Herbstverwesung. Stefanie Randak

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Herbstverwesung - Stefanie Randak

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Side gibt es eigentlich nie Besucher.“

      „Weiß ich“, kicherte Eleonora. „Aber ich habe von dem Einbruch erfahren. Und dass ein Ring geklaut wurde. Das hat mich neugierig gemacht“, erklärte Eleonora.

      Richard nickte stumm. Passte es ihm nicht, dass Eleonora von dem Juwelenring wusste? Vorsichtig fuhr Eleonora fort: „Ich habe vor kurzem den Detective Frank Harris kennen gelernt… Es scheint mir, als ob er deine Mutter als verrückt abgestempelt hat und jetzt nichts mehr unternehmen will. Das finde ich nicht fair. Also bin ich selbst zum Schloss… Ich wollte einfach noch ein paar Dinge überprüfen, verstehst du?“ Eleonora hoffte, nicht zu aufdringlich zu klingen. Unsicher lächelte sie und malte mit einem Pommes Linien durchs Ketchup auf ihrem Teller.

      Richard schien sich mit dieser Antwort zufrieden zu geben. Entspannt zupfte er sein dunkelblaues Hemd zurecht. „Der Einbruch hat uns alle schockiert. Schon komisch, dass der Detective nichts weiter unternimmt. Der Ring ist schon seit mehreren Generationen in Familienbesitz… Ich hoffe sehr, dass er wieder auftaucht…“

      „Das kann ich gut verstehen. Dieser Frank Harris kam mir sowieso schon die ganze Zeit komisch vor“, lachte Eleonora und zuckte die Schultern. Doch sie wollte nicht vom Wesentlichen abkommen, sie hatte noch so viele Fragen an diesen Richard Walker.

      „Und wo leben deine Brüder? Und wie viele sind es?“, bohrte sie deshalb weiter. Gespannt legte sie ihr Sandwich auf den Teller. Sie brannte auf die Antwort. Ob die Gerüchte der sieben Söhne auf Red Side stimmten?

      „Ich habe sechs Brüder. Ich bin der Älteste. Und sie sind alle ausgezogen von zu Hause. Manche leben in London, manche sind weiter weggezogen. Momentan ist mein Bruder Moby in der Gegend, er möchte Mama besuchen. Ich komme gelegentlich vorbei. Aber meine Besuche verringern sich. Es ist nicht schön, zu sehen, wie es mit Mutter bergab geht.“ An den Gerüchten schien also doch etwas Wahres dran zu sein. Es gab tatsächlich sieben Söhne, die Misses Greenwood hatte. Und Richard war der Älteste. Doch man erzählte sich, dass die anderen sechs Söhne in einem Gefängnis auf Red Side versteckt gehalten werden. Eleonora rümpfte die Nase. Diese Schauergeschichten waren doch bestimmt nur erfunden worden, um Elisabeth Greenwood zu verspotten. Eleonora beschloss, Richards Erzählungen zu glauben.

      „Heute war ich nur kurz da, um mich zu vergewissern, dass sonst nichts von Red Side gestohlen wurde. Dass der Saphir Ring weg ist, ist schon ein Jammer. Das Ding ist so viel wert wie mein ganzes Apartment“, fuhr Richard fort und verzog den Mund. „Jetzt habe ich noch eine letzte Frage an dich, liebe Eleonora. Was schleppst du da mit dir rum?“ Er deutete auf die Schatulle. Die Schatulle, die mit Muscheln besetzt war und in der die grausige Mirabell lag. Eleonora schämte sich plötzlich sehr und hatte Angst, Richard die Wahrheit zu sagen. Ob sie lieber eine kleine Notlüge erfinden sollte, damit er sie nicht für gestört hielt? Eleonora holte tief Luft. Sie würde ihm die Wahrheit sagen. Immerhin war er auch ehrlich zu ihr und gab ihr alle Antworten, die sie wissen wollte. Richard war ein sympathischer Mann, der vertrauenswürdig zu sein schien.

      „Deine Mama sammelt Puppen“, begann sie.

      „Das weiß ich…“, Richard verzog das Gesicht. Er schien im Gegensatz zu seiner Mutter keine Leidenschaft für die Porzellanpuppen zu hegen.

      „Wie viele hat sie denn mittlerweile?“, fragte Richard besorgt. Er schien die Sammlung seiner Mutter offensichtlich gar nicht zu unterstützen.

      „Sieben. Eine hat sie immer mit dabei. Die, mit der blauen Schleife im Haar. Sie heißt Isabell. Sie sagt, es sei ihre Enkelin.“

      „Ich weiß. Die hat sie schon sehr lange. Aber früher waren es nur zwei. Isabell und Mirabell.“

      „Die Wahrheit ist… In der Schatulle da liegt Mirabell. Deine Mutter hat sie mir gegeben.“ Eleonora griff nach der Schatulle und legte sie auf den Tisch. Vorsichtig schob sie ihren Teller zur Seite, hob den Deckel der Schatulle. Vorsichtig warf Richard einen Blick hinein.

