Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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      Der Gerichtsvollzieher war allerdings nicht weit gefahren. Er hielt wieder an und stieg aus, dann winkte er den Männern zu, die mit dem Möbelwagen an ihm vorbei wollten.

      »Warten S’, noch ist die Sache hier net zu Ende«, sagte er grimmig und klopfte auf seine Aktentasche. »Hier drinnen ist ein gerichtlicher Räumungsbeschluß, und der wird durchgesetzt.«

      Der Fahrer blickte ihn skeptisch an.

      »Glauben S’ wirklich, daß Sie da was ausrichten können?« fragte er. »Der Kerl schießt uns über den Haufen, wenn wir noch mal auf den Hof fahren.«

      Franz Reiter schüttelte den Kopf.

      »Noch ist net aller Tage Abend«, entgegnete er und griff in seine Jackentasche. »Es gibt da einen Menschen, auf den wird der Pahlinger hören.«

      Er hatte sein Handy herausgeholt und wählte die Nummer des Pfarrhauses in St. Johann. Vor ein paar Wochen hatte er mit dem Geistlichen gesprochen, als es darum ging, daß Wolfgang Pahlinger in absehbarer Zeit seinen Hof würde räumen müssen. Pfarrer Trenker hatte ihm seinerzeit angeboten, zu vermitteln, wenn es dabei zu Schwierigkeiten kommen würde.

      Am besten bringt Hochwürden gleich seinen Bruder mit, dachte er, während er auf das Klingeln lauschte.

      Es dauerte eine Weile, bis sich am anderen Ende jemand meldete.

      »Grüß Gott, Hochwürden«, sagte der Gerichtsvollzieher aufgeregt. »Franz Reiter hier. Sie erinnern sich? – Ja, genau. Bitte, Hochwürden, könnten S’ zum Pahlingerhof kommen? Der Bauer spielt verrückt. Er hat sogar schon auf uns geschossen…!«

      Sebastian Trenker war gerade im Pfarrgarten beschäftigt gewesen, als das Telefon klingelte. Seine Haushälterin hatte an diesem Morgen einen Termin bei Dr. Wiesinger, und darum dauerte es einen Moment, ehe er im Arbeitszimmer war. Als der Bergpfarrer jetzt diese Nachricht vernahm, erschrak er.

      »Um Himmels willen!« entfuhr es ihm. »Ja, Herr Reiter, ich komm’ sofort. Bin schon unterwegs.«

      »Bringen S’ gleich Ihren Bruder mit«, rief der Gerichtsvollzieher noch. »Ich laß den Kerl nämlich verhaften.«

      Sebastian antwortete nicht mehr darauf. Er legte den Hörer auf die Gabel und band die grüne Gartenschürze ab, die er während der Arbeit getragen hatte. Dann schlüpfte er in seine Jacke und eilte hinaus.

      Ist der Bursche denn von allen guten Geistern verlassen? fragte er sich, während er zu seinem Auto lief und einstieg. Schießt wie wild mit dem Gewehr in der Gegend umher!

      So schnell es der Verkehr zuließ, fuhr er zu dem Berghof, der unterhalb des Koglermassivs lag, und erreichte ihn knapp zehn Minuten später. Schon von weitem sah er den Möbelwagen und die Männer, die davorstanden.

      »Gut, daß Sie da sind, Hochwürden«, begrüßte Franz Reiter den Geistlichen. »Ist Ihr Bruder net mitgekommen?«

      »Ich denk’, daß wir die Angelegenheit auch ohne polizeilichen Schutz regeln können.« Sebastian schüttelte den Kopf. »Lassen S’ mich erst mal mit dem Wolfgang alleine reden.«

      Er ließ die Männer stehen und ging auf den Hof. Von dem Bauern war nichts zu sehen, aber Sebastian ahnte, daß Wolfgang Pahlinger noch immer hinter der Gardine stand und nach draußen schaute.

      Er klopfte an die Tür.

