Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Gedichte. Eugenie Marlitt

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Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Gedichte - Eugenie  Marlitt

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haben ja doch nicht kontraktlich vermietet! Übrigens wird sich dein Gast der Einsicht gewiß nicht verschließen, daß die Erneuerung der zerstörten Wand an Ort und Stelle besprochen werden muß –«

      »Wärst du bei der Sache geblieben –«

      »Aber ich bitte dich, was habe ich denn anderes berührt? Meine spätere Übersiedelung in diese Wohnung ist ja eng damit verknüpft ... Übrigens wirft du mir zutrauen, daß ich diesen meinen Lieblingswunsch unterdrückt haben würde,« – sie sprach im Ton der ausgesuchtesten Höflichkeit – »wüßte ich nicht, daß die Mission im Schillingshofe zu Ende ist. Die Versöhnung ist erfolgt, offenkundig erfolgt, wie ich mich täglich überzeuge; die Majorin Lucian wird ihre Enkel voraussichtlich in der Kürze zu sich nehmen – dann steht die Wohnung hier leer, ehe man sich dessen versieht. Ich kann mir nicht denken, daß sich Frau von Valmaseda auch nur einen Tag länger, als unbedingt nötig ist, in unserem einfachen Hause genügen läßt. Die Dame hat ihrem verstorbenen Bruder der Opfer genug und übergenug gebracht, wie ich recht gut einsehe. Und du wirst ihr ebensowenig zumuten, zu bleiben –«

      »Ich?!« – Seine Hand ließ das Türschloß los, er trat in das Zimmer zurück. – »Wie möchte ich auch nur um eine Linie die Befugnisse überschreiten, mit denen Felix mich betraut hat! Darüber hinaus habe ich keine Macht – noch weit weniger aber auch den Willen, sie zu erlangen und auszuüben.«

      »Nun, dann wären wir ja im Einverständnis, mein Freund! Und Frau von Valmaseda wird ohne Zweifel entschuldigen –«

      In diesem Augenblick wurde die Tür des Nebenzimmers weiter geöffnet, und Donna Mercedes trat heraus. Sie hatte bis dahin wohl nicht die Absicht gehabt, sich sehen zu lassen, denn ihre gewaltige Haarflut, die sonst das Netz bändigte, war nur lose mit einem Kamm aufgenommen; er lief als breite, goldene Spange durch die blauschwarzen Strähne und ließ da und dort lockige Enden und Ringel nach dem Nacken, gegen die Stirn und Schläfen entschlüpfen. Ein lebhafter Trieb schien die junge Dame in das Zimmer zu drängen.

      »Ich habe nichts zu entschuldigen; Sie sind vollkommen in Ihrem Recht, Frau Baronin,« sagte sie, die Herrin des Schillingshofes mit einem verbindlichen Kopfneigen begrüßend. »Ich sehe auch ein, daß die Verunstaltung Ihres Salons so schnell wie möglich beseitigt werden muß, und doch bin ich gezwungen, Sie noch für einige Tage um Aufschub zu bitten, so schwer es mir auch wird. Mein kleiner Neffe ist noch nicht erstarkt genug, um den Lärm und die Unruhe des Hotellebens ohne Schaden zu ertragen – der Arzt ist augenblicklich entschieden gegen einen derartigen Wohnungswechsel.«

      Die Baronin ließ ihre Augen verstohlen, aber rastlos musternd an der auffallenden Erscheinung auf und nieder gleiten. Sie hatte sich eben noch der größten Höflichkeit, des sanftmütigen Tones beflissen; allein nichts war mehr geeignet, ihr die Stimmung zu vergiften, als eine schöne Frau. Und diese Amerikanerin da war, in der Nähe besehen, von einer wahrhaft erschreckenden Schönheit und dabei eine gewiegte Kokette in Entfaltung ihrer Reize. Gab es wohl einen herrlicheren Anblick als dieses flutende, auf dem Scheitel lässig zusammengefaßte Haar, wie es den feinen, stolzgetragenen Kopf umwogte, kaum das pikante, kleine, von den mächtigen Sonnenaugen gleichsam durchleuchtete Gesicht und einen schmalen Streifen des zarten Halses freilassend? – Das entschied.

      »Das Wolframsche Haus möchte wohl im Augenblick an Stille nichts zu wünschen übrig lassen, denn die Frau Majorin Lucian bewohnt es allein,« sagte die Baronin mit niedergeschlagenen Augen und harmloser Miene eintönig und doch anzüglich: »aber es eignet sich selbstverständlich nicht zum Aufenthalt einer eleganten Dame.«

      »Das ist's nicht!« fiel Donna Mercedes ein. »Ich würde viel leichter dort hinübergehen, als ich mich jetzt anschicke, meine Bitte zu wiederholen ... Aber es geschieht für meines Bruders Kinder, nicht für mich. Ich erfülle nur meine Pflicht, wenn ich sie nicht in das düstere, dem frischen Luftzug schwer zugängliche Haus bringe, in dem sie sich obendrein fürchten und ängstigen. Auch die Großmama wünscht es durchaus nicht.«

      Baron Schilling war inzwischen, unweit seiner Frau, an den Flügel getreten. Er hatte ein Notenheft aufgenommen und schlug die Blätter um.

