Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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ihn in deinen Himmel, und seine Kinder auch, und sein Weib halt auch! – Wie würdest du froh sein, Peter, zu einer Zeit!«

      Der Peter hatte sich jetzt ein wenig den Kopf gekratzt, und endlich antwortete er mit weichem Tone:

      »Du schreist auch so und weckst die Kinder auf, und der Schulmeister hört's auch noch gar. Meinetwegen magst ihn ja dabehalten, ich sag' nichts mehr.«

      Mit weltlich vernünftigen Gründen war beim Peter nie viel auszurichten, da konnte eins sagen schwarz oder weiß, er folgte seiner eigenen Nase. Aber sein Weib kannte ihn von außen und von innen wie ihre Schlafhaube; sie faßte es höher an, und wenn sie ihm in ihrer gewandten Redeweise Himmel und Herrgott vorhielt, da wurde er allemal weich.

      Als die Eheleute nun wieder in die Stube kamen, sagte Klara:

      »Man meint, 's Rauchtürl wär' nicht zum derlangen, man muß sich frei auf die Zehen stellen. – Ja, mag denn der Herr Schulmeister die Suppen nicht? Hab' sie meines Gedankens gut kochen wollen, und hab' auch recht viel Kümmel hineintan, daß sie dem Magen taugt. Ja, und jetzt ist noch was auszureden; ich weiß nicht, was meinem Peter da eingefallen ist, er will den Herrn Schulmeister schnurgerad im Haus behalten, daß er unseren Kindern ein Eichtel das Lesen lernen könnt! Ich hab' drauf gesagt: Der Herr Schulmeister bleibt uns nicht, so ein Mensch, hab' ich gesagt, weiß sich was Besseres. Wenn wir ihm auch das obere Stübel herrichten und ihm gleichwohl aufwarten täten wie einem gern gesehenen Hausmenschen, er bleibt uns nicht. Schulgeld können wir ihm auch keins geben, hab' ich gesagt, und Kost nur, wie wir sie halt selber haben. – Wenn Ihm das genug wäre? – Mir wär's von Herzen recht, wenn Er dableiben wollt'.«

      Der Greis erhob sich und rief:

      »Oh, ihr lieben, guten Leute! Weil ihr es denn selber zuerst gesagt habt, so getrau ich mich, Euch zu bitten. Ich habe kein Ziel, und über die Wildschroffen dürft' ich mich gar nicht wagen. Nur für einige Tage gebt mir Obdach und einen Löffel Suppe; dann geh ich wieder hinaus nach Rattenstein und verleg mich aufs Bitten. Die Leute werden eine Barmherzigkeit mit mir haben, und der Pfarrprovisor wird doch kein Stein sein.«

      »Zu Gnaden fallen tät ich ihm auch nicht, just nicht!« sagte die Bäuerin, und der Heidepeter meinte, es werde schon alles recht werden, so lang' der lieb' Herrgott nicht eine andere Anstalt mache, sei der Herr Schulmeister im Heidehaus daheim.

      Da schrie der kleine Gabriel plötzlich im Schlafe auf: »Waldl, Waldl, Waldl!«

      »Kindisch,« sagte die Klara, »jetzt kommt ihm der Hund unter.« Dann trat sie ans Bett und machte mit dem Daumen das Kreuzzeichen über das Antlitz des Knaben.

      Der Peter bereitete dem Gaste in der Scheune ein Nachtlager, und bald war es dunkel und still in der Stube des Heidehauses.

      Der Hirsch an der Wand

       Inhaltsverzeichnis

      Heidepeters war das höchstgelegene Haus in der Einöde. Es stand oben an der Moosheide, wo die Waldungen begannen. Es lag sehr hoch auf einem fast ebenen Platze, vor dem Hause guckten zwischen dem Rasen viele graue Steine hervor.

      Auf der Heide lag eine Unzahl großer Felsblöcke mit grauem Moos. Zwischen diesen Blöcken auf dem sandigen Boden stand hie und da eine Weißbirke, deren Blätter immer flüsterten und zitterten, bis sie im Spätherbste verloren über die Heide wehten.

      Das Heidehaus trug auf dem Trambaum der großen Stube die Jahreszahl 1744; es war das erste Haus, das sie in der Einöde gebaut hatten.