      »Ich bin’s, Wolfgang, Pfarrer Trenker«, rief er, obwohl er wußte, daß der ihn längst gesehen hatte. »Mach’ auf!«

      Der Schlüssel wurde herumgedreht und die Tür aufgezogen. Bleich und unrasiert stand Wolfgang vor ihm und schaute Sebastian mit versteinertem Gesicht an. Die Flinte hielt er immer noch in den Händen, doch der Lauf zeigte nach unten.

      »Mich bringt hier keiner raus«, drohte er. »Nur als Leich’!«

      »Mach’ keinen Blödsinn«, erwiderte der Bergpfarrer unerschrocken und griff nach der Flinte. »Gib her.«

      Ohne Widerstand ließ der Bauer sich das Gewehr abnehmen. Sebastian schob ihn beiseite und trat ein. Die beiden Männer sahen sich einen Moment schweigend an, dann schüttelte der Geistliche den Kopf.

      »So geht’s net, Wolfgang«, sagte er. »Das ist keine Lösung, und du bringst dich durch dein Verhalten nur noch in größere Schwierigkeiten, als du ohnehin schon hast.«

      Der junge Bauer stand mit hängenden Schultern da. In seinem Gesicht zuckte es.

      »Noch schwieriger kann’s ja net mehr werden«, antwortete er.

      Sebastian hatte das Gewehr auf den Tisch gelegt. Dieser Raum war an Sonntagen immer der Mittelpunkt des Hauses gewesen. Generationen von Bauern hatten hier gesessen und gefeiert. Würden die alten Möbel erzählen können, was sie schon alles gesehen hatten – die Geschichten würden nie enden.

      »Der Herr Reiter tut nur seine Pflicht«, sagte er. »Daß es so gekommen ist, dafür kann er nix.«

      »Ich aber auch net«, begehrte Wolfgang auf. »Ich hab’ doch alles versucht, um den Hof zu erhalten. Tag und Nacht geschuftet hab’ ich. Was kann ich für die Mißernten? Was kann ich für das Feuer?«

      »Nix«, gab der Geistliche zu. »Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände. Aber mit Gewalt ist da keine Lösung zu erreichen.«

      Der Bauer hob hilflos die Arme.

      »Was soll ich denn noch tun?« rief er. »Angefleht hab’ ich die Leute auf der Bank. Auf Knien bin ich gelegen, um einen Aufschub zu erreichen, einen neuen Kredit sogar, damit’s weitergehen kann. Aber die Herren in ihren Anzügen und Krawatten, was haben die getan?«

      Sebastian nickte. Er hatte das ganze Drama ja hautnah miterlebt. Mehr als einmal war er mit Wolfgang Pahlinger auf die Bank gegangen, in der Hoffnung, daß er vielleicht etwas für den Bauern erreichen könne.

      Doch die Hoffnung war vergebens gewesen.

      Natürlich war man höflich gewesen, hatte sie in das Hinterzimmer gebeten und Kaffee angeboten. Doch bei den anschließenden Verhandlungen waren sie knallhart geblieben und hatten kein Entgegenkommen gezeigt.

      Natürlich hatte Sebastian Trenker es nicht so ohne weiteres hinnehmen wollen, daß der Pahlingerhof unter den Hammer kam. Aber hier waren ihm die Hände gebunden gewesen. Als er jetzt, von dem Gerichtsvollzieher alarmiert, zum Hof hinaufgefahren war, da war ihm ein Gedanke gekommen, wie eine Zwangsversteigerung vielleicht doch noch verhindert werden könnte.

      Es war eher ein Gedankenblitz gewesen, der ihn durchzuckte, doch jetzt nahm die Idee immer mehr Gestalt an. Einfach würde es freilich nicht werden. Zunächst mußte Franz Reiter einem Aufschub zustimmen, und ob er das unter diesen Umständen noch tat, war eine andere Frage.

      Und dann würde Sebastian Trenker mit einem Mann sprechen müssen, dem er einmal einen großen Gefallen getan hatte, an dessen Dankbarkeit appellieren.

      Gerne tat er es nicht, eine Schuldpflicht einfordern. Wenn der gute Hirte von St. Johann half, dann tat er es, ohne dafür Dankbarkeit zu erwarten.

      Doch in diesem besonderen Fall würde er um eine Gegenleistung bitten müssen.

      *

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