      „Igitt! Die hat ja der Teufel geholt“, lachte er. Doch dann verfinsterte sich sein Gesicht. „Diese Puppen haben meine Mutter wahnsinnig gemacht. Ich möchte ehrlich zu dir sein, Eleonora… Ich habe manchmal das Gefühl, dass mit denen irgendwas nicht stimmt. Gruselig, oder?“, sein Ton klang besorgniserregend. Sein Blick schien sich nicht mehr von dem kleinen Mädchen lösen zu können. Ihr Blick war starr nach oben gerichtet. Ihr Lächeln eingefroren, die Haut kalt wie Eis. Die leere Augenhöhle schien unendlich tief ins Innere ihres Kopfes zu gehen. „Ich weiß genau, was du meinst. Deine Mama sagt, sie werden nachts lebendig.“ Eleonora schluckte.

      „Na, dann würde ich die hier ganz schnell in den nächsten Müllcontainer schmeißen“, witzelte Richard und Eleonora musste mitlachen. Sie mochte Richards ironische, direkte Art und sie mochte es, dass er so offen und ehrlich mit ihr sprach. Eleonora legte vorsichtig den Deckel auf Mirabells Schatulle und ließ sie unter dem Esstisch verschwinden.

      Richard nahm einen großen Schluck von seinem Kaffee und sah auf seine protzige Armbanduhr. „So spät ist es schon? Liebste Eleonora, ich muss jetzt leider zu meiner Frau und zu meinen Kindern. Heute wollen wir nämlich einen Filmeabend machen und ich muss noch die Chips besorgen“, er stand auf und klaute sich noch ein Pommes vom Teller.

      „Kein Problem, danke dass du dir so viel Zeit genommen hast“, lächelte Eleonora.

      „Darf ich dich noch nach Hause bringen?“, fragte Richard. Eleonora sah aus dem Fenster. Draußen regnete es und es schien windig zu sein. „Das wäre nett“, antwortete sie deshalb. „Kein Problem. Und vergiss die Puppe nicht“, meinte Richard und deutete grinsend unter den Tisch.

      Dann fuhr er Eleonora in seinem kleinen Sportwagen durch den Londoner Regen nach Hause zu ihrer Wohnung, wo bestimmt Lorenzo schon auf sie wartete.

      „Liebste Eleonora, es war schön, dich kennen lernen zu dürfen. Ich wünschte nur, es wäre unter anderen Umständen passiert. Melde dich doch, wenn du mal wieder Lust hast, jemanden auszuquetschen“, zwinkerte er und gab ihr seine Visitenkarte.

      „Das mache ich bestimmt“, lachte Eleonora und stieg aus. Richard war ein richtiger Charmeur. Nicht zu aufdringlich, dennoch aufmerksam. Sie blieb so lange im Regen stehen, bis die roten Lichter des Sportwagens in der Dunkelheit verschwunden waren.

      Eleonora trottete die vielen Stufen nach oben in ihre Wohnung. Sie hatte den ganzen Nachmittag über im Cafe Fresh vergessen, dass sich in ihrer Manteltasche noch das Küchenmesser befand. Das Küchenmesser, und noch etwas. Der Schlüssel aus Misses Greenwoods Schlafzimmer, dessen Zugehörigkeit noch ein Geheimnis seiner Eigentümerin war. Die Wohnung war noch leer, Lorenzo war wie so oft noch nicht zu Hause. Eleonora war genervt. Bis er die Wohnung betreten würde, war sie vermutlich schon längst im Bett und schlief. Den mysteriösen Schlüssel würde sie erst einmal in der Manteltasche lassen. Lorenzo musste immerhin nicht alles wissen.

      „Und nun zu dir, Mirabell“, meinte Eleonora angeekelt und nahm die Schatulle. Wo sollte sie die nur hintun? In den Keller wollte sie jetzt auch nicht mehr, es war schon spät und es war dunkel. Dort unten gab es meist kein Licht und von dunklen Räumen hatte sie nach dem heutigen Tag wirklich mehr als genug. Sie ging ins Schlafzimmer und hob die Schatulle auf den Schrank. Lorenzo sollte nichts von der Puppe erfahren. Sie würde sie gleich morgen in den Keller hinunterbringen.

      Nach einer heißen Dusche, unter der Eleonora all die Geschehnisse des Tages noch einmal revue passieren ließ, schlüpfte sie todmüde ins Bett. Alleine, wie so oft. Er hätte wenigstens anrufen können. Oder eine kurze Nachricht schreiben können, dachte Eleonora wütend. Ihr Blick wanderte durch das Schlafzimmer. Immer, wenn Eleonora alleine einschlafen musste, zündete sie zuvor ein paar Kerzen an. Denn wenn es ganz dunkel war, konnte sie nicht einschlafen.

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