Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Leute waren mutlos und wollten im Frühjahre nichts mehr säen, oder hatten keinen Samen dazu.

      Auch der Feldkasten des Heidepeters leerte sich, und er konnte den Nachbarn nicht mehr das Gesäme borgen, wie er es sonst gewohnt; er war kaum imstande, sein eigenes Hauswesen zu versorgen. Aber er wurde nicht mutlos, denn er hatte ein junges, sorgsames, fleißiges Weib im Hause – eine glückliche Sache, die Mißjahre zu allen Zeiten erträglicher macht.

      Sein Weib hatte den Vorschlag getan, mehr Feldrüben als gewöhnlich und einen großen Garten voll Kohlkraut anzubauen, damit für das Korn doch irgendein Ersatz da sei.

      Der Heidepeter tat danach, und es wurden im Juni frische, schöne Setzlinge gepflanzt. Im Juli war wieder Regen und Kälte und Nebel in den Wildschroffen; die Gartenfrucht aber wuchs langsam fort.

      Klara blieb die rauhen Tage über viel in der Stube, weil der Peter, ihren Umständen gemäß, nicht zugab, daß sie in die frostige Luft gehe. Eines Tages aber kam er zu ihr in die Kammer und sagte:

      »Du, ich weiß nicht, was das ist, Klara, es muß ein Tier dagewesen sein, ein ganzer Jaun (Streifen) der schönsten Kohlpflanzen ist abgefressen.«

      Der Knecht erzählte, er habe am Morgen vom Kohlgarten gegen den Wald einen Hirschen laufen gesehen.

      Der Heidepeter erhöhte nun den Bretterzaun um den Garten, und als darauf einmal der Graf Frohn mit Büchse, Pulverhorn und der stolz gebogenen Hahnenfeder über das Feld ging, rief ihn der Heidepeter an:

      »Euer Gnaden, tät wohl untertänigst bitten, 's kommt alleweil ein Hirsch, und der will uns das Kraut fressen.«

      »So«, antwortete der Jäger lachend, pfiff seinem Hund und schritt vorüber.

      Und in einer der nächsten Nächte kam das Tier wieder und fraß eine Reihe Kohlpflanzen. Hierauf rief der Heidevater bei einer nächsten Begegnung mit dem Hütlein unterm Arm dem Grafen ein zweites Mal zu:

      »Messen mir's Euer Gnaden doch nicht übel auf, aber ich kann mir nicht anders helfen. Es sind halt soviel schwere Zeiten, und wir haben schier nichts mehr zu beißen. Tut uns doch den Hirschen weg, er frißt uns ja das Kraut bei Putz und Stingel!«

      »Aha,« sagte der Graf launig, »tätest wohl gern du den Hirschen zum Kraut fressen, wär' dir lieber, gelt?«

      Er pfiff seinem Hund und ging vorüber.

      Ganz traurig kam der Peter in die Stube, setzte sich auf die Bank und sagte lange kein Wort. Jählings schlug er die Faust auf den Tisch und sprang auf. Bevor er jedoch wieder davonging, trat er hin zu seinem Weibe und sagte gelassen:

      »Klara, ich bin ein Mensch, der sich um den Finger wickeln läßt, sie nennen mich den Dalkerd; aber jetzt kann's wohl sein, daß ich einmal einen Unfried anheb'. Mach' dir nichts draus. Hab' gemeint, 's käm nicht drauf an, aber jetzt seh' ich's wohl, 's kommt drauf an.«

      Dann ging er hin und machte den Gartenzaun noch höher und flocht Dornengestrüpp hinein und hing den Kettenhund an eine Ecke des Zaunes.

      Aber der Hirsch kam und fraß Kohlpflanzen.

      Nun machte sich der Heidepeter auf, nahm den Weg unter die Füße und zog über die Schroffen, bis er jenseits des Gebirges hinaus kam, in das Schloß Frohnburg. Dort war gerade ein großes Festschießen; Grafen und Herren waren versammelt, und bei schäumenden Bechern tranken sie auf Weidmannsheil.

      Der Peter schritt mitten durch und gerade auf seinen Jagdherrn los. Er schien heute aus seiner Natur zu sein.

