden sie nicht gewohnt sein. Das würden sie vielleicht gar nicht tun.

      Vinzenz: Ja, wovon lebst Du denn eigentlich?

      Alpha: Sie geben mir Ratschläge. Tips, weißt Du? Bärli, dann der Nationalrat, die wissen das doch voraus. Dann kaufen und verkaufen sie auch auf meine Rechnung.

      Vinzenz: Und wenn Du Verluste hast –?

      Alpha: Ich habe noch nie verloren.

      Vinzenz: Ach so, dann ist es ja gut. Weißt Du, dann machst einfach Du mit mir das Geschäft und läßt es von ihnen bloß besorgen. Ich gründe die «Gesellschaft zur Verhinderung unmoralischer Glücksspiele», und Du nimmst mir die Aktien ab. Es ist ja nur für einen Augenblick nötig, denn mit der ersten Operation sprenge ich die nächstbeste Spielbank.

      Alpha: Dann hast Du rasend viel Geld, und dann? Was werden wir dann tun? Was machen wir mit dem Geld?

      Vinzenz: Wir werden nie zu Ende kommen mit dem Geldverdienen. Wir werden uns drei Autos kaufen und reisen. Vorn Du und ich. Dann unsre persönliche Bedienung. Dann meinethalben zwei von diesen Aufsichtsräten unsrer Gesellschaft; solange, bis wir sie los sind. Wir werden in Nizza sein, in Spaa, in Monaco, in Ostende, in den Vereinigten Staaten, in Südamerika. Wir lassen uns einen Ozeandampfer baun, der ganz wie ein Schloß eingerichtet ist. Wir reisen mit unsren eigenen Zügen. Wir streun soviel Geld unter die Menge – es kommt uns ja gar nicht darauf an, – bis die Leute vor uns kriechen wie die Reptilien. Überall läuft uns schon unser Ruf voraus! Wenn wir Geld brauchen, saugen wir eine neue Spielbank auf.

      Alpha: Aber wenn keine Spielbank mehr übrig geblieben ist?

      Vinzenz: Dann kehren wir das Prinzip um und gründen selbst eine. Das geht nämlich mit dieser Formel auch. Eine unsprengbare Spielbank. Oder ziehst Du vor, daß ich meine Formel an eine bestehende Bank verkaufe?

      Alpha: Nein, nein!

      Vinzenz: Eben. Wir kehren das Prinzip um, und gründen selbst die Monopolbank. Wir saugen von da an einfach alles Geld der Welt an uns. Weiß Gott, was daraus wird? Das läßt sich einfach nicht absehn. Wir können die innerasiatischen Steppen kaufen, bewässern, und ein Gartenreich dort gründen. Das könnten wir nach Gesetzen regieren, die wir uns seinerzeit ausgedacht haben, damals bevor ich mit dem Dampfer wegfuhr. Du wirst Kaiserin.

      Alpha: Du, das sind jetzt banale Einfälle.

      Vinzenz: Ja, als Gedanken! Cäsar sein zu wollen oder Goethe oder Laotse, das ist eine Banalität. Aber bedenke, wie sich das ändert, wenn man es wirklich ist. Wir können ja mit unsrem Geld in der Politik, in der Kunst, in der Moral, in allen Angelegenheiten des Lebens uns wirklich zu allem erheben lassen, was wir wollen, und vernichten, was uns nicht gefällt. Das läßt sich wirklich nicht ausdenken.

      Alpha mit offenen Augen: Nein, das läßt sich nicht zu Ende denken. Und Deine Formel ist wirklich?

      Vinzenz: Da sieh. Er zieht ein Pack Papiere aus der Tasche.

      Alpha: Differentialquotienten, nicht wahr?

      Vinzenz: Du bist wirklich wunderbar; was Du alles weißt! Partielle. Und Iterationen. Und – Weißt Du, man versteht, daß Bärli aus Liebe zu Dir verrückt geworden ist.

      Alpha: Was, Bärli?

      Vinzenz düster: Schwer nervengestört.

      Alpha ganz schwach, an ihn gelehnt: Es läßt sich nicht ausdenken. Mein ganzes Leben lang habe ich mir auszudenken versucht, was ich machen würde, wenn ich alles machen könnte, was ich will. Du darfst mich nicht wegen der Menschen geringschätzen, die Du bei mir gesehn hast; ich habe es eben nach verschiedenen Seiten versucht, aber ich habe sie nie ernst genommen. Weißt Du, ich glaube, ich bin eigentlich eine Anarchistin: Sie haben nie in mir die Sehnsucht zum Schweigen gebracht, endlich auf meinen richtigen Platz zu kommen! Und nun hältst Du den Arm um meinen Leib. Und hebst mich auf wie der große Zaubervogel, der wiedergekommen ist. Und wir fliegen ganz hoch hinauf.

      Vinzenz:

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