Eight Ball Boogie. Declan Burke
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»Technisch betrachtet könnte ich drauf scheißen.«
Er beugte sich so weit vor, bis sein Gesicht direkt vor meinem war, und tippte sich mit dem Daumen gegen die Brust. Sein Atem stank noch genauso wie zu dem Zeitpunkt, als er mich von Sheridans Grundstück gejagt hatte, und er schwitzte wie ein alter Käse. »Detective Brady. Sie, ich, kleine Unterhaltung.«
»Aber gerne doch. Man hat ja kaum noch Gelegenheit dazu heutzutage.«
Er hockte sich auf den Schreibtischrand und streckte das Kinn vor. Eine überflüssige Geste, sein Kinn hing praktisch schon aus dem Fenster und wartete auf eine Lücke im Verkehr.
»Amtsanmaßung bringt locker fünf bis zehn Jahre Knast. Die gebrochenen Unterarme gibt’s auf Wunsch dazu. Sagen Sie mir einen Grund, warum ich Sie nicht sofort einbuchten soll.«
»Ich habe nicht die leiseste Idee, wovon Sie sprechen.«
»Joan Hunter. Tony Sheridans ehemalige Geliebte. Sie haben sich heute Morgen ihr gegenüber als Polizist ausgegeben.«
»Blödsinn.«
»Sie schwört, dass es so war.«
»Dann leistet sie einen Meineid.« Ich deutete zum Schriftzug an der Tür. »Das hier ist ein Büro für Ermittlungen. Wir stellen Nachforschungen an. Ist doch nicht mein Fehler, wenn Sie falsche Schlüsse ziehen.«
Er grinste wieder, aber nicht so wie einer, dem gerade eine witzige Entgegnung eingefallen ist.
»Sie sind ein ganz Schlauer, was? Ich mag Schlauberger, die können nicht so schnell rennen.« Er kratzte sich die Stoppeln. »Was hat sie Ihnen erzählt?«
»Nichts, was Sie nicht schon wüssten.«
»Sagen Sie es mir trotzdem.«
»Nein.«
Er dachte darüber nach und ließ es so stehen.
»Sie sind doch der Schmierfink, der heute vor Tony Sheridans Haus aufgekreuzt ist.«
»Genau der.«
»Für wen arbeiten Sie?«
»Nicht dass es Sie irgendwas anginge, aber ich bin auch noch freier Journalist.«
»Passen Sie mal auf, Rigby. Erstens geht mich alles etwas an. Zweitens, wenn Sie mir noch mal komisch kommen, dann können Sie sich in drei Mülltüten verpackt hier raustragen lassen. Und drittens, was immer Sie heute Morgen in Erfahrung gebracht haben, ist null und nichtig. Die Information hat nie existiert. Sie haben bereits wieder alles vergessen, was Sie gesehen und gehört haben.«
»Und wenn Sie mit dem Finger schnippen, quake ich wie eine Ente.«
Er spreizte die Finger und grinste hinterhältig wie ein Fuchs, der ein Kaninchen in die Enge getrieben hat. Ich spannte die Muskeln an, falls es was zu parieren gäbe. Er sagte: »Haben Sie mal was vom Official Secrets Act gehört?«
»Na klar, Schutz von Staatsgeheimnissen, steht in diesem Buch, gleich hinter dem Gesetz über die Auskunftspflicht öffentlicher Einrichtungen.«
Ich hatte es nicht mal kommen sehen. Eben noch saß Brady gemütlich auf meiner Schreibtischkante, im nächsten Moment war die Welt eine einzige Faust. Seine riesige Pranke stoppte ungefähr vier Millimeter vor meinem Gesicht. Sie zitterte kein bisschen und sah hart aus wie Granit.
»Noch einen blöden Spruch. Nur einen noch. Bitte.«
Ich blieb stumm. Die Faust verschwand. Brady setzte sich wieder und zündete sich eine Zigarette an.
