Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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Finger mehr Kraft habe als die in allen Knochen! Ich muß ihr einen Denkzettel geben, das ist es!

      Es läutet, sie stutzen.

      Bärli brummig: Wollen Sie die Freundlichkeit haben, nachzusehn?

      Vinzenz: Aber Sie müssen noch mit mir reden. Während Vinzenz im Vorzimmer ist, hebt Bärli die Vorhänge, sieht Alpha nachdenklich an, geht zum eisernen Schrank, kann ihn aber nicht öffnen.

      Vinzenz zurückkehrend: Sie sind mit den Gewohnheiten des Hauses besser vertraut: der Herr hier behauptet Alphas Gatte und für diese Stunde eingeladen zu sein.

      Dr. Apulejus-Halm tritt hinter ihm ein.

      Bärli hochmütig: Ich bin erstaunt, Sie zu sehen.

      Halm liebenswürdig: Ich bin aufrichtig erstaunt, Alpha nicht in Ihrer Gesellschaft zu finden.

      Vinzenz den vornehmen Ton parodierend: Sie fühlte sich leider etwas angegriffen und hat sich zur Ruhe begeben. Sie gab aber Auftrag, zum Warten einzuladen, bis alle Gäste versammelt sein würden. Er nimmt Halm einen großen, schönen Blumenstrauß ab und steckt ihn in eine Vase.

      Halm: Sie hat mich dringend gebeten, bei der Feier ihres Namenstages nicht zu fehlen.

      Bärli nimmt den Strauß und wirft ihn in eine Ecke. Vinzenz hebt ihn auf, streicht Bärli vorsichtig begütigend den Rücken und steckt den Strauß wieder in die Vase. Er fordert auf, Platz zu nehmen; er und Halm setzen sich. Pause.

      Halm unsicher zu Vinzenz: Ich bin erstaunt, Sie zu sehen.

      Vinzenz: Es ist ja auch viele Jahre her; ich hatte Sie im Dunkel nicht erkannt. Sie waren damals wohliger; dicker sahen Sie aus, sozusagen. Aber wir dürfen uns wohl einen Kaffee bereiten. Er findet eine Maschine und zündet sie an.

      Halm preziös: Wenn die Schläferin der Geruch der Schlaflosigkeit nicht stört!

      Bärli rauh: Lassen Sie mich! Ich bin keine Gesellschaft heute. Ich schreibe jetzt meine Briefe. Ins Nebenzimmer ab.

      Halm verändert: Nun? Also?

      Vinzenz: Er hat sie auf der Stelle totschießen wollen, wenn sie ihn nicht heiratet; so eilig hatte er es, daß er sich gar nicht Zeit nahm, erst Ihre Ehe zu brechen, bevor er seine schließt.

      Halm: Ich sehe seinen Wagen seit einer Stunde unten stehn. Versuchen Sie nicht, mich dumm zu machen, mein Lieber.

      Vinzenz: Ich kann Ihnen nicht mehr sagen. Er ist übrigens ein sympathischer Mann, finden Sie nicht auch? Ich will jetzt nichts mehr mit der Sache zu tun haben.

      Halm: Aber das Geld, das ich Ihnen dafür gegeben habe, haben Sie anstandslos genommen?!

      Vinzenz: Pst! Machen Sie keine solchen Wortspiele wie «anstandslos». Wenn Sie mich noch einmal zu beleidigen versuchen, rufe ich Herrn Bärli, und er bricht Ihnen zweifellos alle Knochen.

      Halm zischend: Sie sind ein Schurke!

      Vinzenz: So! Noch etwas leiser, verliert es viel von seiner Tragweite.

      Halm: Schurke!

      Vinzenz: Jetzt klang es schon fast so zärtlich, als ob Sie zu mir Putzi gesagt hätten. Sie wissen ja, daß sich Liebende in der Umarmung auch Schimpfworte zuflüstern; es hat einen eigenen Reiz.

      Halm kleinlaut: Warum haben Sie mich verraten …?! Sie hätten doch noch viel mehr Geld von mir bekommen … Eifersüchtig. Aber sicherlich hat Ihnen auch Alpha Geld gegeben? Sie hatte immer eine unbegreifliche Schwäche für Sie.

      Vinzenz: Hören Sie, Doktor: Ich habe Alpha nach vielen Jahren wiedergesehn. Sie bieten mir Geld, wenn ich die Zusammenkunft benütze, um Ihnen Grundlagen für eine Ehebruchsklage zu liefern, sei es sozusagen aus eigenem, sei es durch Beobachtung der Vorgänge, wenn jener honette Mann Alpha nachhause bringt. Sie haben sich jedoch in mir geirrt, ich habe Ihr Geld nicht genommen – Halm: Aber was erzählen Sie da?!

