Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild. Carl Wilckens

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Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild - Carl Wilckens Dreizehn -13-

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zu, Junge. Wenn du dich nicht innerhalb der nächsten zehn Sekunden verziehst, schneide ich dir den Schwanz ab.“ Er lächelte böse. „Haben wir uns verstanden?“ Ich schwieg. „Zehn … neun …“

      Die Tür zu Francos Hütte ging auf. „Hat mich jemand gerufen?“

      Der Wächter verdrehte die Augen und wandte sich um. „Nein, Boss. Der Bursche hier will aufmucken.“ Ich sah gleich, warum Franco der Kopf der Bande war. Er war groß mit breiten Schultern. Unzählige Narben entstellten seine Haut. Er hatte einen gewaltigen Schnauzbart. Das schmutzige Haar hing in fettigen Strähnen über seinen Schultern. Er hatte Perlen, Muscheln und andere Dinge hinein geflochten, die – da war ich mir sicher – sich schon lange nicht mehr daraus befreien ließen.

      Franco musterte mich.

      „Du bist der, der aus dem Unterrumpf gekommen ist“, stellte er fest. „Der meinen Dealer getötet hat. Wie hast du ihn so zugerichtet? Hast du ihn angezündet, nachdem du ihn abgestochen hast?“ Ich hielt seinem Blick mit furchtloser Miene stand und schwieg. „Und jetzt hast du auch noch Trepper ermordet.“

      „Ist es schade um ihn? Deine Männer haben es vermasselt, mich zu töten, als ich ihnen unbewaffnet und schlafend ausgeliefert war. Sie waren zu dritt.“

      Franco kratzte sich gelangweilt im Schritt. „Du hast zwei meiner Männer auf dem Gewissen. Dafür wirst du bezahlen.“

      „Ich kann dich auf andere Weise entschädigen.“

      Franco hob die Brauen. „Was hast du zu bieten?“

      „Ich kann töten.“

      Ein spöttisches Schnauben war die Antwort. „Männer von der Sorte habe ich genug.“

      „Du meinst die, die du auf mich losgelassen hast?“

      „Du wirst sterben, Junge.“ Franco gab den Wächtern einen Wink, woraufhin sie ihre Macheten zogen. Unter dem Ärmel meines Umhangs legte ich die Hand auf den Abzug des Flammenwerfers.

      „Was hast du zu verlieren?“, frage ich. „Schlimmstenfalls sterbe ich bei dem Versuch, einen deiner Aufträge auszuführen. Im besten Fall hast du einen Killer für deine Bande gewonnen. Einen, der den Unterrumpf überlebt hat. Einen, der den Pelz getötet hat.“

      Francos Augen weiteten sich, als bemerke er erst jetzt den Umhang, der um meine Schultern lag. Offenbar war der Name des Bären auch an Deck der Swimming Island bekannt. Er hob die Hand, und die Wächter hielten inne.

      „Du bist der, den sie den Perlkönig nennen?“ Er musterte mich einen Moment lang nachdenklich. „Also gut, Junge. Arbeite für mich.“

      „Ich habe Bedingungen.“ Franco hob die narbengespickten Brauen. „Solange ich für dich arbeite, stehe ich unter deinem Schutz. Ich bekomme drei Mahlzeiten pro Tag. Und eine Kugel Perl an jedem Zahltag.“

      Franco bleckte die Zähne. „Du stehst in meiner Schuld, Junge. Die ersten beiden Morde bekomme ich umsonst. Ab dann stehst du unter meinem Schutz und bekommst deine Mahlzeiten. Das Perl kannst du vergessen. Ich dulde keinen Junkie in meiner Bande.“

      „Also gut“, knurrte ich. Der Perlentzug machte mich reizbar. Franco spuckte sich in die Hand, und ich ergriff sie.

      Nach Sonnenuntergang dieses Tages suchte Mario, der Metzger, mich am Strand auf. Ich hatte mich weit vom Piratenlager entfernt, um mich dort zur Ruhe zu legen. Die jüngste Begegnung mit Francos Handlangern hatte mich vorsichtig werden lassen. Mario näherte sich mir im Schutz des Waldes. Trotzdem bemerkte ich ihn, lange bevor er auf den mondbeschienenen Strand hinaustrat.

