Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner Toni der Hüttenwirt Paket

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daß beide Arten der Erinnerung wichtig sind und zusammen als Ergänzung perfekt sein können.«

      »So sehe ich das! Es kommt nur selten zu dieser perfekten Ergänzung, weil jeder Frau und jeder Mann oft darauf beharren, daß nur ihre Erinnerung richtig ist.«

      »War es bei uns auch so?«

      »Willst du das wirklich wissen, Karsten?«

      »Ja, das will ich.«

      »Gut, dann gebe ich dir ein Beispiel. Du darfst aber nicht gleich wieder wütend werden!«

      »Versprochen!«

      »Nehmen wir als Beispiel die alte Villa, die wir als erstes Heim gekauft haben. Ich habe davon ein ganz anderes Bild im Kopf als du. Für dich war sie alt, heruntergekommen, voller Mängel, sanierungsbedürftig bis zum letzten Dachziegel.«

      Renate schaute Karsten träumerisch an. »Das war sie zweifellos. Aber ich erinnere mich an das Knarren des Fußbodens, als Dennis die ersten Schritte machte. Ich habe das Geräusch der alten Rolläden im Ohr, wie sie ratterten beim Herunterlassen. Jeder Rolladen hatte einen anderen Klang, so wie auch jede Tür anders quietschte. Das alte Treppengeländer mit seinem breiten Handlauf benutzte Dennis als Rutsche. Er spielte mit den Nachbarskindern an Regentagen Verstecken in den Abstellkammern und Wandschränken, die es dort so zahlreich gab. Die alten bunten Glasscheiben in den oberen Teilen der Türen warfen auch an trüben Tagen ein freundliches buntes Licht in den Flur. Das dunkelbraune Holz an den Wänden glänzte dann kostbar. Das Haus atmete. Es lebte. Dort fühlte ich mich nie alleine.«

      Karsten hörte zum ersten Mal Renate aufmerksam zu.

      »Die Regentonnen im Garten füllten sich mit dem Wasser aus der Dachrinne. Ich goß gern damit den Garten. Im Sommer war das Wasser mild und warm und weich. Ich goß oft Wasser davon in eine Wanne und Dennis planschte darin und ließ Schiffe schwimmen aus Zeitungspapier. Die Schiffe gingen unter. Das Papier löste sich auf, das Wasser wurde trüb. Er schüttete so viel Sand hinein, bis er Matsch hatte. Dann rieb er sich und seinen Freund ein und sie spielten ›Schwarzfuß-Indianer‹, wie sie es nannten.«

      Renate atmete tief durch.

      »Jetzt haben wir eine unterirdische Bewässerungsanlage, die automatisch gesteuert wird. Das Klicken der Sprinkler macht mich nervös. Der Garten ist perfekt angelegt. Aber er ist steril. Im Swimmingpool konnte Dennis keine Papierschiffe mehr schwimmen lassen. Das hätte das Wasser zu sehr verdreckt. Matsch anrühren, was er so gerne getan hatte, das war auch nicht mehr in dem Maße möglich. Der dicke Teppichboden schluckt jedes Geräusch. Früher hörte ich, wenn Dennis oben in seinem Zimmer auf dem Boden spielte und seine Autos hin und her schob. Wenn ich in der Küche bügelte, dann hörte ich dich, wie du in deinem Arbeitszimmer auf und ab gegangen bist.«

      »So hast du mir das nie erzählt, Renate. Ich wußte nicht, daß du so an dem alten Kasten hängst. Ich dachte, daß dir das alles auf die Nerven geht, die alten maroden Leitungen, die Rolladenbänder, die oft rissen. Du hast es doch immer gesagt.«

      »Sicherlich habe ich mich geärgert, wenn wieder einmal etwas nicht funktionierte. Das bedeutete doch nicht, daß es mir da nicht gefallen hat. Weißt du noch…«

      »Weißt du noch…«, wiederholte Karsten den Satzanfang, und beide lächelten.

      »Weißt du noch…«, erzählte Renate weiter, »der Tag, als du einfach abends gekommen bist und verkündet hast, daß du den Bungalow kaufen und umbauen willst. Denke zurück, Karsten! An was kannst du dich erinnern?«

      Karsten dachte nach.

