Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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fort, so daß ein wahres Meckern entstand.

      »Feuerschwamm steck' ich dir keinen in die Ohren, aber merk' dir's! So, und jetzt troll dich!«

      Der Knabe schlich brüllend davon, und als er sich jenseits der Schlucht in Sicherheit glaubte, schrie er laut:

      »Meinem Vater sag' ich's, der zündet dir das Haus an, du dalketer Heidepeter, du!«

      Der Peter ging jetzt langsam seinem Gehöfte zu; aber er schnaufte noch immer; er war ein hagerer, etwas schwächlicher Mann und das Laufen nicht gewohnt. Die Leute hatten sich verloren.

      »'s macht mir so leicht keiner die Nägel heiß«, sagte er zu seinem Weibe. »Aber wenn einem so ein Tunichtgut schier alle Tage einen Schur antut, daß zuletzt gar der Kettenhund vor ihm nicht mehr sicher ist, so steigt einem halt doch die Gallbirn auf. Wenn ich ihm in der Hitz nur nicht etwa zuviel getan hab'!«

      »Und was ich ausgestanden hab' in der Stund'!« sagte die Peterin, »gar nicht glauben kannst es. Alle Heiligen im Himmel hab' ich angerufen, und ich hab' mir gar nichts anders mehr gedacht, als wir kriegen jetzt all miteinand' die Wasserscheu, und den Gaberl tragen sie zuerst hinaus. Das frisch' Blut hab' ich ihm aus der Wunde gesogen in der Angst. Mein Gott, mir schlottern noch Händ' und Füß'!«

      Gabriel lief schon wieder in der Stube umher und kletterte auf die Bank, sah zum Fenster hinaus und dem Kettenhund zu; der schlürfte ruhig seine Abendsuppe. Dann schlich Gabriel auf den Zehenspitzen zur Wiege, in welcher eben sein Schwesterlein erwacht war und flüsterte diesem zu:

      »Regina, derweil du geschlafen, hat mich der Waldl gebissen, schau.«

      Und er hob den kleinen Fuß auf, zog das Höschen empor und zeigte dem Kinde die Zahnwunde. Er bildete sich schier was darauf ein.

      Es begann zu dunkeln; auf den Waldbergen lagerte sich Herbstnebel. Der Halter kam mit den schellenden Kühen heim. Auf der Tenne hörte man noch lange das Auskörnen der Hafergarben, die der Knecht über einen liegenden Baum schlug, bis das letzte Körnchen herausgesprungen war. Endlich schloß sich das Scheunentor zu, und das kleine Häuflein Leute verzehrte in der Stube die Roggensuppe und das Erdäpfelmus. Dann suchten sie ihre Strohbetten auf.

      Die Kinder schliefen bald.

      In der Stube brannte ein Span, den die Bäuerin noch mehrmals im Haken zurechtsteckte. Der Peter zog die rauchgebräunte Hänguhr auf. Aber es sollte noch nicht Ruhe sein an diesem Abend.

      Als sich die Eheleute zur Ruhe begeben wollten, schlug der Kettenhund an. Es klopfte leise an der Fensterscheibe.

      »Wer denn?« rief der Bauer, und sein Weib setzte unwirsch hinzu:

      »Heut' ist mehr kein Fried!«

      »Um die Nachtherberge tät einer bitten!« sagte draußen eine heisere Stimme.

      »Ein Armer wird's sein, ja das ist was anderes,« sagte die Bäuerin, »geh, Peter, riegle die Tür auf.«

      Bald hernach stolperte ein Mann in die Stube, gebeugt, mit der rechten Hand einen langen Stock umklammernd, in der Linken ein Bündel tragend. Ein breiter, entfärbter und zerdrückter Filzhut saß ihm auf dem Kopfe, und unter der Krempe hingen graue Haarsträhnen nieder.

      Der Peter nahm den Span in die Hand, räusperte die Kohle ab und leuchtete dem Fremdling unter den Hut. Da rief er aus:

      »Du liebe Zeit, solch's ist doch leicht nicht möglich, das ist ja der Schulmeister von Rattenstein!«

      »Ja, ja, mein lieber Heidepeter,« entgegnete der Alte, sich ausschnaufend, »'s wird wohl so sein. Mit Erlaubnis, ich setz' mich gleich nieder.«

      Die Bäuerin warf noch einmal den Rock über und eilte in die Küche, daß sie eine warme Suppe bereite, dann rief sie zurück in die Stube hinein:

      »Geh, Peter, zünd' eine Kerze an, der Span will frei nicht scheinen, und der Rauch brennt einem schier die Augen aus.«

