Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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erziehen und ihm seinen Namen geben.«

      Was den Mann zu dem Testament veranlaßt hatte, ist zurzeit nicht bekannt worden.

      Viele meinten, der Alte hatte die Verordnung nur armen Waisenknaben zuliebe so gemacht. Das sei ja gar zu häufig, daß so ein Waisenkind verkomme und verderbe, wenn sich niemand seiner annehme. Der Wille aber war seither wohl beachtet worden; der Hof hatte stets seine ehrenwerten Besitzer, das weibliche Geschlecht blieb verbannt, und der Wohlstand wuchs immer mehr.

      Der gegenwärtige Eigentümer war ein großer, starker Mann, der aber seine Kraft nicht gern in der Wirtschaft verwendete, der am liebsten beim Zapfenwirt saß und sich den reichen Haberturm schelten ließ.

      Vom Haberturmhofe eine halbe Stunde abwärts, in einer Talung, über welche der Gemeindeweg ging, stand das Zapfenwirtshaus. Es unterschied sich von den anderen Bauten der Gegend; es hatte eine blau angestrichene Tür, die immer offen stand, es hatte große, zierlich vertäfelte Fenster, durch welche Gäste heraussahen oder die Wirtin. An der braunen Wand unter dem breiten, lichtgrauen Schindeldache hingen weiße Schießscheiben mit schwarzem Zentrum, reichlich mit Bleikugeln bespickt und durchlöchert. Hinter dem Hause unter einigen alten, lang und dicht beästeten Fichtenbäumen war eine Kugelbahn angelegt.

      Wenn der Sturmwind ging, sausten von den Bäumen häufig dürre Zapfen nieder auf die Kugelbahn und auf das Dach des Hauses, daß es knatterte. Davon soll der Name »Zapfenwirtshaus« stammen. Einmal prellte dem kleinen Davidl, Zapfenwirts Sohn, so ein rauhschuppiger Zapfen an die Wange, daß sie blutete; darauf wollte der Wirt sogleich die Bäume umhauen lassen, aber der Nachbar Hahnenkamp widerriet es ernstlich, weil dann das Haus den Stürmen bloßgestellt sei.

      Vor dem Wirtshause auf dem großen Anger stand eine Kapelle aus Stein mit einem Holztürmchen. Unter dieser war die Gruft des Zapfenwirtes – aber nein, ich sollte es nicht verraten. Zu dieser Kapelle kam dreimal des Jahres der Pfarrer von Rattenstein und las die Messe oder hielt wenigstens eine Christenlehre, weil es in der Einöd Leute gab, die »verludern« und verlottern wollten und jahraus, jahrein in keine Kirche kamen. –

      Weiter draußen, wo die Wiesengründe und Äckerlein endeten und wieder die Waldungen begannen, die sich bis gegen Rattenstein erstreckten, stand die Hahnenkamphütte. Der Hahnenkamp war Holzmeister gewesen und hatte sich vor Jahren diese Baracke zusammengenagelt; nun besaß er dazu eine kleine Bauernwirtschaft.

      Der Hahnenkamp war der größte und stärkste Mann in der Einöd; und seit der Hahnenkamp da war, hatte der Zapfenwirt sein Pferd verkauft. Wenn des Weges ab und zu ein besonderes Fuhrwerk zu besorgen war, so kam der Hahnenkamp mit seinem Hanfstrick und förderte die Last weiter. Der Mann hatte nie ein Hemd auf dem Leibe, und in den Sommertagen warf er auch seinen Leibelfleck weg und ließ den dicken Nacken und die breite, braune Brust mit ihrem ganzen Haarwald frei.

      In dem hintersten Schroffeneckgraben stand eine kleine Köhlerhütte, die, aus den Holzreutzeiten noch übriggeblieben, dem Haberturm gehörte. Dieser äußerte einmal an einem gemütlichen Wintertag beim Wirt:

      »Ihr alle seid arme Teufel, aber ich hab' zwei Häuser!«

      »Ja, mit deinem Rauchkobel im Schroffeneckgraben,« entgegnete der Wirt, »hörst, die kannst heut' versaufen noch vor Sonnenuntergang.«

      »Recht!« schreit der Haberturm, »ich versaufet den Kobel, wenn ich ihn da hätt'!«

