Der Bierzauberer. Günther Thömmes

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Der Bierzauberer - Günther Thömmes

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zur Seite stand der Prior Karlmann, der ihn in seiner Abwesenheit vertrat. Er leitete alle Übungen und Arbeiten der Mönche, nahm ihnen die Beichte ab, erlegte ihnen Bußen auf und überwachte die Einhaltung der Ordensvorschriften. Während alle Brüder untereinander sich mit ›Du‹ anredeten, gebrauchten sie Kilian und Karlmann gegenüber das ›Ihr‹.

      Dem Provinzenmeister war die Aufsicht über die neu eintretenden Klosterbrüder anvertraut, solange sie noch nicht das Mönchsgelübde abgelegt hatten.

      Der Sakristan oder Kustos hatte die äußere Ordnung des Gottesdienstes zu besorgen, zur Kirche zu läuten und alles, was zum Gottesdienst gehörte, wie Wachskerzen, Altarbekleidung, Abendmahlgeräte, in seine Obhut zu nehmen.

      Der Singmeister oder Kantor leitete den Gesang in der Kirche, überwachte das Abschreiben der Bücher und hielt die Bibliothek in Verwahrung. Er hatte die größten Ohren, die Niklas jemals gesehen hatte.

      Der Kellermeister Otto und Niklas’ Lehrmeister, der Brauer Thomas, waren wichtige Persönlichkeiten im Kloster und hatten mehrere Gehilfen zur Besorgung ihrer umfangreichen Ämter unter sich. Unter Ottos Aufsicht standen die Ackerhöfe des Klosters; er sorgte dafür, dass die nötigen Vorräte in die Küche und in den Keller geschafft wurden und führte die Schlüssel zu den Vorratsräumen. Sowohl Otto als auch Thomas sah man an, dass sie die geistigen Getränke verwalteten. Beide trugen einen Kugelbauch vor sich her, die roten Knollennasen und die Tonsur ließen die Männer als gemütliche, fröhliche Naturen erscheinen. Otto schien ein paar Jahre älter zu sein als Thomas, dafür war Thomas der Größere von beiden.

      Der Leiter der Backstube, Ansgar, war Otto untergeordnet.

      Der Bruder Pförtner saß am Eingang des Klosters in einer besonderen Zelle. Wenn ein Fremder Einlass begehrte, meldete er ihn beim Abt und führte ihn nach erteilter Erlaubnis hinein. Die Klöster boten Pilgern und Reisenden gern gastfreundliche Herberge. An vorbeikommende Arme verteilte der Pförtner Brot und Reste vom Tisch. Amtspersonen untergeordneter Art waren der Kleidermeister, der die Schneider, Schuhmacher, Gerber und Weber beaufsichtigte, der Werkmeister, der den Bauleuten vorgesetzt war, und der Siechenmeister, der die Aufsicht über das Krankenhaus führte.

      Niklas lernte unter Anleitung seiner Mitbrüder lesen und schreiben und dazu das unentbehrliche Latein. Er war so beschäftigt, dass er überhaupt nicht an Hahnfurt dachte und daran, dass er unter Umständen jahrelang nicht mehr nach Hause kommen würde.

      Er wurde unterwiesen in Disziplin, Zucht und Bescheidenheit. Wer damit nicht zurechtkam, dem drohte die Klosterordnung mit schweren Strafen. Fasten, Ausschluss vom Gottesdienst, Kasteiung bis aufs Blut, mitunter sogar Verurteilung zum Hungertod und zur Einmauerung waren Strafen für Mönche, die sich Vergehen zuschulden kommen ließen.

      Diese drakonischen Strafen wurden äußerst selten exekutiert und dienten mehr der Stärkung der Disziplin durch Abschreckung.

      Die Novizenzeit dauerte ein ganzes Jahr lang, doch durften und mussten die Novizen schon bald wie die anderen Mönche leben und mitarbeiten. Nur trugen sie nicht die Ordenstracht. Bewährten sie sich, so erfolgte die Einkleidung als Klosterbruder. Nach dem Schwören des Ordensgelübdes wurde ihnen das Haar geschoren, das Novizenkleid abgenommen und die Mönchskutte angezogen.

      Nach diesem Jahr gehörte Niklas ganz dem Kloster.

      Das Leben im Kloster machte ihm Freude. Die Brüder waren ein bunter Haufen. Manche waren als Findelkinder vor der Tür gefunden worden, andere kamen aus gutem Hause, waren jedoch nur Zweit- oder gar Drittgeborene. Einige wurden als Waisen aufgenommen, andere wiederum aufgrund ihres hellwachen Verstandes.

