Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle. Astrid Rauner

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Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle - Astrid Rauner Von keltischer Götterdämmerung

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hatte Aigonn einen Umweg gewählt. Der Pfad durch den Wald, den Rowilan und er vor einigen Tagen selbst geritten waren, wäre um einiges kürzer gewesen, die Gefahr von Spähern jedoch, die seine Anreise unwillkürlich Khomal verkünden würden, war allgegenwärtig. Das unzugängliche Dickicht, das den größten Teil des Waldes erfüllte, machte es manchmal unmöglich, nach anderen Seiten auszuweichen. Würde er sich dort am Ende noch auf einen Kampf einlassen müssen, bevor er das Rote Moor überhaupt erreicht hätte, würde er vermutlich noch mehr Zeit verlieren als durch diesen Umweg.

      Ein unscheinbarer Zwischenraum zwischen zwei alten Baumriesen am Waldrand war für Aigonn das Zeichen, nun nach links in den Wald abzubiegen. Die feuchte, frische Luft klärte seine Gedanken, bestärkte das Gefühl, das ihn vorwärtstrieb. Es musste bereits auf Mittag zugehen, als Aigonns Pferd wachsam die Ohren nach beiden Seiten drehte, plötzlich ohne erkennbaren Grund scheute und aus dem Galopp einige Schritte nach hinten tänzelte.

      Er selbst musste sich fest in der Mähne verkrallen, um nicht seitwärts auf den Boden zu stürzen. Mit besänftigendem Murmeln gelang es ihm, das Tier weitgehend zu beruhigen. Als er es jedoch auf dem schmalen, erdigen Pfad zum Stehen gebracht hatte, hörte er schließlich auch das Rascheln, das aus dem Dickicht drang.

      Langsam zog Aigonn sein Schwert. In Gedanken betete er, dass es kein Raubtier war, das scheinbar ihre Fährte aufgenommen hatte. Selbst wenn er einen müden Wolf mit dem Schwert angreifen konnte, würde sein Reittier vermutlich vor lauter Angst eine ziellose Flucht ergreifen.

      Das Rascheln kam immer näher, wurde lauter, wirkte jedoch für einen jagenden Wolf zu schwer und zu unvorsichtig. Mit Mühe brachte Aigonn das Pferd dazu, zwei Schritte zurückzugehen. Es war kurz davor, haltlos davonzusprengen, nach vorne, hinten, wohin schien vollkommen egal.

      Als plötzlich eine Gestalt zwischen den Ästen erschien, tänzelte das Pferd nervös auf der Stelle. Aigonn starrte wachsam auf das Dickicht, atmete jedoch erstaunt auf, als er das Gesicht der Person erkennen konnte, die ihn verdutzt von den Sträuchern her anstarrte.

      „Aehrel?“ Aigonn wollte seinen Augen nicht trauen. Sein Onkel schälte sich überrascht zwischen den Büschen hervor, eine Tonschale unter dem Arm, die mit einem Ledertuch abgedeckt war. Die schwarzen Schatten unter seinen Augen und die vertieften Züge, die ihn wie einen Greis wirken ließen, waren deutliche Anzeichen für die schlaflose Nacht, die er hinter sich gebracht hatte. Trotz allem jedoch machte er keinen müden Eindruck, als er zu Aigonn sagte: „Das nennt man eine Überraschung! Was tust du hier?“

      „Das sollte ich dich fragen!“ Aigonns Pferd tänzelte noch immer. Er konnte nicht verstehen, was das Tier so sehr an seinem Onkel beunruhigte, doch auf eine gewisse Weise schien es auch ihm, als umgebe Aehrel eine beängstigende Aura, so dünn nur, dass man sie für Einbildung halten konnte, wenn man wollte. Und vermutlich war sie dies auch.

      „Wo bist du heute Nacht gewesen?“, fragte er weiter. Im Grunde hatte er nicht so barsch klingen wollen, doch der Gedanke daran, dass Aehrel seine eigene Schwester im Augenblick ihres Todes alleine gelassen hatte, machte ihn wütend.

      „Ich gehe häufig nachts hinaus, das weißt du. Es ist meine Sache, wenn ich zur gegebenen Zeit mit den Göttern sprechen will, und vor dir brauche ich bestimmt keine Rechenschaft abzulegen!“

      Der scharfe Ton traf ihn. Ungewollt begannen Aigonns Lippen zu zittern, als er versuchte auszusprechen, was sein Geist nur schwerlich begriffen hatte: „Mutter ist tot. Sie ist heute Nacht gestorben, als du fort warst.“

      „Was?“ Der Schreck ließ Aehrel erbleichen. Beinahe hätte er die Tonschale unter seinem Arm fallen gelassen, besann sich jedoch noch rechtzeitig, um sie festzuhalten.

