Drachensonne. Thomas Strehl
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Читать онлайн книгу Drachensonne - Thomas Strehl страница 15
Dann reichte sie dem verdutzten jungen Mann den Wasserschlauch und die Tasche.
»Ich lenke die Wachen ab, und du kannst Haus und Dorf verlassen«, hauchte sie.
Noch einmal drückte sie ihn. »Sei wachsam und passe auf dich auf«, sagte sie zum Abschied und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. »Ich weiß, du wirst uns nicht enttäuschen.«
Dann schlüpfte sie, ohne ein Wort ihres Sohnes abzuwarten, aus der Hütte.
Jonaas blieb, den Kopf voll wirrer Gedanken, ein Bündel mit Erinnerungen an seinen unbekannten Vater tragend, im Dunkel zurück und wartete ab, was als Nächstes geschah.
Es dauerte nur einige Minuten, bis Jonaas an der Ostseite des Dorfes laute Rufe vernahm.
Er warf einen vorsichtigen Blick aus dem Fenster und sah Fackeln durch die Nacht zucken.
Alles, was Beine hatte und zur Wache eingeteilt war, lief in die Richtung, aus welcher der Lärm kam.
Der Mann, der eigentlich vor ihrer Hütte hätte stehen sollen, war ebenfalls nirgendwo zu sehen.
Toll, dachte Jonaas. Und mir macht man Vorwürfe, ich hätte meine Wachen nicht ernst genug genommen.
Was, wenn im Osten nur ein Ablenkungsmanöver stattfand und der eigentliche Angriff aus einer ganz anderen Richtung kam?
Die friedliche Dorfbevölkerung war mit der neuen Situation völlig überfordert. Nur gut, dass es keinen richtigen Angriff gab und nur seine Mutter irgendwie dieses heillose Durcheinander angerichtet hatte.
Er wusste nicht, wie sie es geschafft hatte, ahnte aber, dass es ihr kein zweites Mal gelingen würde.
Er musste die Chance nutzen, die sie ihm eröffnet hatte. Musste jetzt reagieren, in der kurzen Zeit, die ihm blieb.
Jonaas öffnete vorsichtig die Tür, streckte den Kopf heraus und sondierte die Gegend.
In seiner unmittelbaren Umgebung waren keine Fackelträger zu sehen.
Alles war dunkel und ruhig.
Die Rufe und die Aufregung waren einige hundert Meter entfernt.
Der Junge sprang aus dem Haus und sprintete, jede Deckung nutzend, die sich ihm bot, zu den Stallungen.
Jetzt, da er sowieso flüchtete, würde es auch nichts mehr ausmachen, wenn er sich ein Pferd ausborgte.
Seine Mutter und er hatten kein eigenes Tier, trotzdem war Jonaas ein ausgezeichneter Reiter. Schon oft hatte er draußen bei der Feldarbeit, beim Pflügen geholfen und fühlte sich im Sattel eines Pferdes wohl und sicher.
Er wusste auch schon genau, welches Tier er nehmen würde, die Fuchsstute des Schmieds würde ihm mit ihrem ruhigen, sicheren Tritt die Reise sehr erleichtern.
Jonaas bog um die Ecke der Schmiede, hinter der die Stallungen für alle Reittiere der Gemeinschaft lagen, und stoppte abrupt seinen Lauf.
Im letzten Moment sah er die Gestalten, und er schaffte es gerade noch, sich in den Schatten der Wand zu ducken.
Der Junge fluchte leise. Ausgerechnet die Wachen vor dem Stalltor hatten ihre Position nicht aufgegeben. Sie saßen mit überkreuzten Beinen vor der großen Tür, der eine rechts, der andere links, unterhielten sich leise und verfolgten neugierig das Geschehen um sich herum.
Für einen winzigen Augenblick überlegte Jonaas, ob er die beiden irgendwie weglocken konnte, doch er verwarf den Gedanken sofort, als er die Gesichter der beiden erkannte.
Es waren Telfte, der Schmied, und Zack, der Gehilfe des Rinderhirten Brom. Beide groß und kräftig, und Jonaas musste erkennen, dass er sich den Pferdediebstahl abschminken konnte.
Die Gefahr war zu groß, entdeckt und gefangen genommen zu werden, und noch einmal würden sie es ihm nicht gestatten, ihrer Obhut zu entkommen.
Nein, er musste aus dem Dorf verschwinden, denn eine zweite Chance zur Flucht würde es nicht geben.
Wenn er wirklich die Gemeinschaft verlassen wollte, um den Schwarzen und das Feuer auf eigene Faust zu suchen, dann musste das jetzt geschehen.
Auch wenn die Flucht und die anschließende Verfolgung ohne ein passendes Reittier schier aussichtslos werden würde.
Jonaas wandte sich ab und lief in entgegengesetzter Richtung an den Häusern vorbei. Hier und da wurde in den Räumlichkeiten eine Fackel entzündet, denn die Rufe der Wachen hatten einige Dorfbewohner geweckt.
Der Junge duckte sich in den Schatten, hastete von Hütte zu Hütte, flankte dann über den niedrigen Bretterzaun, der die Weiden eingrenzte, und lief an verschlafen blickenden Kühen vorbei in den Wald.
Nur für Sekunden drehte er sich um, um einen Blick zurück zu werfen, doch noch immer richtete sich das Augenmerk der Wachen Richtung Osten. Niemand hatte sein Verschwinden bemerkt.
Der Junge atmete noch einmal tief durch, dann wandte er sich um und lief durch den Wald.
Er hatte keine Chance, zu Fuß den Schwarzen oder auch nur Talkien und Swon einzuholen, trotzdem lief er, bis ihn seine Kräfte verließen.
Was machst du eigentlich hier?, fragte er sich mehr als einmal. Du rennst wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Nacht, ohne Plan, ohne Sinn.
Doch das stimmte nur zum Teil, denn er orientierte sich an den Sternen, die hier und da durch das dichte Blattwerk des Waldes zu sehen waren.
Und er lenkte seine Schritte in eine bestimmte Richtung. Eine Richtung, die auch Talkien und Swon eingeschlagen hatten.
Der Weg führte nach Kandelar, der roten Stadt.
Fay betrat nur Augenblicke später keuchend ihre Hütte.
Sie grinste, als sie sich daran erinnerte, wie leicht es gewesen war, die Wachen zu erschrecken.
Eigentlich hatte sie nur ein paar Steine geworfen und dann einen lauten Schrei ausgestoßen.
Schon waren alle auf den Beinen.
Sie hatte dann nur noch einen weiten Bogen durch den Wald geschlagen und war nun, völlig unbemerkt vom Tumult an der Ostseite, nach Hause zurückgekehrt.
Immer noch lächelnd legte sie sich ins Bett und fiel in einen traumlosen Schlaf.
Sie ruhte tief und fest, als Fraam sie am anderen Morgen aus dem Bett holte.
»Wo ist dein Junge?«, fragte er unwirsch.
Fay rieb sich die Augen. »In seinem Bett vermutlich«, sagte sie, doch der Älteste glaubte ihr nicht.
»Du