Die Welt im Viertel. Cord Buch

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Die Welt im Viertel - Cord Buch Krimi

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bestätigt Cairo die schreckliche Wahrheit.

      »Schweine!«, schreit Hakim in das Wortgetümmel, welches auch Bernd und Max mit lauten Schimpfen füllen.

      Cairo nimmt Isa in den Arm, die ihr Gesicht an seine Brust drückt. Neue Tränen fließen, ihre schwarzen Haare sind zerzaust.

      »Muttern, was ist passiert?«

      »Die Verletzungen waren zu schwer. Die Ärzte haben ihn reanimiert, doch es nutzte nichts mehr. Multiples Organversagen.«

      Nele nimmt ihre Kraft zusammen, um ihren Worten Verständlichkeit zu geben. Und jetzt versteht Cairo. Er lässt Isa los, klammert sich an Neles Schreibtisch fest, murmelt Scheiße, schreit Scheiße, haut mit der Faust auf den Tisch. Neles Computer springt ein Stückchen in die Höhe.

      »Das war Mord, wir werden das beweisen. Wir bringen das auf der ersten Seite. An die Arbeit!«

      Max verbreitet Aktionismus, wird von Bernd unterstützt und bekommt einen Rat von dem ungezügelt wütenden Hakim.

      »Schreibe, was Mörder erwartet!«

      »Ich hole uns Kaffee und Tee«, schlägt Nele vor. »Wir können im Moment alle nicht klar denken. Wir müssen erst mal verstehen, was passiert ist. Dann sehen wir weiter.«

      »Sven ist mein Freund, seit fünfzehn Jahren.«

      Auch Cairo kann nun weinen.

      »Und ich habe ihn mal geliebt«, wirft Isa ein. »Vor Cairo.«

      Jensen flucht lautstark vor sich hin.

      »Eine Scheißidee! Hätte ich bloß nicht den Golf genommen!«

      Die ganze Stadt scheint aus Staus und Straßensperrungen zu bestehen und sich im Ausnahmezustand zu befinden. Wie soll das erst übermorgen während der angekündigten Großdemo werden? Das aufgesetzte Blaulicht und die lächerlich schwache und im Motorraum eingebaute Sirene verschaffen Jensen keine freie Fahrt. Es gibt kein Vor und Zurück.

      Seine Gedanken schweifen ab zu Wiebke Maurer. Wie mag es ihr gehen? Hat sie mit ansehen müssen, wie Conny Schrader ermordet wurde?

      Lange haben sie noch nicht mit ihr zusammengearbeitet, und Jensens Verhältnis zu ihr war zwiespältig. Einerseits gab Conny sich Mühe, lernte schnell dazu, streute brauchbare Ideen ein, als der Sprecher der Lampedusaflüchtlinge in Hamburg ermordet wurde. Andererseits mochte er sie nicht besonders, erschien sie ihm zu karrierefixiert. Doch jetzt soll seine Kollegin tot sein? Jensen mag nicht daran glauben.

      Mit quietschenden Reifen wendet er und sucht sich eine Parklücke. Er muss auf anderem Weg zum Tatort kommen. Im Laufschritt eilt er zur nächsten Polizeiabsperrung, vor der sich Protestler lautstark rufend auf die Straße gesetzt haben. Vorsichtig und doch eilig schlängelt er sich durch die auf dem Boden Sitzenden, bis er die Polizeikette erreicht.

      »Wer ist hier der Einsatzleiter?«

      »Was möchten Sie denn?«

      »Ich muss hier durch.«

      »Was aber nicht geht.«

      Der behelmte Kollege grinst gelangweilt. Jensen zückt seinen Ausweis. Sein Gegenüber wirft einen Blick darauf.

      »Den müssen wir überprüfen.«

      »Stopp«, ruft Jensen und reißt seinen Ausweis an sich, bevor der Kollegen damit verschwinden kann.

