Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle. Astrid Rauner

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Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle - Astrid Rauner Von keltischer Götterdämmerung

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      Abschied

      Irgendwo kamen Stimmen aus der Dunkelheit. Aigonn wollte sich umdrehen, sich auf das andere Ohr legen und sie damit zum Schweigen bringen. Doch er blieb ohne Erfolg. Erstickte, panische Schreie hallten in die Schwärze hinaus – ohne erkennbares Ziel, ohne Grund, aber mit einer Inbrunst, dass es schmerzte.

      Plötzlich schreckte die Wirklichkeit ihn aus dem Schlaf. Er wirbelte aus seinen Fellen, versuchte, sich auf die Beine zu rappeln, während er stolpernd aus seinem Schlaflager in den Raum hinausstürzte – bis er stehen blieb, um in die Realität zurückzufinden. Im ersten Moment war Aigonn vollkommen orientierungslos. Erschrocken starrte er in eine formlose Schwärze, die nur an einer einzigen Stelle durch ein rotes Glimmen durchdrungen wurde. Die Schreie hatten nicht aufgehört, kamen von irgendwoher und waren nun so nah, dass er selbst es hätte sein können.

      Heftig atmend zwang Aigonn sich dazu, innezuhalten und nachzudenken. Wo war er? Bei Aehrel! Dies war Aehrels Haus. Er stand neben seinem Schlaflager unweit der Feuerstelle – und die Person, die schrie, war seine Mutter.

      Ohne zu zögern, wirbelte er herum, stürzte in die Richtung, wo er das Schlaflager seiner Mutter vermutete. Es schepperte heftig, als er den Zwischenraum zwischen den Regalen verfehlte, Tontöpfe zu Boden fielen. Doch es war Aigonn egal. Nun, da sich seine Augen an das dämmrige Zwielicht gewöhnt hatten, erkannte er bald Moribes Gestalt. Sie lag starr am Boden, unfähig, sich zu bewegen, doch die Laute, die ihrem Mund entkamen, schienen in ihrer Gewalt nicht von dieser Welt zu kommen. Als versuchte irgendjemand, sie mit einem Messer zu schlachten, brüllte sie voller Schmerz ohne logischen Grund. Aigonn stürzte neben seiner Mutter auf die Knie, schlug ihr sacht auf die Wange, in der Hoffnung, ihr Bewusstsein ein Stück weit in die Realität zu holen. Doch er blieb ohne Erfolg.

      Die Anstrengung hatte Moribes Gesicht rot anlaufen lassen – dies erkannte Aigonn selbst in dem Halbdunkel. Sie hatte ihre Augen so weit aufgerissen, dass die Augäpfel aus ihren Höhlen zu fallen schienen. Eine unsägliche Angst hatte sich in sie eingebrannt. Nirgendwo war erkenntlich, was sie ausgelöst hatte. Aigonn starrte auf sie herab, mit aller Gewalt und aller Konzentration, getrieben von der Möglichkeit, vielleicht in ihren Kopf, ihre Gedanken sehen zu können. Doch dazu war er nicht in der Lage. Er konnte seiner Mutter nicht helfen. Mit nichts, nicht mit Schütteln, Rütteln, Ansprechen, Einreden. Sie war nicht mehr Teil dieser Welt, sondern schien mit jedem Augenblick mehr verloren zu gehen.

      „AEHREL!“

      Es kam keine Antwort aus der Dunkelheit, auch nicht, als er noch einmal nach seinem Onkel brüllte. Er war allein. Diese Tatsache fraß jegliche Hoffnung, die ihn standhaft gemacht hatte. Seine Hände zitterten, als hätte der Winter in diesem Haus Einzug gehalten. Er konnte nichts tun.

      Plötzlich kam Aigonn ein Gedanke. Ohne auf Funken zu achten, die wie ein Schneegestöber durch das Haus flogen, warf er zwei dürre, trockene Holzscheite auf die Feuerstelle, die augenblicklich aufloderten und ein wenig Helligkeit spendeten. Aehrel hatte sich von Rowilan zahlreiche Rezepturen für Kräuter- und Pflanzenmischungen geben lassen, die er noch immer in seinem Haus für Notfälle aufbewahrte – so hatte sein Onkel es Aigonn erzählt. Vielleicht würde es etwas geben, das wenigstens ihren Geist zur Ruhe bringen könnte – wenn es sie auch nicht zu ihm zurückbrachte.

      Kleidungsstücke, Werkzeug und Geschirr kullerten und flogen beiseite, bis Aigonn in der Unordnung von Aehrels Hausstand die begehrten Säckchen finden konnte, die alle mit unterschiedlichen getrockneten Pflanzen und Kräutern gefüllt waren. Seine Hände zitterten so stark, dass er den Inhalt des ersten Leinensäckchens beinahe verschüttet hätte, als er probeweise daran roch. Wiesenkräuter, mehr war nicht auszumachen. Die Mischungen rochen alle gleich. Doch im ersten Beutel konnte Aigonn undeutlich Blüten von Schafgarbe erkennen. Das würde ihm nicht weiterhelfen. Nachdem er das Säckchen wieder zugeschnürt hatte, ließ er es achtlos neben sich auf den Boden fallen und nahm sich das nächste. Königskerze, Salbei, weg damit!