      „Als ich sagte, du sollst dir Freunde suchen, meinte ich nicht mich“, sagte er grußlos. „Grundsätzlich habe ich nichts gegen dich, Junge. Aber zwischen unserer Bande und Franco herrscht ausnahmsweise Waffenstillsand. Und offenbar hat Franco was gegen dich. Ich möchte diesen Frieden nicht aufs Spiel setzen, indem ich mich mit dir anfreunde.“

      „Du kannst beruhigt sein“, sagte ich. „Ich arbeite jetzt für Franco.“

      Marios Blick verfinsterte sich. „So? Du scheinst deinen Platz auf diesem Schiff gefunden zu haben, Junge. Viel Glück.“

      Ich denke oft, dass ich die Vulkaninsel nie hätte verlassen dürfen. Das Grün des Waldes war Balsam für meine Seele. Ich erfuhr, dass die Piraten sich an abgelegene Orte wie diesen zurückzogen, um für einige Zeit abzutauchen. Bis die Königreiche ihre Patrouillen auf See zurückzogen, und die Händler es wagten, ihre Routen wieder zu fahren. Ich hatte meine letzte Kugel Perl schon vor einer Weile aufgebraucht, als Black Raven höchstselbst auf das Dach einer Hütte kletterte und verkündete, dass sie binnen vierundzwanzig Stunden ablegen würden. Es war das erste Mal, dass ich den Kapitän der Swimming Island sah. Er unterschied sich in seinem Aussehen nicht wesentlich von einem Mann wie Franco. Doch blickte man in seine schwarzen Augen, bekam man es mit der Angst zu tun. Man war froh, in der Menge zu stehen wie ein Schaf, das sich in der Herde in Sicherheit wähnte. Die Kälte in Ravens Augen ließ keinen Zweifel, dass er auf Ungehorsam nur eine Antwort kannte: Den Tod.

      Die Furcht, die der Mann verströmte, umgab ihn wie eine schützende Rüstung. Er schritt so kühn durch das Lager, als wäre er unverwundbar. Die Männer senkten den Blick, wenn er vorüberging. Große Männer. Männer mit Armen wie Baumstämme. Männer, die tödliche Waffen bei sich trugen. Sie grüßten ihn mit respektvoller Stimme. Sie wichen ihm aus.

      Am nächsten Tag kehrte ich wie alle anderen an Bord der Swimming Island zurück. Ich saß in einem der Boote. Inzwischen zitterte ich am ganzen Leib. Mein Herz raste. Ich gierte nach Perl.

      Auch Hunger sah nicht gut aus. Sein Gesicht war unrasiert, seine Augen blutunterlaufen und er atmete hörbar.

      „Du wirst als erstes den Eingang zum Neulingsschacht suchen“, sagte er mit bebender Stimme. „Hörst du?“ Der Neulingsschacht war eine Art Rutsche, durch die regelmäßig Bewohner in den Unterrumpf gelangt waren. Mitglieder von Ravens Crew, die man bestraft hatte oder die einfach Pech gehabt hatten. Vier von fünf Neulingen hatten nicht länger als zwei Viertel im Unterrumpf überlebt. Viele waren direkt an der Schachtmündung der Rutsche ermordet und geplündert worden.

      „Du kannst dir Perl besorgen und den Rumpf einfach wieder verlassen“, fuhr Hunger fort. Dunkle Schweißflecken zeichneten sich unter seinen Armen ab. „Du bist der Perlkönig. Wer sollte dich aufhalten?“

      „Ich gehe nicht zurück“, murmelte ich verbissen. Die Insassen des Bootes warfen mir misstrauische Blicke zu.

      „Rede keinen Unsinn“, keifte Hunger. „Wir wissen beide, dass du es keine Sekunde länger aushältst.“

      Ich sah zum Rumpf der Swimmung Island. Hunger hatte Recht. Das Perl hinter der gepanzerten Wand pulsierte so hell, dass es zu einem einzigen, silbernen Licht verschmolz.

       Gib es mir

       Gib es mir

      Ich erschauerte.

      Unser Boot wurde von einem Kran auf Höhe des Decks angehoben. Zuallererst suchte ich ein geeignetes Versteck für den Flammenwerfer. In meinem Zustand war es nicht klug, ihn bei mir zu tragen. Anschließend lief ich ziellos umher. Ich holte eine Zigarette hervor – meine zehnte heute – und zündete sie an. Meine zitternden Finger konnten kaum den dünnen Stängel halten. Indessen huschte

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