      Vinzenz: Ich habe Ihr Geld nicht genommen, sondern ich habe es mir geben lassen: das ist ein großer Unterschied. Ich hatte nämlich in der Eile keinen Grund gefunden, es zurückzuweisen. Und man muß hinzunehmen wissen als Mensch. Außerdem hatte ich dadurch bis zum letzten Augenblick die Wahl, entweder Ihr Vertrauen zu mißbrauchen oder das Alphas, und das war mir äußerst angenehm, denn es sicherte mir eine gewisse Selbständigkeit; Sie wissen ja, daß ich eine kleine Schwäche für Alpha habe. Aber warum handeln Sie nach so vielen Jahre der Ehe so abscheulich?

      Halm: Ich muß es Ihnen sagen, ich werde es Ihnen sagen; nun ist es ja wieder mißlungen: ich halte es nicht mehr aus, es in mich hineinzufressen, ich bin so unglücklich …! Er ist ein schwächlicher Mann und weint. Trocknet sein Ziegenbärtchen. Ich mache mir wenig aus Alpha, wie Sie wissen. Ich mache mir überhaupt nicht viel aus Frauen; sie bestehen aus zuviel Fett und zuviel Ansprüchen. Aber Alpha hätte darin großartig zu mir gepaßt, die sich aus Männern nichts macht und das große weibische Getu mit der Liebe nicht leiden mag.

      Vinzenz: Pst …! Warnt ihn mit einer Gebärde zu stören.

      Halm: Aber sie schläft ja so fest, wenn sie einmal schläft; sie hat etwas wunderbar Knabenhaftes; wir könnten ja so glücklich miteinander sein. Und dann bin ich ja doch, wie Sie wissen, Kunstschriftsteller – Vinzenz: Ich habe Ihnen damals den Rat gegeben, sich mehr mit dem Kunsthandel zu befassen?

      Halm: Ich kann nur hoffen, daß Sie niemals einen Rat so wenig nötig hatten wie ich den Ihren. – Ich kaufte, wofür ich kritisch einzutreten vermochte, und also vermochte ich kritisch einzutreten für das, was ich gekauft hatte. Mein Wohlstand hat sich im Einklang mit meinen Überzeugungen entwickelt. Ich bin durchaus nicht das Nichts geworden, als das Sie mich einstmals hinzustellen beliebten.

      Vinzenz: Gott! Es war eben doch vielleicht nichts als eine gewisse Rivalität. Man hat unwillkürlich eine Neigung zur Ungerechtigkeit gegen die Gatten der Frauen, von denen man sich geliebt glaubt. Er setzt Kaffee vor.

      Halm: Sehen Sie, das ist es! Alpha ist die eitelste Person der Welt, und ich mache mir aus den Männern, die sie lieben, mehr als sie. Aber sie muß alles haben. Solange sie einen Mann nicht besitzt, sagt sie ihm entzückende Dinge, weil sie wie ein Kind mit den neuen Worten und dem aparten Parfüm seines Berufs spielt. Sie hat eine Sammlung der hervorragendsten Berufsgerüche.

      Und diese Idioten fühlen sich geschmeichelt! Da, dem Geschäftselefanten spricht sie von der Musik, den Musiker fragt sie nach der Seeschlacht von Abukir, und dem Historiker liest sie den Kurszettel vor. So macht sie es allen; sie streichelt auf der einen Seite jeden durch ihre Wißbegierde, gibt ihm das Gefühl, daß er ganz einzig ist, und hält ihn auf der andern Seite in Hörigkeit, indem sie ihm das vorwirft, was er nicht ist.

      Vinzenz: Sie sagt dem Gelehrten, Sie sind kein Geschäftsmann, dem Musiker, Sie sind kein Gelehrter, dem Geschäftsmann, Sie sind kein Musiker, kurz allen zusammen und jedem: Sie sind kein Mensch? Und jeder merkt plötzlich, daß sein Leben blöd ist? Denn das Leben ist blöd.

      Halm: Ich sage mit Absicht, Idioten! Diese Atmosphäre von Kunst, welche solche Menschen der Geschäfte, der Tatsachen, der Wissenschaft so auflecken wie der Affe den Schnaps, liefere heimlich ich, der geschiedene Kunstschriftsteller! Ich mache die unerwarteten, zarten und tiefen Äußerungen über Liebe

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