»Na schön – und nun zu den Regeln, nach denen wir spielen werden. Ich möchte, dass Sie …«
In diesem Moment sprang ich auf, hob den Tisch an, kippte ihn nach vorn, und Brady verschwand darunter. Er kam ganz schnell wieder hoch, die Fäuste geballt, mit hochrotem Kopf. Ich stand starr und verängstigt da. Er trat vor, duckte sich, und ich war auf alles gefasst – aber er tänzelte zur Seite, deutete einen Aufwärtshaken an und brach in lautes Lachen aus.
»Schon gut, Rigby, setzen Sie sich. Die Show ist vorbei.«
Ich setzte mich auf den Stuhl und er stellte den Tisch wieder auf, mit einer Hand.
»Sie geben nicht klein bei, Rigby. Das respektiere ich. Also – ich möchte Sie nicht ausbooten, aber was sollen wir tun? Ihre Informationen sind wertlos, Sie können sie nirgendwo unterbringen, ohne zehn Jahre Knast zu riskieren.«
»Warum denn?«
»Dazu kann ich nichts sagen, Rigby. Es ist eine Nummer zu groß. In dieser Liga spielen Sie nicht.«
»Also ist Sheridan erledigt?«
»Welcher Sheridan?«
Wir saßen da und rauchten. Brady grinste vor sich hin.
»Jetzt passen Sie mal auf, Brady. Tony Sheridans Haus wird zum Schlachthaus, das ist eine Superstory. Hinzu kommt, dass jemand versucht hat, es wie einen Selbstmord aussehen zu lassen und außerdem ein bisschen Koks verstreut hat. Und währenddessen ist Tony außer Haus und vögelt wahrscheinlich gerade eine andere. Wenn man das alles zusammenzählt, wird eine Riesensache daraus. Und Sie verlangen von mir, dass ich ganz einfach nichts tue? Das wäre doch unmoralisch und verbrecherisch dumm, und so verbrecherisch dumm bin ich nicht.«
Er kniff die Augen zusammen. Ich blinzelte kein einziges Mal.
»Okay, dann mache ich Ihnen einen Vorschlag. Die Sache ist so riesig, wie Sie es sich gar nicht vorstellen können. Aber ich bin bereit, mit Ihnen zu kooperieren und Sie auf dem Laufenden zu halten. Wenn wir es dann unter Dach und Fach haben, kriegen Sie alles frei Haus, die Berichte, die Gutachten der Gerichtsmedizin, alles.«
»Ach richtig, ich hatte es nur gerade vergessen. Ich bin wirklich verbrecherisch dumm.«
Er zuckte mit den Schultern.
»Ja, klar, ich bin ein Bulle, aber Sie können mir vertrauen. Wenn ich diesen Fall löse, will ich sämtliche Hintergründe ausleuchten und alles vor Gericht zerren.«
»Damit es dort begraben wird?«
Er überging diese Bemerkung.
»Ich servier Ihnen den ganzen Mist auf dem Silbertablett, Rigby, mit Kusshand. Sie tun mir einen Gefallen, und ich helfe Ihnen nachher, das Puzzle zusammenzusetzen. Bis dahin ist es meine persönliche Angelegenheit.«
»Imelda Sheridan ist Ihre persönliche Angelegenheit?«
»Indirekt. Sie müssen nur ein wenig Geduld haben.«
Ich wog Vor- und Nachteile ab und warf auch Herbie in die Waagschale. Das schnelle Geld sagte mir, komm jetzt gleich groß raus damit, aber die Story sagte, scheiß auf das Geld, und ich höre immer auf die Story. Abgesehen davon hatte Brady noch einige Asse im Ärmel und war mit seinen eins neunzig nicht so leicht umzuwerfen. Ich drehte mir eine Fluppe.
»Wie kann ich Ihnen denn einen Gefallen tun?«
»Ihre