Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild. Carl Wilckens

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Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild - Carl Wilckens Dreizehn -13-

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kroch ich rückwärts, bis ich an eine Kreuzung gelangte, wo ich mich umdrehen konnte. In Gedanken versunken krabbelte ich durch die Dunkelheit, ohne zu wissen wohin. Für einen kurzen Moment hatte ich Hoffnung verspürt. Ob die Tür, durch die Teena verschwunden war, zum Sonnenlicht führte?

      Ich bog ab und kletterte die Sprossen eines Schachtes hinab. Ich gelangte in eine kleine Kammer, die in dämmrigem Licht schwamm, und blickte mich überrascht um. Ich war schon einmal hier gewesen. An meinem ersten Tag im Unterrumpf hatte hier ein alter Mann geschlafen, an dessen Ohr eine Ratte geknabbert hatte. Er lag auch heute wieder hier. Er hatte sich auf die Seite gedreht und schnarchte. Sein linkes Ohr war fort.

      Die Kammer hatte sich fast nicht verändert. Entlang der Wände reihten sich bis auf wenige Ausnahmen dieselben Gegenstände. Der Alte schlief unter seinem schmutzigen Lumpen. Der Geruch seines Getränks schwängerte die Luft.

      Ich dachte an Teenas Worte. Stiehl, was du stehlen kannst. Ohne Hast sammelte ich die Gegenstände ein und steckte sie in die Taschen. Sogar die Rattenschwänze.

      Mein Blick fiel auf den schlafenden Alten. Und wieder hörte ich Teenas Stimme. Töte ihn, sonst tötet er dich. Ich holte das rostige Messer hervor, das ich aus dem Sortiment des Alten gestohlen hatte. Mit gemischten Gefühlen betrachtete ich das rostbraune Metall, das matt im Schein der erlöschenden Fackel glänzte. Töten oder getötet werden. Hatte ich wirklich etwas von dem Alten zu befürchten? Wenn du ihn nicht tötest, wird jemand anders es tun. Zum Beispiel er selbst.

      Wie damals, als ich zum ersten Mal das Blut einer Ratte getrunken hatte, schien mir, als verließe ich meinen Körper. Ich sah mir selbst dabei zu, wie ich neben dem schlafenden Alten in die Knie ging, ihm das Messer an die Kehle setzte und sie ihm vom einen nicht vorhandenen Ohr bis zum anderen aufschlitzte.

       Blackworth

      Rauschen und Surren.

      „Du … hast einem alten Mann im Schlaf die Kehle durchgeschnitten?“ Eine Mischung aus Wut, Ekel und Furcht beherrschte die Züge des Sängers.

      End begegnete seinem Blick mit ruhiger Miene. „Ich habe nie behauptet, einer von den Guten zu sein.“

      „Einer von den Guten“, wiederholte der Sänger. „Diese Tat war abscheulich. Das ist krank. Das ist …“

      „Gang und Gäbe im Unterrumpf der Swimming Island gewesen“, beendete End den Satz. „Töten oder getötet werden. Ja, dieser Mann stellte keine Gefahr für mich dar. Ich übte an ihm. Übte, meine Skrupel zu überwinden.“

      „Ich sagte ja, sein Herz ist kalt wie Eisen“, sagte der Junge mit einer Mischung aus Furcht und Ehrfurcht.

      „Moment mal“, mischte sich jemand ein. „Von dem Versteck des Alten aus hättest du doch den Weg nach draußen zurückverfolgen können.“

      „Das habe ich auch“, entgegnete End. „Es brauchte einige Zeit, bis ich den Mut fand, die Schächte zu verlassen. Ich musste jedoch feststellen, dass der Zugang zum Batteriedeck nun bewacht wurde.“

      „Du hast also gelernt, zu überleben, indem du anderen das Leben nahmst“, konstatierte der Sänger. Mühsam unterdrückte Wut beherrschte seine Züge. „Wie viele hast du ermordet, End?“

      End zuckte die Achseln und erwiderte den Blick des Sängers mit unverändert ungerührter Miene. „Machst du mir Vorwürfe? Wie ist dein Name?“

      „Kenan. Kenan Rutter.“

      „Wie rettet man sich aus einem Albtraum, aus dem man nicht erwachen kann, Mr. Rutter?“, fragte End beinahe höflich.

      Rutter schwieg.