      Niklas durfte nicht gleich vom ersten Tag an mit Thomas in der Brauerei arbeiten. Er wurde zuerst einmal zwei Wochen lang zusammen mit drei anderen Anwärtern im Gästehaus einquartiert. Während dieser Zeit wurden sie geprüft, ob ihre Motive, Absichten und Zukunftspläne zum Mönch passten. Abt Kilian hatte Thomas einmal erzählt, wie viele unglücklich verliebte Männer sich zum Kloster berufen fühlen würden, dies jedoch immer nur für eine kurze Zeit.

      »Sobald der Weltschmerz vorbei ist, wollen sie wieder gehen. Deswegen akzeptieren wir grundsätzlich keine Anwärter mit Liebeskummer mehr«, erzählte er Niklas später lachend weiter.

      Nach zwei Wochen zog Niklas um ins Novizenquartier. Dort blieb er zwei Monate unter Aufsicht eines alten, grantigen Provinzenmeisters, der nicht nur entsetzlich aus dem Mund stank, sondern auch immer eine Fahne säuerlichen Schweißes hinter sich herzog. Dieser las mit ihm jeden Abend die Klosterregeln, bis er sie auswendig konnte. Er schätzte diese Zeit nicht, wollte er doch an den Braukessel.

      Die Vorfreude darauf machte ihm vieles leichter.

      Er war froh, dass ihn der stinkende Bruder ansonsten in Ruhe ließ, hatte er immerhin von anderen Anwärtern schon über unsittliche und widernatürliche Versuche älterer Brüder gehört. Und trotz harter Strafen bis hin zum Auspeitschen gab es immer wieder Vorfälle.

      Und eines Tages waren auch diese zwei Monate um und Bruder Thomas holte ihn ab, um ihm sein neues Reich zu zeigen.

      Ab sofort trug er eine Art Tunika aus Leinen oder Wolle, darüber einen Schulterumhang. Für die Arbeit draußen gab es lange Mäntel aus haarigem Stoff mit Kapuze, die schützten sowohl gegen Kälte als auch gegen Sonne. Weiterhin erhielt er zwei Hemden, Strümpfe, Gamaschen und Pantoffeln und für den Winter ein Schaffell.

      2

      Vorbei war ab jetzt die Zeit, in der ein Brautag ein außergewöhnliches Ereignis war. Die Brüder im Kloster waren durstig und Bier war ihr hauptsächlicher Durstlöscher. Dreimal in der Woche wurde hier gebraut und an den anderen Tagen musste Niklas sauber machen oder die Vorräte auffüllen.

      Und als wäre dies alles nicht genug, wurde er zudem regelmäßig zur Aushilfe zu anderen Brüdern geschickt.

      Unter anderem erfuhr er etwas über die verschiedenen Zeiten für die Aussaat von Getreide. Sein Vater hatte eigentlich Jahr für Jahr das gleiche Getreide angebaut und ein Drittel des Ackers immer brach liegen lassen. Hier lernte er, dass es sowohl Sommergetreide als auch Wintergetreide gab.

      Im Frühjahr säte man aus, was als Pferdefutter und zur Bierherstellung verwendet wurde: Hafer und Gerste vor allem.

      Und im Herbst säten die Brüder Roggen und Weizen, das waren die ›Brotsorten‹.

      Nebenbei wurden kleinere Mengen Hirse und Emmer angebaut.

      Die wenigen Male, die er mit draußen auf den Feldern war, dachte Niklas an zu Hause und er wurde etwas wehmütig. Aber das ging schnell vorbei.

      Denn er hatte es gut getroffen. Bruder Thomas war ein erfahrener Brauer und zudem ein gemütvoller, demütiger Mensch. Er wurde selten wütend, sogar wenn Niklas einen groben Fehler machte. Gleichzeitig zeigte er Niklas eine ganze Menge Tricks und Kniffe, auf die er niemals von allein gekommen wäre.

      Er kannte verschiedene einfache Handgriffe, mit denen man über einen Hebel einen Bottich in einen anderen ausleeren konnte, sodass es fast keine Arbeit war.

      Er verwendete mehr verschiedene Kräuter als seine Mutter und wusste auch besser über deren Wirkungen Bescheid.

      Zuweilen zeigte er ihm einige Kräuter etwas genauer und sagte Sachen wie:

      »Dies wird Wermut genannt; wenn du es dem Bier beigibst, tötet es Würmer, vertreibt die Verstopfung, stärkt den Magen und bekämpft Gelbsucht und Wassersucht. Und schlafen kann

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