Der Bierzauberer. Günther Thömmes

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Der Bierzauberer - Günther Thömmes

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eigenes Vieh, Felder, ja sogar gutes, eigenes Bier habts dort.«

      Beim Wort ›Bier‹ merkte Niklas auf.

      Bei dem wenigen, das seine Eltern ihm gegenüber von Klöstern und Mönchen erwähnt hatten, war immer nur von Männern die Rede. Michael und Elisabeth waren fromme Leute, jedoch nur so fromm, wie das harte Leben es zuließ.

      Daher hatte Niklas auch nur die normale Alltagsfrömmigkeit erlebt, ein Gebet vor jeder Mahlzeit und vor dem Schlafengehen, sonntags die heilige Messe in der kleinen Dorfkirche und an hohen Feiertagen zusätzliche Gebete, diese allerdings verbunden mit dem besseren Essen.

      An Brautagen gab man ein Brot mit zum Kloster, das war die Regel. Darüber hinaus wurde zu Hause nie viel gesprochen, schon gar nicht über Klöster und Mönche.

      »Wer macht denn das Bier im Kloster?«, fragte er keck, »da gibts doch nur Männer. Und Brauen ist doch Weibersache.«

      Der Junge und sein Vater fingen an, laut zu lachen.

      »Die Mönche machen ihr Bier natürlich selber«, sagte der Vater, »und sogar ein sehr gutes dazu.«

      »Muss man Mönch sein, um im Kloster Bier zu machen?«, fragte Niklas, der sich durch das Lachen nicht verunsichern ließ.

      »Ja freilich, das ist ein Grund, warum viele Menschen ins Kloster gehen, nie mehr Hunger oder Durst haben, das ist doch schon was.«

      In diesem Moment fasste Niklas einen folgenschweren Entschluss.

      Dann war die Rast beendet, Vater und Sohn standen auf und machten Anstalten, weiterzuziehen. Niklas wünschte ihnen eine gute Reise und machte sich auf den Heimweg.

      Nachdem er fast zu Hause war, fiel ihm ein, dass er nicht mal die Namen des Jungen und seines Vaters wusste, die sein Leben so verändern sollten. Wie sehr sie es wirklich verändert hatten, wurde Niklas erst im Lauf der nächsten Jahre bewusst, sobald er gelegentlich an diesen Tag und diese zufällige Begegnung zurückdachte.

      Für den Rest des Tages war er nicht mehr ansprechbar. Ruhig und in Gedanken versunken erledigte er seine Arbeiten. Er wollte erst überlegen, wie er es seinen Eltern sagen sollte, nur nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.

      Wie der Vater des Jungen gesagt hatte, nahmen die Klöster nicht jeden. Und scheinbar dauerte es auch eine Weile. Aber bald wurde er zwölf, was tun? Viel Zeit blieb ihm nicht mehr.

      4

      Im zehnten und elften Jahrhundert gab es in Franken eine Reihe von Klostergründungen. Als Ableger eines größeren Klosters der Zisterzienser war im Jahre 1076 das Kloster Urbrach gegründet worden, hatte sich aber schnell eigenständig entwickelt. Durch den guten Ackerboden der Umgebung und die Umsicht der ersten Äbte wurde Urbrach sehr schnell sehr wohlhabend.

      Besonders bekannt waren die Weine des Klosters, die sich nicht nur bei allen Ordensbrüdern großer Beliebtheit erfreuten. Nachdem im Jahre 1185 der Grundstein zu einer großen Kapelle gelegt worden war, die später zu einer der größten frühgotischen Kirchenbauten überhaupt ausgebaut wurde, entwickelte sich Urbrach auch über die direkte Umgebung hinaus zu einem religiösen und wirtschaftlichen Mittelpunkt. Das erfolgreiche Kloster konnte es sich leisten, sich nur den besten, talentiertesten oder zahlungskräftigsten Nachwuchs auszusuchen.

      Bis jenseits von Nürnberg, sogar aus Regensburg, brachten die Väter ihre Söhne zur Erziehung nach Urbrach, immer mit der Gewissheit, dass es dem Jungen dort viel besser ergehen würde als dem Rest der Familie; zudem gab es dann einen Esser weniger im Haus.

      In der Tat war es so: Wer bereit war, sich dem unerbittlich exakten Tagesablauf des Klosters zu unterwerfen, das fromme und arbeitsame Leben eines Mönches zu führen und die Klosterdisziplin niemals infrage zu stellen, der durfte sich wenigstens einer Sache sicher sein: Nie mehr Hunger oder Durst zu leiden!