      »Ich war beim Architekten gewesen und hatte bereits erste Skizzen. Ich zeigte sie dir. Ich hatte mich auch schon nach den Kosten für den Umzug erkundigt.«

      »An sonst nichts?«

      »Wir haben dann wohl lange geredet. An was erinnerst du dich?«

      »An deine leuchtenden Augen, mit denen du mich immer wieder angesehen hast. Du kamst mir vor wie ein Feldherr, der ein neues Gebiet erobert. Ich war nicht begeistert. Ich wollte bleiben. Doch du fegtest all meine Argumente vom Tisch, rechnetest mir alles vor. Es klang alles so logisch. Aber ich wollte das alles nicht. Ich kam aber gegen dich nicht an. Alle Argumente fegtest du vom Tisch. Erinnerst du dich nicht daran?«

      Mit großen Augen schaute Karsten Renate an.

      »Nein! Ich dachte, es macht dich glücklich.«

      »Ich weiß, daß du das gedacht hast.«

      »Was ist falsch daran gewesen?«

      »Wir haben nicht geredet. Schau, Anna und Toni. Hast du sie beobachtet? Wieviel sie reden? Sie reden über alles. Sie haben die letzten Handgriffe gemacht. Jetzt ist ihre Berghütte fertig. Ab übermorgen ist sie eröffnet. Ich habe sie beobachtet, wie sie sich darüber absprachen, wo sie das Bild mit dem Wasserfall hinhängen. Toni hing auch noch ein paar Hirschgeweihe auf, alles Geschenke, die sie zur Hochzeit bekommen haben. Da war so viel Liebe drin, in den Gesprächen zwischen den beiden. Anna fand diesen Platz gut, Toni meinte, daß es dort besser aussehen würde. Dann redeten sie darüber. Einer hörte dem anderen zu und dann fanden sie eine Lösung, mit der beide ganz zufrieden waren. Das war doch bei uns auch einmal so, Karsten. Weißt du noch, damals ganz am Anfang?«

      »Ja!« sagte Karsten leise. »Damals waren wir uns nah.«

      »Wir hatten oft die gleichen Gedanken und begannen gleichzeitig einen Satz mit denselben Worten.«

      Karsten legte sich ins Gras. Die Hände verschränkte er unter dem Kopf. Er schaute hinauf zu den Berggipfeln.

      »Ja, ich erinnere mich. Schön war es!«

      Er schloß für einen Augenblick die Augen. Er hörte, wie sich Renate neben ihn ebenfalls ins Gras legte.

      »Ich hatte dir vorhin gesagt, daß ich verschiedenes ändern will. Ich will weniger arbeiten, früher Feierabend machen. Ich will öfters in die Natur fahren, spazierengehen. Weißt du noch, wie wir als junges verliebtes Paar Fahrradtouren gemacht haben?«

      Sie fingen gemeinsam an zu lachen.

      »Lachst du auch wegen der Radtour, als beide Fahrräder einen Platten hatten?«

      Renate nickte und lachte weiter.

      »Kein Flickzeug dabei. Aber wir wußten uns zu helfen.«

      »Ja, das wußten wir. Nach allerlei vergeblichen Versuchen gelang es uns, die Schrauben an meinem Vorderrad und an deinem Hinterrad zu lösen. Wir bauten dein Hinterrad vorne bei meinem Rad ein. Es hing zwar schief drin und die Radmutter auf der Achse lockerte sich immer wieder. Ich weiß nicht mehr, wie oft sie abgefallen ist.«

      »Ich weiß es auch nicht mehr, Karsten. Ich erinnere mich, wie wir auf den Knien über den sandigen Waldboden gerutscht sind und in Bergen von Tannennadeln die Schraube gesucht haben.«

      »Aber wir haben sie immer wieder gefunden. Und wir haben es geschafft, mit einem Fahrrad bis in den nächsten Ort zu kommen. Du hattest damals noch die Haare länger und zum Glück Gummis und Haarnadeln dabei. Daraus haben wir dann eine ›Schraubenfesthaltewicklung‹ gebastelt.«

      »Du warst von der Idee und dem Erfolg dieser genialen technischen Neuerung so begeistert, daß du noch abends im Bett davon gesprochen hattest.

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