      »Holen Sie sofort Ihren Einsatzleiter.«

      Dieser hat den Disput mitbekommen und kommt angeschlendert. »Was ist los?«

      Jensen erklärt ihm die Lage, erzählt von der angeschossenen Kollegin, verlangt, durchgelassen zu werden.

      »Tut mir leid. Wir müssen Ihren Ausweis auf Richtigkeit überprüfen.«

      Jensen verliert jegliche Beherrschung.

      »Rufen Sie im Präsidium an. Sofort! Sie werden heftige Probleme bekommen.«

      Seine Drohung wird ignoriert, verpufft. Und statt des Einsatzleiters bekommt Jensen ein Problem: Er muss warten. Der zuständige Beamte dreht sich um und zückt sein Funksprechgerät.

      Es dauert zehn Minuten, bis der Hauptkommissar durchgelassen wird.

      Im abgesperrten Gebiet sind die Straßen gespenstisch leergefegt, ganz im Gegenteil zu denen auf der anderen Seite der Absperrung. Doch das Knattern der Hubschrauber klingt auf beiden Seiten gleich infernalisch.

      Jensen läuft auf einen an einer Straßenkreuzung postierten Streifenwagen zu und zeigt erneut seinen Ausweis.

      »Jensen, Mordkommission. Bitte fahren Sie mich an die Kreuzung vor dem Kommissariat 17. Ein Notfall, und mit meinem Wagen komme ich nicht durch.«

      Ob es seine Forschheit ist oder die über sein Gesicht gezogene Gespanntheit, irgendetwas überzeugt den Fahrer, ihn auf der Rückbank Platz nehmen zu lassen, Blaulicht und Sirene einzuschalten und ihn zu seinem Ziel zu fahren. Dort angekommen bedankt Jensen sich mit knappen Worten und eilt mit einem Tempo, das niemand beim Anblick seines fülligen Bauches für möglich hält, auf den Tatort zu. Wiebke Maurer sieht ihren Kollegen herankommen.

      »Werner, endlich.«

      Sie wirft sich ihm erleichtert um den Hals.

      »Ist gut, Wiebke. Wo?«

      Wiebke Maurer weist auf einen Kordon aus Einsatzkräften. Erneut muss Jensen seinen Ausweis zeigen und diensteifrigen Bundespolizisten sein Anliegen erklären. Zu seinem Glück erkennt ihn der stoppelhaarige Moser vom Staatsschutz und winkt ihn zu sich.

      Jensen drängelt sich durch in ihren Uniformen schwitzende Leiber. Und dann sieht er seine Kollegin Conny Schrader verkrümmt in einer Lache angetrockneten Blutes auf dem grauen Pflaster einer innerstädtischen Verkehrsader liegen.

      Seit heute Morgen residiert Staatsanwalt Müller zusammen mit seinen Kollegen in der Gefangenensammelstelle in Harburg, kurz GESA genannt. Es werden viele Festnahmen erwartet: Landfriedensbruch, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz, womit das Werfen von Silvesterböllern gemeint ist.

      Schon Ende Februar hat Müller sich die GESA angeschaut. Verwaschene Streifen in schmutzigem Weiß zierten damals wie heute den verlassenen Parkplatz vor der grauen Halle. Es ist eine Weile her, dass in dem Gebäude ein Großmarkt seine Produkte an die Kundschaft brachte. Nicht so lange ist es her, dass die Halle als Sammelunterkunft für Flüchtlinge in dem südlich der Elbe gelegenen Stadtteil Harburg diente. Eine Umzäunung aus NATO-Stacheldraht hat die 12 000 Quadratmeter große Halle in eine Festung verwandelt.

      »Wissen Sie, wie viele Gefangene hier hineinpassen?«, spricht die Kollegin am Nachbarschreibtisch Staatsanwalt Müller an.

      »Ich habe gehört, 150 in Einzelzellen und 250 in Sammelzellen.«

      »Nicht schlecht. Das heißt,

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