      Als hernach auf dem Tisch eine Talgkerze brannte und als der alte Mann den Schweiß von seinem abgehärmten Antlitz gewischt hatte, hielt ihm der Heidepeter fast schüchtern die rechte Hand hin und sagte: »Ja, wie hat sich denn der Herr Schulmeister verrennt in die Einöde herein?«

      »Es hat sich schon so geschickt,« antwortete der Greis, »bei mir heißt's: Verlassen, verlassen wie der Stein auf der Straßen. Hab' den Gebirgsfußsteig genommen und bin fortgegangen über Hald' und Berg, wie der Herrgott die Welt erschaffen hat. So bin ich halt da zu Euch in die Einöde gekommen.«

      »Und wenn ich fragen darf, wo will der Herr Schulmeister denn hin?«

      Der Alte antwortete nicht, sein Haupt nickte abwärts. Seine Hand haschte nach dem blauen Sacktuch, aber noch eh' er dieses mit zitternder Hand zum Antlitz führte, begann es ihn zu stoßen, von innen heraus.

      »Aber Schulmeister! – Aber Herr Schulmeister!« – rief der Peter und sprang bei, um ihn zu stützen, denn der Greis drohte zusammenzubrechen.

      »Nimmermehr hält' ich mir das gedacht,« sagte dieser endlich, »daß mir in meinen alten Tagen noch eine solche Stunde schlagen sollte. Du weißt es, mein Gott, verdient hab' ich's nicht!«

      »'s wird wohl ein rechtes Unglück sein,« meinte der Bauer, »aber tu' sich's der Herr Schulmeister nicht gar so schwer legen. Und wenn ich was helfen kann, tu' Er's sagen.«

      »Vergelt's Gott, Heidepeter! Ihr seid eine gute Seele, ich kenn' Euch schon lang' – wohl gar schon seit fünfunddreißig Jahren. Hab' Euch ja das Häubl zurückgeschoben, wie Euch der Pfarrer getauft hat. Ja mein, wenn derselb Pfarrer noch leben tät'! Der hätt' mich nicht abgedankt, nicht fortgeschickt wie einen Taglöhner zur Feierabendzeit, und wenn ich dem Halterlois schon zehn Glocken geläutet hätt'. Bin wohl schon alt und kann der Schule nicht recht mehr vor sein. Zum neuen Kirchenregiment kann ich mich auch nicht schicken. Dasselbe wißt Ihr noch, wie mich der neue Herr Provisor einen Beelzebubenpropheten geheißen hat. Ich hab' gewußt, daß ich damit nichts Unrechtes tu' und hab' meine Extralehrstunden fortgesetzt. Nachher müßt Ihr's auch gehört haben, daß sich letzthin der irrsinnige Halterlois das Leben genommen hat» Der Herr Provisor hat dem Unglücklichen die Verscheidenglocke verweigert, und da ist die Mutter des Toten zu mir gekommen, weil ich ja auch der Mesner bin, und hat mich gebeten um Gottes willen, daß ich die Glocke läute für ihren Sohn. Der Lois ist immer ein rechtschaffener Mann gewesen, die alte Frau hat ihr Lebtag gar soviel gehalten auf ein Sterbegeläute, und tief in die Seele hinein hat sie mir erbarmt, wie sie so bitter bitterlich geweint hat, und ich hab' gedacht bei mir selbst, der Herr Provisor ist bei einem Amtsbruder in Großhöfen, da nehm' ich's auf mich, und weil sie um Gottes willen bittet, so läute ich die Glocken; man kann der armen Frau keinen besseren Trost schenken. Der Lois ist begraben worden im Schachen, wo sie ihn gefunden haben, und wie jetzt die Glocken klingen, eilt die Mutter hin zum Grab und betet ein Vaterunser. Der Herr Provisor hat die Glocken nicht gehört, und das Gebet nicht, und er hat das Leid und den Trost der armen Mutter nicht empfunden – aber von den Glocken haben ihm die Leute berichtet. Gestern morgens, wie ich ihm das Meßkleid umhüll', lacht er mich noch an, und ich denk': Ei ja, der Herr Provisor ist zuletzt doch auch ein recht braver Herr, ich getrau' mich mit ihm schon auszukommen. Darauf bin ich mit meiner Holzkraxe gegangen und hab' mir von den Bauern meine Getreidegebühr zusammengetragen. Die Leut' meinen's recht gut mit mir und fassen mir tüchtig auf, hätt' mir den ganzen Winter durch kein Schnittel Brot kaufen dürfen. Zwei heiße Tagwerk sind's freilich für unsereinen, aber mein, wer trägt nicht gern schwer, was ihm gehört, 's hat schon zu dämmern angefangen, wie ich mit der letzten

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