      »Ich wehr' mich um mein Brot, Herr!« sagte er mit gedämpfter Stimme, »und daß ich kein Unrecht hab', komm ich den weiten Weg, um Euch's zu sagen. Nieder schieß' ich den Hirschen!«

      Da lachte der Graf überlaut und rief:

      »Du Närrchen, was tust dir denn die Mühe an?«

      Er pfiff nach seinen zwei Bulldoggen. Der Peter sagte kein Wort mehr, sondern machte sich davon.

      In derselben Nacht schoß er den Hirschen nieder.

      Und schon am nächsten Morgen drangen Jäger in seine Stube und legten ihm Eisen an die Hände. Er ließ es ruhig geschehen und sagte zu seinem Weibe:

      »Mach' dir nichts draus, es wird noch einen gerechten Herrn geben!«

      So wurde der Peter fortgeführt und als Wildschütze in das Gefängnis geworfen.

      Wochenlang saß er. Er dachte weder an das Kohlkraut, noch an den Hirschen, noch an den Grafen, er dachte nur an sein Weib. – Die Stunde ist vielleicht morgen, vielleicht heute schon, und dein Weib bringt dir den Erstgeborenen. Sie will ihn dir entgegenhalten, und du bist nicht da! Oder es ist Unglück, und du bist deiner Gattin nicht zur Seite in der Not, und wenn du heimkehrst in dein Haus, findest du eine Mutter ohne Kind, oder ein Waise, oder keines von beiden. Durch die Mauer hätte er den Kopf rennen mögen, aber er blieb ruhig, nur murmelte er vor sich hin auf den Ziegelboden:

      »Das Menschsein ist ein Rad; heut' bin ich unten, du oben, morgen ist's anders. Graf Frohn, rund und im Kreislauf, so hat Gott die Welt erschaffen!«

      Endlich, als die Zeit um war, wurde der Heidepeter freigelassen. Er eilte heimwärts, er fand Weib und Kind in Wohlfahrt.

      Am nächsten Tage begab er sich in die Werkzeughütte und zimmerte und schnitzte aus Brettern einen Hirschen. Diesen nagelte er auf die wettergraue Holzwand seines Hauses, zum ewigen Andenken.

      Die Einödleute hatten Respekt bekommen vor dem entschlossenen Heidepeter, der es gewagt, mit dem Großteufel, wie sie in ihrem Hasse den Grafen nannten, anzubinden. Sie hatten das dem gutmütigen Manne nicht zugetraut. Es war aber das erste- und das letztemal geschehen. Der Peter sah, daß damit nichts zu erreichen war, er wurde durch die Jahre und Drangsale entmutigt. Er meinte nun, auf Erden sei ein Jammertal, wer könne es bessern? Es sei am vernünftigsten, still zu dulden. Er lehnte sich nicht mehr auf gegen den Grafen, ja, er sagte, es sei besser Unrecht leiden, als Unrecht tun. Er ging fortan seine eigenen stillen Wege, und die Leute nannten ihn, seines weichen nachgiebigen Wesens wegen, den Dalkerden – den Dalkerd.

      In der Einöde

       Inhaltsverzeichnis

      Jenseits der Schachenschlucht des Heidepeters lag der Haberturmhof. Der stand auch auf steinigem Boden, hatte aber größere Felder und auch zweimal soviel Wiesengrund als der Peter.

      Der Haberturmhof war weithin bekannt.

      Es war in diesem Hause eine große Eigentümlichkeit. Der Besitzer des Haberturmhofes duldete in seinem ganzen Hauswesen keine Weibsperson, sowie er auch keine Hausfrau hatte, ohne daß aber dadurch das Geschlecht der Habertürmer ausstarb.

      Dag war ein wunderlicher Mann, der vor mehr denn vierzig Jahren den Haberturmhof besaß, die Wirtschaft dem guten Glück überließ und vor seinem Tode, weiß Gott, ob welcher Ursache, folgende Urkunde niederlegte:

      »Ich, Gotthelf Haberturm, der Erbauer dieses Hauses, hab' ein Weib geehelicht, männiglich Leid erfahren und bin kinderlos geblieben. Ich habe einen Waisenknaben zu mir genommen und erzogen und ihm meinen Namen gegeben. Er sei Herr und Besitzer von Wiese und Feld, von Wald und Heide,

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