Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild. Carl Wilckens

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Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild - Carl Wilckens Dreizehn -13-

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Gang ein, offenbar mit demselben Ziel. Ich zog mein Messer und stieß es ihm in die Nieren, ohne stehen zu bleiben. Der Mann stolperte und stürzte. Ich rannte weiter. Blieb stehen, drehte um und bog in einen anderen Gang ein. Welcher Weg führte in die Grotten? Ich wusste es nicht, konnte mich nicht konzentrieren.

      „Hier entlang“, sagte Hunger und deutete in einen Gang. Ich vertraute ihm blind. Eilte eine Treppe hinab, noch eine, durch einen Gang, machte kehrt, folgte einem anderen Gang, noch eine Treppe hinab und schaffte es schließlich in die Grotten. Wenig später gelangte ich an die Quelle des schwarz pulsierenden Lichts. Die Faust eines Mannes schloss sich darum. Seine Haut hatte Farbe, in seinem Blick lag Hoffnung. Er lebte noch nicht lange im Unterrumpf. Gewiss hatte er wie einst ich gehofft, durch die Dealertür entkommen zu können.

      Der Mann rang bereits jetzt mit drei Perlsüchtigen. Sie schlugen auf ihn ein, zerrten an ihm, aber er wollte die Perle nicht loslassen. Er schrie. Ich trat hinzu, packte einen der Süchtigen hinten am Kragen und zerrte ihn zurück. Mein Messer durchbohrte sein Herz. In meinen Ohren pulsierte das Perl.

       Gib es mir

       Gib es mir

      Ich tötete den Zweiten, indem ich ihm mit bloßen Händen das Genick brach. Der letzte Süchtige bemerkte von allem nichts. Seine Aufmerksamkeit galt der Faust, die er aufzuzwängen versuchte, während er unartikulierte Laute ausstieß. Ich jagte auch ihm das Messer von hinten durchs Herz und zerrte ihn von dem Mann.

      „Bitte“, flehte der Neuling. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Die Augen hatte er weit aufgerissen. Rotz lief ihm aus der Nase, Speichel aus dem Mundwinkel. „Bitte …“ Meine Miene blieb ausdruckslos. Gnadenlos. Ich trat ihm in den Kehlkopf, und er starb röchelnd. Ich öffnete seine Faust und nun hielt ich die schwarze Perle in der Hand.

       Der Schlüssel zum Sonnenlicht.

      „Vergiss das Sonnenlicht“, sagte Hunger. „Du hältst alles, was du willst, in den Händen.“ Ich schloss die Finger um die Perle. Meine Kiefer mahlten. „Worauf wartest du noch?“ Hinter mir ertönten Schritte. Ich wandte mich um und sah drei Perlsüchtige auf mich zueilen, bewaffnet mit Rohren und rostigen Eisenstangen. Ich trat ihnen entgegen, fegte die Waffe des ersten zur Seite und rammte ihm die Faust in den Magen. Anschließend stieß ich ihm den Dolch in die Kehle. Warmes Blut sprudelte aus der Wunde, strömte mir über die Hand und den Unterarm hinab. Ich warf den erschlaffenden Leib zur Seite und stellte mich dem nächsten Gegner. Er holte mit dem Eisenrohr zum Schlag aus und schrie. Seine Augen hüpften. Mit dem gesamten Gewicht seines Körpers warf er sich mir entgegen. Ich sah ihn scharf umrissen, sah das Perl in seinem Blut. Die Iriden glühten, seine Bewegungen waren wie verlangsamt.

      Ich tat nur einen Schritt zur Seite. Er verfehlte mich und stolperte an mir vorbei. Fast beiläufig schlitzte ich ihm den Bauch auf und schenkte ihm keine weitere Beachtung.

      Die Darbietung meines Könnens war dem letzten Süchtigen keine Warnung. Die Gier nach Perl ließ ihn alle Vorsicht vergessen. Ich tötete ihn so mühelos, dass es wie zufällig erschien. Als wäre er eine Ameise, die ich zertrat, ohne es zu bemerken.

      Ich öffnete meine Hand und betrachtete das schwarze Perl. Meine Beine trugen mich vorwärts, ohne dass ich wusste wohin.

       Der Schlüssel zum Sonnenlicht.

      Auf einer Treppe begegnete mir der nächste Gegner. Ein riesiger, breit gebauter Süchtiger mit blankem Schädel. Er ging langsam, als wäre die Anstrengung groß, die Masse des eigenen Körpers zu bewegen. Er hob zwei vernarbte Fäuste wie Waffen. Seine umschatteten Augen lagen tief und blickten dumpf.