      Peters Vorfahren sollen wohlhabend gewesen sein, weil sie viel Wald besaßen und Viehzucht getrieben. Der Wald war alle geworden und wieder gewachsen; aber der Graf Frohn – der jenseits des Gebirges ein Schloß, die Frohnburg, in der Einödgegend viele Waldungen nebst Jagd und bisher auch den Robotdienst der Bauern besaß und inne hatte – bemächtigte sich allmählich des Bodens der Ansiedler, und es stand nun so, daß ohne seine Erlaubnis kein Stamm geschlagen, kein Ast gebrochen werden durfte. Die arme entlegene Gemeinde der Einöde war von allen Ämtern und Behörden verwahrlost, fast vergessen.

      So hielten sich die Einödbewohner an den Strohhalm – an den kärglichen Ackerbau.

      Zum Heidehause fest gehörte nur der steile Feldrain gegen die Schlucht hinab und eine schmale Wiese. Alles andere, was früher dazu gehört hatte, als Holzung, Hald und Viehweide, war mit Abgaben und Robotverflichtungen belegt.

      An der wettergrauen Holzwand des Heidehauses, gegen Morgen hin, unter der hervortretenden Dachung, befand sich eine aus Brettern geschnitzte Tiergestalt. Jeder Fremde, wenn dann und wann ein solcher über das Gebirge wandernd an dem Hause vorüberging, blieb vor demselben stehen und betrachtete das Bild. Hausierer mit Kleinwaren, Krämer mit Sieben und Holzgeschirren, Rastelbinder, Glaseinschneider, Hadernsammler, wie sie im Sommer in der Einöde manchmal umhergingen, setzten, noch bevor sie in das Haus traten, den Stock unter ihre Rückentrage und beschauten die Figur an der Wand. Selbst Bettler taten dieses und machten dabei ein süßliches Gesicht, als lobten sie den Mann, der das Bild geschnitzt hatte.

      Hierin jedoch, was der Gegenstand darstellen sollte, gingen die Urteile auseinander. Man hielt das Tier für eine Kuh, für einen Esel, für eine Gemse, einige jedoch meinten, es müsse ein Hirsch sein. Diese letzte Meinung hatte einen wohl zu beachtenden Umstand für sich; an dem Haupte des Tieres ragten nämlich zwei schmale Brettchen mit sägezahnartigen Einschnitten empor, welche möglicherweise die Hirschgeweihe darstellen sollten. Der Heidepeter wußte darüber bestimmten Bescheid, das Tier war wirklich ein Hirsch.

      Für das Heidehaus knüpften sich Sprüche und Redensarten an die Gestalt.

      Wenn der Peter zum Gabriel sagte: »Bübel, morgen heißt's roten Hirsch jagen!« so meinte er damit nichts anderes, als daß der Knabe am nächsten Morgen um Sonnenaufgang aus dem Bette müsse. Der Hirsch war nur um diese Zeit glutrot.

      Wenn der Schroffenwind ging, so schlug die Gestalt mit den Füßen zeitweilig an die Wand; da sagten die Hausbewohner immer:

      »Es klöpfelt schon wieder der Hirsch, 's wird ein anderes Wetter anheben.«

      Einen Sommer hindurch hatte Gabriel einmal lange Zeit beobachtet, wie zwischen den Holzgeweihen zwei Spatzen sich ein Nest bauten. Gabriel hielt damals ein frisches Vogelnest für das größte Glück auf Erden. Er konnte dem Drang nicht widerstehen, lehnte eine Leiter an die Wand und wollte hinaufklettern. Da kam sein Vater herbei und, sonst so sanftmütig, gab ihm in nachdrücklicher Weise zu verstehen, daß er ein für allemal das Nest und den Hirschen in Ruh' lassen möge.

      Man hätte meinen mögen, das Geschnitze sei eine Erinnerung an den »laufenden Hirschen«, wie solcher aus dem Brette dargestellt und mit dem Strick durch das Gebäume gezogen zu werden pflegte, ein beliebtes Schützenspiel; und ein Vorfahre des Peters werde ihn getroffen haben. Aber es hing an dieser Tiergestalt für den Heidepeter eine andere Sache.

      Als der Heidepeter noch in der ersten Zeit seiner Ehe war, da gab es Mißjahre, und in der Einöde wollte nichts wachsen und nichts reifen als die Rüben und das Kohlkraut. Roggen und Hafer gingen im Frühjahr hoffnungsvoll auf und grünten und sammelten sich zum Ausbruche der Ähren. Da kam mitten im Sommer anhaltender Regen und Kälte, und in den Wildschroffen lag wochenlang der Nebel. Das Getreide erbleichte und duckte sich wieder zusammen, als möchte es am liebsten zurückkriechen in die schützende Scholle. Wohl kamen darauf noch einige Wochen mit Sonnenschein, doch noch bevor das Korn zur Reife gelangen konnte, war der Schnee da.

      So

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