      „Wieso so schnell? Sie … sie war nicht ernstlich krank. Bestimmt sieben Tage noch …“

      Seine Miene verwandelte sich rapide. Aigonn war erschrocken darüber, wie der gelassene Ausdruck in Aehrels Gesicht zusammenfiel, sich zu einer verzweifelten Fratze verzerrte, als breche der Tragbalken eines Gedankengerüstes zusammen, an das er sein Leben klammerte. Der Schmerz seines Onkels berührte ihn, doch im Gedanken an Anation verdrängte Aigonn widerwillig den Tod seiner Mutter für kurze Zeit.

      Es erschien ihm unpassend, doch erstaunlicherweise fand Aehrel erzwungenermaßen die Ruhe wieder, um Aigonns Worten zu folgen: „Ich kann nicht bleiben. Die Eichenleute werden Lhenia umbringen, heute noch. Ich kann jede Hilfe gebrauchen, die möglich ist!“

      Seine Aufforderung erfüllte nicht ihren Zweck. Aehrel wirkte wie aus einem Traum gerissen, als er in Gedanken seine Worte nachzusprechen schien. Dann brach es auf einmal aus ihm heraus: „Warte …, warte! Du kannst jetzt nicht gehen! Wie ist sie gestorben? Du hättest doch etwas tun können, sicher sogar! Erzähl mir, was geschehen ist!“

      „Wenn das alles hier vorbei ist! Onkel verzeih, aber …“ Er musste selbst schlucken, bevor er diese Worte aussprechen konnte: „… Mutter ist … schon tot. Für sie kann ich nichts mehr tun!“

      Damit drückte er dem Pferd die Hacken in die Seiten.

      „WARTE! AIGONN!“ Das Tier wollte erneut scheuen, doch Aigonn hielt die Zügel fest und sicher genug. Er wandte sich nur noch kurz um, um zu sagen: „Bitte, lauf zur Siedlung und komm mit Rowilan zurück! Wenn nicht, werde ich das hier alleine durchstehen müssen. Aber sag hinterher nicht, dass ich keine Wahl gehabt hätte!“

      War das eine Drohung gewesen? Aigonn blieb nicht genug Zeit, seine eigenen Gedanken zu erforschen. Eine fremde Stimme schien in seinem Kopf zu sprechen, seine Lippen zu führen. Das Unbehagen darüber versuchte er hinunterzuschlucken, als das Pferd in den Galopp verfiel. Aehrels Stimme hallte ihm nach, Aigonns Name, mit einer solchen Gewalt von sich gestoßen, dass er beklommen zurückblickte. Die Gestalt seines Onkels war jedoch bereits hinter einer Kurve verschwunden.

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      Aigonn konnte den Kräften keinen Namen geben, die ihn und das Pferd immer weiter vorwärts getrieben hatten. Doch letztendlich hatte er das Rote Moor ohne Unterbrechung erreichen können, lange bevor erstes Abendrot zwischen den Baumwipfeln zu sehen war. Die Beschaffenheit der nahen Umgebung war Aigonn noch auf eine unterbewusste Art vertraut. Er hatte im Zwielicht weder markante Ortspunkte noch Bäume oder Wege ausmachen können, jedoch erkannte er die klanglosen Stimmen der Geister, das Lied der Birken zwischen Wollgras und Heidekraut. Der Geruch von Moder war mit dem Wind herangeweht worden, lange bevor das Moor in Sicht gekommen war. Und mit ihm hatte Aigonn die Beklemmung gespürt, die dem kommenden Ereignis vorauseilte.

      Als endlich die ersten Mooraugen zwischen den lichter werdenden Baumreihen auftauchten, fand Aigonn keinen Hinweis auf andere Menschen, wohin auch immer er spähte. Vorsichtig glitt er vom Rücken seines Pferdes. Sein ganzer Körper bebte, als wäre er den Weg zu Fuß hergesprintet. Die Anspannung schien ihn zerreißen zu wollen, doch alle Stimmen in seinem Kopf schrien auf einmal voller Eintracht danach, endlich neue Ruhe zu sammeln.

      Mit bedächtigen Schritten suchte Aigonn sich einen Weg durch das Wollgras. Die feinen Blüten streiften so leicht seine Hose, dass er die Berührung kaum spüren konnte. Trotz allem schien es ihm, als fühlte er den weichen Flaum wie warme Hände von Geistern an seinen Waden. Die Beklommenheit kehrte zurück, und machte ihm die Unwirklichkeit des Momentes bewusst. Der Höhepunkt des Sommers stand kurz bevor. Ganz ohne das Zutun der Menschen wurde die Grenze zwischen den Welten dünn. Die Geister und Seelen schienen das Spektakel bereits zu erwarten, das man ihnen für den heutigen Abend versprochen hatte. Aigonn glaubte, ihre feindseligen Blicke auf seiner Haut zu spüren. Sie entzogen sich seinen Sinnen, wichen ihm aus, als wüssten sie längst, dass er gekommen war, um den Eichenleuten Einhalt zu gebieten. Nur war nicht

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