      Es war ein gutes dutzend Messerstiche nötig, um ihn zu Fall zu bringen.

      Ich erreichte das Ende der Treppe und betrat einen der Hauptgänge. Schüsse und Geschrei wallten mir entgegen. Wenig später sah ich die Ursache des Lärms: Zwei Piraten vom Deck hatten den Unterrumpf betreten, vermutlich um die Maschinenräume der Swimming Island aufzusuchen und die Lampen und Fackeln auf dem Weg dorthin zu entzünden. Sie bewaffneten sich stets bis an die Zähne, um gegen die Perlsüchtigen gefeit zu sein. Allein das genügte, damit die Bewohner des Unterrumpfes eine Konfrontation vermieden. Jedoch nicht, wenn schwarzes Perl zu holen war. Ein Strom an Süchtigen flutete den Hauptgang. Die Piraten hatten ihre Pistolen gezogen und wichen zurück, während sie blind in die Menge schossen. Viele Süchtige starben. Schließlich warfen sie die Waffen fort und zogen die Säbel. Aber zuletzt wurden sie von der schieren Masse einfach überrannt.

      Ich floh in einen Seitengang. Das schwarze Perl verdrehte mir den Kopf. Hunger drängte mich unablässig, es mir unter die Zunge zu legen. Trotzdem war ich noch weit genug bei Verstand, mich nicht allein einer ganzen Meute wild gewordener Süchtiger zu stellen. Ich erreichte eine weitere Treppe, die auf halber Höhe einen Knick beschrieb und mich direkt in den nächsthöheren Hauptgang führte. Die Heimat des Pelzes. Schon jetzt hörte ich das Toben der wahnsinnigen Bestie. Hinter mir der wütende Mob …

      Ich betrat den Hauptgang. Sekunden später erschien der Bär. Er rannte so schnell durch den gebogenen Gang, dass die Fliehkraft ihn gegen die Außenwand presste. Der Speichel troff von seinen Lefzen, das Weiß seiner Augen war blutunterlaufen. Ich selbst hielt ein Vorbeikommen in diesem Moment für völlig unmöglich. Aber ich hatte längst verlernt, was es bedeutete, den Tod zu fürchten. Im letzten Moment warf ich mich zu Boden. Der Bär sprang auf mich zu, und ich rollte mich unter ihm weg. Ich wandte mich nicht um, als die Bestie geradewegs auf die Meute traf. Die Symphonie des Sterbens, die nun einsetzte, war eine Folge von Disharmonien ohne Rhythmus, ohne Reim. Ich rannte weiter, durch Gänge und über Treppen. Zuletzt fand ich mich vor der Dealertür wieder. Erst jetzt wurde mir klar, dass sie die ganze Zeit mein Ziel gewesen war. Ich betrachtete erneut die schwarze Perle auf der offenen Handfläche.

       Der Schlüssel zum Sonnenlicht.

      Ich kann bis heute nicht sagen, wie viel von dem Folgenden eine Halluzination gewesen ist. Eine Entzugserscheinung. Aber ohne, dass ich klopfte, öffnete sich die Klappe in der Dealertür und die Augen mit den buschigen Brauen erschienen.

      „Du hast die Perle“, sagte der Dealer. „Gib sie mir.“

      „Das wirst du nicht tun“, fuhr Hunger dazwischen. „Diese Perle ist alles, was du willst. Du wirst sie nicht einfach aus den Händen geben.“

      „Du willst doch das Sonnenlicht sehen, habe ich Recht?“

      „Godric …“

      „Und den Wind im Gesicht fühlen. Das Rauschen der Wellen hören. Wie lange hast du schon nicht mehr das Flüstern der Bäume gehört? Das Singen der Vögel? Willst du wissen, wie Freiheit riecht?“

      „Godric!“

      „Weißt du noch, wie der Himmel aussieht? Weißt du, wie es sich anfühlt, draußen zu sein? Du kannst all das haben. Gib mir nur die Perle.“

      Hunger brach in Gelächter aus. „Wir wissen beide, dass du sie nicht hergeben wirst“, sagte er. „Warum kürzen wir das nicht ab? Leg sie unter die Zunge!“

      Ich betrachtete die Perle. Ein pulsierend schwarzes Licht. Hunger hatte Recht. Ich konnte sie nicht aus der Hand geben! Vielleicht würde ich eines Tages den Unterrumpf verlassen, aber wohl nicht heute. Nicht jetzt.

      Ich hob die Perle auf Augenhöhe. Einen Moment lang verharrte ich so. Dann legte ich sie mir unter die Zunge.

      Tanz in Tinte. Schwärze. Lichtsphären und zuckende Schatten. Schwärze. Tausend Augen,

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