      Das hört der Hahnenkamp, und in drei Stunden darauf, just wie die Sonne untergeht, steht er mit der Köhlerhütte vor dem Wirtshaus. Niedlich zerlegt hatte er sie auf eine »Schlarpfe« geladen und so auf dem mächtigen Halbschlitten herbeigeschleppt. Kein Balken und kein Holznagel fehlte, gar das Bettstroh war dabei. Der Haberturm hielt Wort, und das Holz wurde noch in derselben Nacht vertrunken. Als sie damit fertig waren, sagte der Haberturm:

      »So, meine Hütte wär' unten, jetzt, Hahnenkamp, bring' uns deine!«

      Und der Hahnenkamp ging zu seiner Hütte und – legte sich schlafen. – Nicht ein Splitterl von meinem Güterl! – war sein Grundsatz, und sein Sprichwort: Der Schenker ist gestorben, und der Henker hat sein Gut erworben.

      Haare kämmen, Gesicht und Hände waschen, das erkannte der Hahnenkamp nicht an, so ein Übermut schicke sich nicht für einen ordentlichen Bauer. Seinem Gesinde gegenüber war er sehr schroff und grämig; auch hatte er es nicht gern, wenn eines lachte oder während der Arbeit sprach; das sei ein leichtsinniges Zeit- und Kraftverschwenden. Nur wenn der Oberknecht vor den Mahlzeiten das Suppenbrot aufschnitt, sagte der Bauer gern:

      »Pfeif' was, Toni, ich pfeif' auch mit.«

      Und der Toni pfiff, und die Brotspalten, die er sonst während des Ausschneidens in den Mund zu stecken gewohnt war, blieben im Trog. – Eines Tages indes brummte der Toni auf die Anrede beim Aufschneiden des Suppenbrotes:

      »Mag nicht pfeifen; bin fuchsrabenwild.«

      »Wild bist?« sagte der Bauer, »was sollst denn du wild sein? Du hast 's schönst' Leben und kein' Sorg'. Hat dir leicht gar der Heidepeter wieder eine Predigt gehalten, seines Prinzen wegen?«

      »Der Dalkerd mag meinetwegen seinen Gaberl in ein Papier wickeln und es mit einem roten Seidenschnürl fest zubinden. Fuchsrabenwild bin ich wegen was anderem. Der Großteufel ist wieder da.«

      Jetzt blinzelte der Hahnenkamp.

      »So?« machte er hernach, »und hast ihn gesehen?«

      »Auf dem Schroffenstuhl steigt er herum; andere hat er auch bei sich: puff und paff geht's, und der ganze Wald ist voll Hundegeheul.«

      Da trat der Bauer ganz nahe zum Knecht und sagte halblaut:

      »Wenn ich's Leben noch eine Zeit hab', und ich kauf' mich ordentlich an in der Einöd, so setzt's einmal was. Und wo ich anfaß, da gibt's nach, oder es bricht was! – Merk' auf, Toni, da an der Tischeck hab' ich's gesagt!«

      Der Ton, mit dem diese Worte gesprochen wurden, sagte ungleich mehr als die Worte selbst. Der Knecht schnitt Brot und aß dabei nicht einen einzigen Bissen.

      Dann kamen die anderen Leute, und die Bäuerin brachte ein Milch- und Mehlgericht.

      Als sie noch um den Tisch herumsaßen, kam der Forstjunge Herbert zur Tür herein und sagte:

      »Gott besegne die Mahlzeit!«

      »Hol' dich der Teufel!« murmelte der Hahnenkamp in den Löffel, und die Leute sahen auf das Roggenmus und hatten zu würgen, daß ihnen kein Lachen hervorbrach.

      Der Forstjunge sagte:

      »Im Auftrage des Herrn Grafen Frohn! Morgen und übermorgen ist's in den Schroffenwäldern zum Jagen. Der Hahnenkamp soll zwei Treiber schicken!«

      »Schon recht!« brummte der Bauer, »werden wohl kommen.«

      Bei diesen Worten biß er die Zähne zusammen, daß es knackte; es wär' nicht so hart gewesen, das Roggenmus.

      »Beim Pfaffenhut kommen wir zusammen, um vier Uhr früh!« – sagte der Jägersmann noch, dann verließ er das Haus.

      Es war still. Aber der Toni wurde unruhig, und er rückte sein Sitzfleisch.

      »Dann mögen wir«, murmelte er endlich in das Mus hinein, »wohl schon um Mitternacht vom Haus forttrotten; 's ist vier gute Stunden bis hin.«

      »Aha,

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