Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner Toni der Hüttenwirt Paket

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auf der sich für ihn so viel entscheiden würde. Er war besessen, Claire endgültig zu erobern.

      Als Fabian in den frühen Morgenstunden in seine hochmoderne Penthouse-Eigentumswohnung am Main-Kai zurückkehrte, ging er nicht sofort schlafen. Er setzte sich an sein Notebook und arbeitete sich die Routen aus. Danach machte sich ein tiefes befriedigendes Gefühl in ihm breit. Er hatte einen Schleichweg entdeckt. Die Regeln sahen vor, dass die Teilnehmer des Rennens jeden Tag die Entfernung zum nächsten abendlichen Boxenstopp zurücklegen mussten. Entscheidend war, wer dort zuerst ankam.

      Jeder konnte sich seine Strecke selbst aussuchen. Es war gleich, auf welchen Straßen er das Ziel erreichen würde.

      Fabian rieb sich die Hände. Er zog an seiner teuren Zigarillo und blies genüsslich den Rauch aus.

      »Ich werde siegen!«, sagte er laut vor sich hin.

      Dabei ballte er zur Bekräftigung die Faust. Fabian hatte keinen Zweifel. Sicher war die von ihm ausgearbeitete Strecke riskant. Aber was war im Leben schon ohne Risiko? In seinem Beruf ging er jeden Tag große Risiken ein, und immer war es gut gegangen. Ich bin eben der Siegertyp, dachte er.

      Fabian trank den Cognac aus und ging schlafen. Draußen stieg die Sonne über der langsam erwachenden Stadt auf. Die Wellen auf dem Main glänzten silbern. Vom silbernen Glanz überstrahlt waren auch Fabians Gedanken, die er mit hi­nüber in den Schlaf nahm. In einem Arm hielt er den silbernen Pokal, im anderen Arm Claire.

      *

      Zehn Tage waren vergangen. Alexandra hatte sich eingelebt. Jeden Morgen stand sie bei Sonnenaufgang auf. Dann trat sie vor ihre Almhütte, denn sie hatte sie gekauft. Sie streckte die Arme in den Morgenhimmel und atmete die klare Luft tief ein. Dann rannte sie barfuß über die Almwiesen und genoss die Feuchtigkeit des Morgentaus auf den Gräsern.

      Es hatte sich so ergeben, dass Alex jeden Morgen auf der Oberländer Alm bei Hilda und Wenzel Oberländer frühstückte. Alexandra mochte das alte Ehepaar sehr, und die beiden Alten genossen es, so eine nette Gesellschaft zu haben. Nach dem Frühstück half Alexan­dra meistens Hilda das Geschirr zu spülen und schaute ihr zu, wie sie die Milch zu Käse verarbeitete. Am besten gefiel Alexandra, dass Hilda und Wenzel so wenig sprachen, wenn sie einer Tätigkeit nachgingen. Sie verrichteten einfach ihre Arbeit. Das machten sie mit einer Hingabe und Intensität, die Alexandra berührte. Meistens saß sie dabei, ihren Skizzenblock auf dem Schoß und zeichnete: Hilda, mit ihrem gebeugten Rücken, das Kopftuch im Nacken gebunden, die geblümte Schürze über dem dunklen Dirndlkleid, das war das wunderschöne Bild einer in sich ruhenden, sehr zufriedenen Frau.

      Später saß Alexandra unter dem vorgezogenen Dach an der Staffelei und malte. Dabei lief leise im Hintergrund ihr CD-Player. Er wurde mit Batterien betrieben, denn auf Alexandras Almhütte gab es keinen Stromanschluss, genau wie auf Tonis Berghütte. Alexandra hatte sich überlegt, ob sie sich einen kleinen Generator kaufen sollte. Auf der Berghütte gab es einen Generator. Den warf Toni nur an, wenn Anna die Waschmaschine anstellen wollte oder wenn ein Handy aufgeladen werden musste. Die ersten Abende, die Alexandra bei den Freunden auf der Berghütte verbracht hatte, waren ihr etwas altmodisch vorgekommen, doch bald hatte sie die versteckte Lebensqualität in dieser traditionellen Einfachheit entdeckt. So hatte sich Alexandra entschlossen, auf ihrer Almhütte die Technik weitgehend auszusperren. Technik habe ich in New York genug, dachte sie. Hier kann ich einen einfachen und schlichten Lebensstil pflegen. Bald hatte Alexandra Routine im Anzünden des alten Küchenofens in der Almhütte, auf dem sie Tee- und Kaffeewasser erhitzte und kochte. Hilda Oberländer hatte ihr gezeigt, wie man in der Röhre des alten Ofens Kuchen backen konnte. Von Anna hatte Alexandra das Brotbacken gelernt.

      Alexandra spürte, wie aus diesen einfachen Tätigkeiten ihr Kraft zufloss, die ihre Malerei wieder beflügelte. Das Malen ging ihr so gut von der Hand wie schon lange nicht mehr. Fast jeden Tag entstand ein neues Bild, einmal in Öl, dann wieder in Aquarellfarben oder in Kreide.