      Wenngleich Niklas’ Eltern niemals über das Mönchsleben Worte verloren hatten, so wussten sie doch darüber Bescheid.

      Insgeheim wünschten sie beide sogar, dass einer ihrer Jungen das Glück hätte, ins Kloster zu gehen. Da Niklas’ Schicksal als Ältester bereits vorherbestimmt war, galten diese Hoffnungen Matthias. Einfache Leute, die sie waren, hatten sie keine Hoffnung darauf. Gelegentlich ein Brot für die ganz Armen war bestimmt nicht genug, um eine solche Belohnung zu erhalten.

      Und zu mehr reichte es einfach nicht, das wussten beide, also sprachen sie nicht darüber. Niklas hatte sich einige Tage lang überlegt, wie er es am klügsten angehen sollte, kam jedoch auf keine Lösung. Da half ihm der Zufall: Der Abt von Urbrach war vor Kurzem verstorben.

      Dies allein sprach sich jedoch nicht herum bis zu dem zwei Tagereisen vom Kloster entfernten Hahnfurt. Erst als der neue Abt Kilian beschloss, zur Feier seiner Ernennung die Bruderschaft des Klosters Urbrach um 50 Novizen zu vergrößern und dies überall im Umkreis bekannt machte, wurde es auch in Hahnfurt zum Gesprächsthema. Niklas schnappte es auf der Straße auf, und abends sagte sogar der sonst so schweigsame Vater etwas zum Thema.

      »Wir sollten doch einmal versuchen, einen von unseren Buben nach Urbrach zu bringen.«

      Die daraufhin leuchtenden Augen von Niklas übersah er und fuhr fort:

      »Ich denke, dass der Matthias einen tüchtigen Mönch abgeben würde. Er kennt sich schon aus im Garten und Gartenarbeit ist im Kloster das Wichtigste. Der Niklas hilft mir dann auf dem Feld und Elisabeth, Ruth und Adelheid bewirtschaften den Garten mit dir. Bis wir sie verheiratet haben.«

      »Im Kloster wird aber auch Bier gemacht«, warf Niklas zaghaft ein, »bitte lass mich ins Kloster gehen, Vater!«

      Zuerst war Michael erzürnt über Niklas, dass er ihm vor der ganzen Familie widersprach. Er erinnerte ihn an seine Verantwortung, die er als Ältester für die Zukunft des Hofes trage. Dann sah er die Begeisterung in seinen Augen und versprach ihm:

      »Ich werde es mir überlegen.«

      Drei Wochen später war es tatsächlich so weit. Die Ernte war eingebracht und Michael konnte die Familie für ein paar Tage allein lassen. Der frühmorgendliche Abschied von der Mutter und den Geschwistern fiel überraschend schwer, obwohl alle annahmen, dass Niklas mit dem Vater wiederkäme. Niklas fühlte auf einmal zwei Seelen in seiner kleinen Brust. Neben dem unbändigen Verlangen danach, im Kloster Bier zu brauen, fühlte er doch so etwas wie Heimweh, obwohl sie noch nicht einmal abgereist waren. Was, wenn sie ihn im Kloster annehmen würden? Seine Sippe, seine Freunde, der kleine elterliche Hof in Hahnfurt wären dann außer Reichweite. Alles das, was bislang seine Welt war, sein kleiner, überschaubarer Niklas-Kosmos, wäre mit einem Mal verschwunden. Und mit einer Träne im Auge machte sich Niklas mit seinem Vater auf den Weg nach Urbrach.

      Sie gingen zügig, der Vater mochte den Hof nicht zu lange unbemannt lassen. Niklas hatte Mühe, mit dem Vater Schritt zu halten. Doch Aufregung und Vorfreude ließen ihn alle Anstrengung leichter ertragen. Die Wege waren gut ausgetreten, relativ sicher, und »uns armen Leuten kann man sowieso nichts rauben«, wie Michael mehrfach betonte. Sie übernachteten unterwegs in einer Scheune, ein Gasthaus konnten sie sich nicht leisten.

      Gegessen wurde, was Mutter ihnen mitgegeben hatte: Brot, Wurzelgemüse und Rüben. Wasser gab es in jedem Dorf, durch das sie wanderten. Es war teilweise abgestanden und brackig, also nahmen sie nur das Nötigste. Schon am Mittag des nächsten Tages standen sie an der Pforte des Klosters Urbrach. Sie baten um Einlass und erklärten ihr Anliegen, Niklas dem neuen Abt als Novizen anzubieten.

      Der

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