Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild. Carl Wilckens

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Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild - Carl Wilckens Dreizehn -13-

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Dursts, den ich mittlerweile verspürte, schlief ich fast sofort ein.

      Ich träumte von Rico Fonti. Er stand an Deck der Seven Worlds. Winkte mir zu. Die Welt hinter ihm verschwand im Nebel. Dann donnerten die Kanonen und rissen ihn in blutige Fetzen.

      Ich schreckte aus dem Schlaf, die Kleidung nass vom Schweiß.

      Ich schlief wieder ein und träumte von Emily. Sie trieb unter der Wasseroberfläche im Hafen von Grey Heaven. Kalt, weiß und leblos versank sie immer tiefer in der Dunkelheit, bis sie nicht mehr zu sehen war. Ich erwachte wieder, weinend, und ich weinte auch noch, als ich zum dritten Mal einschlief.

      Dieses Mal träumte ich von dem Mann, den ich erschossen hatte. Jamaal. Er starrte mich an aus seinem verbliebenen Auge und der blutigen Augenhöhle. Stundenlang. Und dann öffnete er den Mund und sagte ein Wort: „Mörder.“

      Dieses Mal erwachte ich, weil mich etwas ins Ohr zwickte. Ich setzte mich auf, und eine ganze Schar fetter Ratten floh in alle Richtungen. Ich schrie auf, packte einen Eisensplitter, von dem ich bislang nicht einmal gewusst hatte, dass er da gewesen war, und stach blind zu. Ich erwischte eines der Biester und es verendete fauchend. Ich starrte auf das Blut, das aus der Wunde troff. Und wieder loderte der Durst in meiner Brust und erstickte mein Denken.

      Ich wollte es nicht tun, doch etwas Seltsames ging mit mir vor. Mir schien, als verließe ich meinen Körper und beobachtete mich selbst, wie ich das Tier nahm, den Kopf in den Nacken legte und anfing, sein Blut zu trinken. Erst als nichts mehr aus der Wunde lief, kehrte ich in mich selbst zurück. Ich warf die Ratte fort und schüttelte mich vor Ekel. Mein Magen krampfte zusammen, und beinahe hätte ich mich erbrochen. Ich wischte mir mit dem Ärmel über den Mund und starrte auf die Schachtmündung, die aus der kleinen Kammer führte. Was sollte ich tun? Bestimmt hatte das Schiff längst abgelegt. Trotzdem wollte ich einen Weg nach draußen finden, um zu fliehen, sobald die Swimming Island irgendwo ankerte. Wie lange mochte das dauern?

      Ich wusste damals nicht, dass der Unterrumpf ein Gefängnis war. Kaum einer konnte ihn nach Belieben betreten und wieder verlassen. Nur solche, die die geheimen Eingänge kannten und sich auf die Kunst des Schlösserknackens verstanden, und solche, die im Auftrag Black Ravens hierherkamen, ausgestattet mit Flammenwerfern und anderen Waffen, um zu den Maschinenräumen zu gelangen.

      Um mich abzulenken, ging ich auf alle Viere und kroch in den Schacht hinein. Meine Knie schmerzten. Mit dem Metallsplitter kratzte ich Pfeile in den Schachtboden und versuchte, mir somit eine Orientierung in diesem Netzwerk aus Schächten und Gängen zu schaffen.

      Stunden später kehrte ich in die Kammer zurück, unter deren Boden jene seltsame Maschine wummerte. Ich war müde und hungrig. Meine Knochen schmerzten, und ich sehnte mich nach dem Licht der Sonne. Nach dem offenen Himmel.

      Drei Ratten nagten an dem Kadaver ihres Artgenossen, dessen Blut ich getrunken hatte. Sie blickten nicht einmal auf, als ich die Kammer betrat. Erst als ich eine von ihnen mit dem Metallsplitter tötete, rannten die anderen davon. Ich trank das Blut meiner Beute, weidete sie aus und nagte das rohe Fleisch von ihren Knochen. Anschließend legte ich mich schlafen. Wieder wurde ich von Albträumen und Ratten heimgesucht.

      So vergingen die Tage, ohne dass ich hätte sagen können, wie viele. Ich erkundete den Unterrumpf, wobei ich mich nur selten aus den Konstruktionsschächten hervorwagte. Ich ernährte mich von Ratten und dem, was ich fand. Manchmal stahl ich. Brot, einen Schluck Wasser aus der Flasche eines Perlsüchtigen … nie zu viel, da es mir unrecht erschien. Die Schächte führten mich bisweilen durch verborgene Kammern, in denen sich die anderen Bewohner des Rumpfes eingelebt hatten. Rattennester nannte man diese Orte an Deck des Schiffes, wie ich später erfahren sollte.