      Das Geschrei ließ nicht nach und hatte allmählich in Aigonns Ohren zu dröhnen begonnen. Er konnte seine Hände nicht ruhig halten. Verzweiflung drängte sich in seinen Kopf. Er konnte ihr nicht helfen, nicht er. Aigonn sah schon gar nicht mehr hin, als er in ein Säckchen hineinfasste, das unter anderen Beuteln verborgen gelegen hatte.

      Der Inhalt glitt unbeachtet durch seine Finger – bis er stutzte und hinsah. Pilze waren im Schein des Herdfeuers zu erkennen. Durch das Trocknen waren sie eingeschrumpelt, doch es waren noch immer vereinzelte Punkte als Vertiefungen zu sehen. Mit gerunzelter Stirn roch Aigonn daran. Der Geruch war für ihn nichtssagend – und genauso gut wusste er, dass viele Pilze zum Heilen von Krankheiten verwendet wurden. Schleierhaft war ihm jedoch die Herkunft einiger eingetrockneter Kapseln, dick wie ein Daumen und mindestens halb so groß, die zwischen den Pilzen im Beutel lagen. Als Aigonn eine davon herausnahm, zerdrückte er sie versehentlich und erkannte in ihrem Inneren eine feste – vielleicht aber auch klebrige – pulverartige Struktur. Einen Herzschlag lang überlegte er, ob er die Substanz probieren sollte, doch er entschied sich dagegen, verschloss den Beutel wieder und ließ ihn skeptisch zu Boden sinken.

      Wenn Aehrel wieder hier sein würde – wo auch immer er war – wollte Aigonn seinen Onkel nach den seltsamen Kräutern fragen, die er aufbewahrte. Er selbst hatte noch nie gesehen, dass besagte Kapseln in irgendeiner Weise gegen Krankheiten oder Leiden verwendet wurden. Wenn Aigonn ehrlich war, hatte er überhaupt noch nie solche Kapseln gesehen – zumindest konnte er sich dessen im Moment nicht entsinnen.

      Die Schreie seiner Mutter erinnerten ihn daran, wonach er auf der Suche war. Für einen Moment überkam ihn Verzagtheit. Was konnte er allein schon ausrichten?

      Allein. Dieser Gedanke brachte ihm eine neue Idee. Er war vielleicht nicht dazu im Stande, aber Rowilan! Ohne den Kräuterbeuteln weitere Beachtung zu schenken, stieß Aigonn die Tür auf und rannte in die Dunkelheit hinaus.

      Es war tiefste Nacht. Wolken hielten das Licht des Mondes verborgen, sodass die Lichtfunken der wenigen, ausglühenden Herdfeuer wie Sterne in der schier undurchdringlichen Schwärze erschienen. Aigonn stolperte mehrfach, als er über die erdigen Wege hechtete und endlich nach einiger Zeit die Silhouette von Rowilans Haus in der Dunkelheit erkannte. Er hoffte zumindest, dass er sich nicht geirrt hatte.

      Ohne anzuklopfen, riss Aigonn die Tür auf – und blickte tatsächlich in das von einem Herdfeuer erleuchtete Haus des Schamanen. Dieser saß auf einem Rehfell, die Beine ineinander verschlungen und eine bronzene Kanne in den Armen, die er mit einem Lappen reinigte.

      Rowilan sah erstaunt auf, als er den unerwarteten Besucher bemerkte. Aigonn erkannte, dass der Schamane ihn soeben noch freundlich willkommen heißen wollte. Doch als diesem Aigonns panischer Gesichtsausdruck bewusst wurde, vergaß er jegliche Floskeln, sondern fragte direkt: „Was ist passiert?“

      „Meine Mutter … sie … ich weiß nicht, was mit ihr geschieht! Sie schreit, als ob man sie zu Tode hetzen würde, doch ich kann dir nicht sagen, was ihr fehlt. Ich … ich weiß nicht, was ich tun soll!“

      So behutsam wie möglich ließ Rowilan die Kanne auf das Fell gleiten, bevor er aufsprang und in die andere Seite seines Hauses eilte. Kurz darauf kam er mit gut und gern fünfzehn verschiedenen Tontöpfchen und kleinen Beuteln zurück, von denen er Aigonn die Hälfte in die Arme drückte und dann zügig sein Haus verließ.

      „Wo ist Aehrel? Ist er nicht zu Hause?“

      „Nein, Aehrel ist weg. Ich kann dir nicht sagen wohin.“

      Es war in der Dunkelheit nicht sichtbar, doch Aigonn war sich sicher, dass Rowilan die Stirn runzelte. Wie um seine Gedanken zu bekräftigen, murmelte er verständnislos: „Mitternacht müsste bald vorbei sein. Hat er nicht gesagt,

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