      Alexandra bewahrte die Bilder in einem der hinteren Räume der Almhütte auf, die vorher wohl so etwas wie eine Vorratskammer oder Käsekammer gewesen war. Außer diesem Raum gab es einen großen Wohn-, Küchen- und Arbeitsraum und eine kleine Kammer mit einem Bett, einen zweitürigen Schrank, einem Stuhl und einer Ecke mit einem Heiligenwinkel. Darin schlief Alexandra.

      Anna besuchte die Freundin, die um einige Jahre jünger war, fast jeden zweiten Tag. Anna hatte ihr geholfen die Almhütte zu säubern. Gemeinsam hatten sie neue Gardinen an den kleinen Fenstern aufgehängt. Auf Annas Anregung hin hatte Alexandra begonnen, die wenigen Kammertüren zu bemalen, ebenso wie die einfachen Holzmöbel. Jeden Tag nahm sich Alexandra ein anderes Stück vor, mal war es die Sitzfläche eines Hockers, mal war es eine Schublade der alten Kommode oder die Kante eines Wandregals.

      Diese Malerei machte Alexandra viel Freude. Sie hatte das Gefühl, dass sie dabei mit dem Geist der Berge verschmolz. Immer öfter dachte sie daran, ihr Studio in New York ganz aufzugeben. Ihren Kunstagenten konnte sie beibehalten. Wenn sie ihn besuchen musste oder bei einer Ausstellung ihre Anwesenheit erforderlich war, dann könnte sie bei Bekannten wohnen oder in einem Hotel. Der Gedanke reizte Alexandra immer mehr. Aber der Sommer war noch lang, und sie wusste, dass sie sich mit dieser Entscheidung Zeit lassen konnte.

      Die Abende waren für Alexandra etwas ganz Besonderes. Wenn sie nicht auf der Berghütte war, dann saß sie vor ihrer Hütte und ließ den Sonnenuntergang auf sich wirken. Sie trank die Farben, in denen die Berge im Abendlicht leuchteten. Sie sah, wie die Schatten aus dem Tal immer höher krochen, bis sie schließlich die Gipfel mit ihrer Dunkelheit verschlangen und nur im Westen am Himmel noch ein zartes Rosa zu sehen war. Alexandra blieb meistens lange auf. Sie lauschte den Geräuschen der Nacht, den Melo­dien der Berge, wie sie es nannte. Da war eine tiefe Stille, die jedes Geräusch verstärkte und wiedergab, auch wenn es noch so weit entfernt war. Wenn der Wind günstig stand, hörte sie gelegentlich sogar die Musik von der Berghütte, wenn der alten Alois auf seiner Ziehharmonika spielte. Dann wehten leise Klänge über das Tal und mischten sich mit den Tönen der Natur. Da war ein gelegentliches Knacken der Felswände. Manchmal hörte man, wie irgendwo ein Steinschlag abging. Aber am schönsten war, wenn die Kirchturmuhr die Mitternachtsstunde verkündete. Dann hingen die Töne der Glockenschläge über dem Tal. Es dauerte lange, bis sie verklungen waren und das Echo nicht mehr zurückkam. Alexandra kam es dann jedes Mal so vor, als wollten die Glockenschläge die Menschen daran erinnern, dass oben im Himmel jemand über sie wachte. Alexandra kannte die Geschichten über die Engel auf dem »Engelssteig«. Anna hatte in ihren Briefen davon geschrieben. Wenn sie in der Nacht die Glocken schlagen hörte, dachte sie daran und lächelte still vor sich hin. Vielleicht sollte ich auch einmal mit den Engeln reden, überlegte Alexandra schon mehrere Tage. Wenn es stimmt, was die alten Sagen und Legenden berichten, dann könnte ich die Engel bitten, mir die wahre Liebe zu senden. Jemand, der mich liebt, der fehlt mir, ansonsten bin ich glücklich. Doch das Leben ist einsam. Es wäre schöner, es mit jemandem zu teilen, mit einem liebenden Herz.

      Eines Abends, es war schon fast dunkel, hörte Alexandra ein Brummen. Zuerst war es ganz leise, dann wurde es immer lauter. Es war ihr, als käme das Geräusch, das seine Klangfarbe mehrmals wechselte, immer näher. Alexandra empfand es als störend. Es war ein fremdes Geräusch. Was kann es nur sein? Sie überlegte und hörte genau hin. Das fremde aufdringliche Geräusch kam näher.

      Es war das Geräusch eines Autos.

      »Wer fährt da mitten in den Bergen herum?« sagte sie leise vor sich hin. »Noch dazu bei Nacht!«

      Es hatte am Abend geregnet. Der Himmel öffnete in Abständen immer wieder die Schleusen. Es fiel dann ein kurzer und heftiger Regen. Alexandra stand auf, ging einige Schritte vor der Almhütte auf und ab und lauschte. Viel konnte sie nicht sehen. Wolken verdeckten das sonst so hell scheinende Mondlicht.

      Dann erkannte sie oberhalb auf dem Milchpfad

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