      Wenn ich müde war, kehrte ich in die mir vertraute Kammer zurück. Stets wummerte die Maschine unter dem Boden. Stets dämmerte das Licht durch die Ritzen. Manchmal hörte ich Stimmen. Um mich vor den Ratten zu schützen, verkleidete ich die Löcher in den Wänden. Ich sammelte alles, was ich auf den Erkundungstouren finden konnte. Selbst der nutzloseste Unrat konnte irgendwie hilfreich sein. Bald hatte ich genügend Materialien zusammen, um mir eine simple Rattenfalle zu bauen.

      Ich erfuhr viel über die Menschen, die im Schiffsrumpf der Swimming Island lebten. Fast alle waren Perlsüchtige. Sie waren abhängig von einer Droge, die man im Innern einer Muschel fand. Diese wuchs am Rumpf des Schiffes und auch in einigen wenigen Salzwasser gefluteten Bereichen im Rumpf. Sie wurden von Clans bewacht, die regelrechte Kriege um die Vorherrschaft dieser Becken führten.

      Um den Rausch des Perls zu erleben, musste man es sich unter die Zunge legen. Schwarzes Perl war besonders stark, besonders selten und sehr wertvoll. Das Zahlungsmittel war Zigaretten oder … Geld. Ganz normales Geld. Meist Münzgeld, da Banknoten schnell zu schimmeln anfingen.

      Eines Tages traf ich bei einem meiner Streifzüge durch den Rumpf das schwarzhäutige Mädchen, das mich damals zusammen mit Sam vor dem Irren gerettet hatte. Keine Ahnung, wie viel Zeit bis dahin vergangen war. Ein Monat … drei … vielleicht mehr. Ich gelangte an das Ende eines Schachts, der in einen größeren Gang mündete und sah sie zunächst nicht. Ihre schwarze Kleidung, ihr schwarzes Haar und ihre schwarze Haut verschmolzen nahtlos mit der Dunkelheit. Sie wandte den Blick und ihre großen, weißen Augen leuchteten im schummrigen Licht des Rumpfes. Es sah aus, als lausche sie. Hatte sie mich gehört?

      Dann wandte sie sich der Tür zu, vor der sie stand, und fing an, mit einer Nadel im Schloss herumzustochern. Es gab viele verschlossene Türen im Unterrumpf. Mindestens genauso viele wie bewachte Durchgänge oder Fallen.

      Ich kroch lautlos aus dem Versteck und richtete mich auf. Mir war nicht bewusst, dass ich mit dem rostigen Metallsplitter in der Hand bedrohlich wirkte. Unschlüssig ließ ich den Blick auf dem schwarzen Haarschopf des Mädchens ruhen. Wie hatte Sam sie genannt?

      „Ne … Negrita?“

      Das Mädchen wirbelte herum und hob die Hand. Ihre Finger umschlossen ein rundes Fläschchen, das eine durchsichtige Flüssigkeit enthielt.

      „Das ist Vacuúm, ein so starkes Gift, dass allein seine Dämpfe tödlich sind. Zwing mich nicht, es zu zerbrechen.“ Ihre Augen weiteten sich. „Dich kenn ich doch.“ Sie lächelte und zeigte makellos weiße Zähne. „Aber ja. Du bist dieser Junge, den Sam damals vor Chemo gerettet hat. Du weißt schon, der Kerl mit dem halb geschmolzenen Gesicht. Chemo hielt dich für tot. Ich auch, um ehrlich zu sein. Wenn du klug gewesen wärst, hättest du mir dieses Ding in den Rücken gestoßen und meine Leiche geplündert.“

      „Bitte … Negrita … hilf mir.“

      Das laute Klong eines Schotts, das aufgestoßen wurde, ertönte, gefolgt von Rufen und Fußgetrappel.

      „Nur Sam nennt mich Negrita“, sagte das Mädchen. „Mein Name ist Teena.“ Sie musterte mich kurz, und ich glaubte, einen Funken Mitleid in ihrem Blick zu sehen. „Ich kann dir nicht helfen, Kleiner. Das kannst nur du selbst. Um hier zu überleben, beachte Folgendes: Bleib immer im Schatten. Stiehl, was du stehlen kannst.“ Sie wandte sich ab und stocherte erneut in dem Schloss herum. Es klickte. „Und wenn sich dir die Gelegenheit bietet, jemanden zu töten“, schloss sie und schlüpfte durch den Spalt in der Tür, „zögere nicht. Sonst tötet er dich. Adiós.“

      Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.

      „Hier entlang“, rief jemand mit der unverkennbar dumpfen Stimme eines Perlsüchtigen und die Schritte wurden lauter. Hastig zog ich mich in den Schutz des Schachtes zurück. „Sie ist durch diese Tür. Verdammt!“ Aus dem Dunkel des Schachtes heraus beobachtete ich, wie die Perlsüchtigen mit Rohren und Treibhölzern auf die Tür einschlugen.

      „Mach

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