      »Wozu diese sehr überflüssigen Erörterungen, und wie mögen Sie vom Hotel sprechen, gnädige Frau?« fiel er kühl und gelassen ein, ohne von den Noten aufzusehen. »Stehen Ihnen nicht meine Zimmer, in denen Frau Lucile gewohnt hat, unumschränkt zur Verfügung, solange es Ihnen nur irgend wünschenswert erscheint, im Schillingshof zu bleiben?«

      »Ich danke,« lehnte sie kurz und schroff ab. »Es handelt sich, wie bereits gesagt, nur um Tage. Ich stehe im Begriff, eine Villa, nahe der Stadt zu kaufen –«

      »Sie?!« – Er ließ das Notenheft sinken, und ein dunkles Rot schoß in seine Wangen. »Sie standen ja neulich schon mit einem Fuß gewissermaßen auf den Schiffsplanken, um sich in der fernen Heimat zu ›vergnügen‹ – und nun wollen Sie plötzlich auf deutschem Boden Anker werfen? Auf deutschem Boden?«

      »Ja, auf deutschem Boden, mein Herr,« bestätigte sie trotzig. »Beabsichtigen Sie, mich Landes zu verweisen?«

      »Das ist kein Vorrecht der Schillings,« entgegnete er mit kaltem Lächeln. »Mein Einwurf galt nur dem sonderbaren Wechsel der Stimmungen–«

      »Oh, kommt da die Stimmung noch in Betracht, wo sich die Verhältnisse so umstürzend verändert haben!« fiel sie tiefgereizt ein; trotzdem klang ihre Stimme wie unterdrückt von verschluckten Tränen. »Ich habe die Mutter meines Bruders lieb gewonnen, seine Kinder gehören nunmehr zu ihr. Diese drei Menschen sind aber die einzigen, die ich noch besitze, die einzigen, sage ich, die meinem Herzen teuer sind – und das entscheidet. Ich fühle, daß ich mich von ihnen nicht trennen kann. Darum werfe ich Anker auf deutschem Boden, den ich mehr als je verabscheue! – Ja, mehr als je! ... Wenn Sie meinen, darin habe sich meine Stimmung geändert, so ist das ein lächerlicher Irrtum, ein Wahn des germanischen Nationaldünkels.«

      Sie hielt inne und strich sich mit der Hand über die Stirn – sie schien über ihre eigene Leidenschaftlichkeit zu erschrecken: dazu ruhte der Blick der widerwärtigen, grauen Frau so aufdringlich und kaltlauernd auf ihr. Ihre ganze Selbstbeherrschung aufbietend, brach sie mit einer Gebärde des Unwillens ab und fügte ruhiger hinzu: »Die Villa erinnert mich nach Stil und Lage an mein niedergebranntes Geburtshaus daheim, und im Sommer kann ich mich leicht der Täuschung hingeben, als sei ich nicht auf deutschem Boden. Die großen Treibhäuser sorgen für die südliche Flora, welche das hübsche Schlößchen umgibt und sich ziemlich bis unter die Waldbäume des umschließenden Parkes verirrt–«

      »Sie wollen die Fürstlich Trebrasche Besitzung kaufen?« unterbrach sie Baron Schilling gepreßt, während die »Gnädige« ihre Augen weit öffnete in einem Gemisch von Erstaunen, Ärger und unwillkürlicher Hochachtung.

      »Ja, mein Herr – ist das so verwunderlich? Glauben Sie, eine Dame könne keinen Kauf abschließen, ohne vormundschaftlichen Rat und Beistand? ... Ich kann Ihnen versichern, daß ich ganz genau weiß, was ich tue. Der Fürst geht nächste Woche nach Italien, um für immer dort zu leben, und der zwischen uns vermittelnde Agent versichert, die Wohnung im Erdgeschoß sei erst kürzlich neu hergerichtet worden, ich würde sie sofort mit den Kindern beziehen können.« »Aber das trifft sich ja prächtig,« sagte die Baronin sehr höflich, wobei sie sich zum Gehen anschickte. »Ich bitte Sie, nach wie vor diese Wohnung als Ihr einstweiliges Heim anzusehen ... Gegen deinen Vorschlag freilich, bezüglich der Übersiedlung in deine Räume, lieber Arnold, müßte auch ich energisch widersprechen, da ich nicht länger zugeben werde, daß du in dem engen, heißen Oberbau des Ateliers bleibst. Es ist erdrückend schwül unter den niedrigen Zimmerdecken, wie ich mich neulich selbst überzeugt habe. Ich werde Befehl geben, daß man deine eigentlichen Zimmer unverweilt wieder wohnlich für dich herrichtet.«

      Es war ein unbeschreiblicher Ausdruck

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