      „Ich werde es dir verraten. Man wird schlimmer als der Alb, der einen verfolgt. Ich kann beim besten Willen nicht sagen, wie viele Menschen ich tötete, während ich im Unterrumpf der Swimming Island lebte. Es müssen unzählige gewesen sein …“

       End

      Wahnsinn, Scharfsinn und Skrupellosigkeit. Dies sind die drei Dinge, die einen Menschen gefährlich machen. Nicht seine Stärke oder seine Waffen. Ein Muskelpaket mit einem Revolver in jeder Hand ist harmlos, wenn er zögert, dumm oder berechenbar ist.

      Ich bin schon immer klug gewesen. Mein Gewissen hatte der Unterrumpf verschlungen. Und mein Verstand sollte bald folgen. Ich war nur ein Kind, aber ich entwickelte mich bald zum Schrecken des Unterrumpfes. Zum Tod aus den Schatten.

      Meinen zweiten Mord beging ich an Olli. Er starb nicht durch meine Hand, aber durch meine List. Als ich den Weg zum Batteriedeck zurückverfolgt hatte, war ich beinahe ein zweites Mal in jenen Stolperdraht gelaufen, der eine tödliche Klinge aus der Wand klappen ließ. Jemand hatte die Falle wieder scharf gestellt.

      Nun trug ich den Siegelring und betrat den Hauptgang, auf dem der Pelz lebte. Ich wusste, wenn ich leise war, würde ich das Biest nicht anlocken. Ich wusste außerdem, dass unweigerlich jemand auf mich aufmerksam würde, wenn ich mich hier aufhielt. Viele Süchtige lauerten hier, um die Leichen zu plündern, die der Pelz zurückließ. Wenn jemand den Ring an meiner Hand sähe, würde er versuchen, ihn zu stehlen. Dann wollte ich ihn in den Gang lotsen, in dem der Stolperdraht gespannt war.

      Es war Zufall, dass ausgerechnet Olli den Köder schluckte. Dieses Mal vergeudete er keine Zeit mit dem Versuch, mich zu sich zu locken. Wortlos sprang er auf den Gang und stürmte auf mich los. Für einen Moment war ich vor Schreck wie erstarrt. Olli lief schnell und doch leise. Er hatte den Pelz nicht vergessen, war geistesgegenwärtig, nicht zugedröhnt. Ich wandte mich um und folgte dem gekrümmten Verlauf des Hauptganges zurück, so schnell mich meine Beine trugen. Meine Schritte klangen beunruhigend laut auf dem metallenen Boden. Mein Herz hämmerte. Ich rechnete jeden Augenblick damit, die stampfenden Schritte des Bären zu hören. Wo war diese Abzweigung, die mich aus dem Hauptgang und direkt zum Stolperdraht führte? Dort! Ich bog nach links ab und rannte weiter, Olli mir dicht auf den Fersen. Nun, da keine Gefahr mehr durch den Pelz bestand, schickte der Perlsüchtige Flüche voraus.

      „Bleib stehen, du Missgeburt! Gib mir den Ring, dann wird dir nichts geschehen.“ Dass er log, war offensichtlich. Olli hatte nur aus einem Grund überlebt, nämlich weil er die wichtigste Regel dieses Ortes befolgte: Töten oder getötet werden.

      Ich passierte eine Kreuzung und sprang mit einem weiten Satz über den Stolperdraht hinweg.

      Und wenn er die Falle kennt?, schoss es mir durch den Kopf. Warum hatte ich nicht eher daran gedacht? Vielleicht war Olli ja derjenige, der sie scharf gestellt hatte.

      PENG!

      Ein ekelhaft matschiges Geräusch ertönte, als die Klinge Olli in zwei Hälften schnitt. Ich blieb stehen und wandte mich schweratmend um. Da lag er, den Leib knapp unterhalb der Brust durchtrennt. Bunte Schlangen wanden sich aus seiner unteren Hälfte, während er mich aus großen irislosen Augen anstarrte.

      „Du du …“

      Ich trat vor ihn und fing an, die Taschen von Hose und Mantel zu durchstöbern. Ich fand einige nützliche Dinge, aber das mit Abstand Wertvollste war eine fast volle Streichholzschachtel und ein kleines Aluminiumkästchen mit Zigaretten.

      „Du …“ Ich sah die Wut in Ollis sterbendem Blick, als ich seinen Besitz an mich nahm.

      Ein

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