Das abenteuerliche Karaganda. Claus Bork

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Das abenteuerliche Karaganda - Claus Bork

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er war immer noch am Leben.

      6. Kapitel

       Es gab seit der Bildung der Gemeinschaft mannigfaltige Mythen um das, was man die Gunst und den Zorn der Götter nannte, im Verhältnis der Handlungen der Individuen und Arten untereinander. Am Anfang war es Ganj selbst, der - außer der drückenden Furcht vor ihm, ungezwungen seine Worte und Meinungen vertrat - sich wärmstens für Königin Sol und alles , für das sie stand ,einsetzte. In ihrem Namen setzte er die Einführung der Satzung durch, die für immer das friedliche Miteinander der Arten sichern sollte.

       Später - als er nicht mehr so warm in ihrem Namen sprach, wurde der Fund des " Blanken Dinges" bekannt. Und damit entstand der Mythos um den Gott der Dunkelheit, Zarg - und die Skolopender, die Zargs schwarzes Universum im Innern des " Blanken Dinges" bewachten.

       Auszug aus Spys Erinnerungen an die Zeit der Gemeinschaft.

      Die Kreuzspinne stand wie auf dem Sprung. Sie war groß, selbst für eine Kreuzspinne. Die langen behaarten Beine waren unter ihr gespannt, als ob sie es das sicherste fand, auf das Schlimmste vorbereitet zu sein. Aber die Augen, die kalt die übrigen Anwesenden maßen, ließen keine Nervosität erkennen.

      " Wir meinen es ernst," polterte Ganj.

      " Wer ist `wir`?" spottete Ogan. Ganj ignorierte sie.

      Die Feuerfliegen betrachteten sie schweigend von den Dachwölbungen.

      " Hast du etwas einzuwenden, dann mußt du es jetzt tun. Von jetzt ab wird es kein Pardon mehr geben." Ganj sah Ogan mit einem fragenden Blick an.

      Sie stand da , als wäre sie mitten im Sprung erstarrt. " Ich weiß nichts davon, daß jemand meiner Art Gesetze gebrochen hat," sagte die Spinne Ogan rauh. " Im übrigen könnt ihr mich..."

      " Du bist ein schlechter Repräsentant deiner Art," sagte Ganj. " Du warst deiner Aufgabe nie gewachsen, darum gibt es diese ewigen Probleme."

      " Ich weiß das eine oder andere von dir," rief Ogan mit schriller Stimme.

      " Ich weiß das eine und andere, was alles anders aussehen lassen könnte. Du kannst mich..."

      " Vielleicht sollten wir zusammen deinen Nachfolger finden," schlug Ganj vor.

      " Nachfolger?"

      " Früher oder später," erklärte die Libelle, " wird dir ein Unglück geschehen. Natürlich wirst du in angemessener Erinnerung bleiben, kurze Zeit danach. Darum müssen wir deinen Nachfolger finden."

      " Was soll das für ein Unglück sein?" fragte die Spinne. Die erste Ahnung von Furcht hatte sich in ihre Stimme geschlichen.

      " Du hast einen mächtigen Zorn zum Leben erweckt," sagte Ganj. Er ließ sich Zeit und redete langsam. " Wenn es notwendig wäre, würde ich dich selbst töten - aber es ist nicht notwendig."

      Ogan setzte ihren fetten Körper in Bewegung, auf den Gang zu. " Es ist unnatürlich, von Bienennektar zu leben," schnaufte sie aufgebracht. " Es ist natürlich für Spinnen, zu töten und zu fressen wie..."

      " Du begreifst es also?" unterbrach Ganj.

      " Ich begreife überhaupt gar nichts!" schrie Ogan.

      Sie maßen einander einen Augenblick. Ogans Stimme hallte durch die Gänge von Eichberg fort. Ihre eigene Einsamkeit schien sie von hier fortzurufen.

      " Die Zeit ist gekommen," polterte Ganj, " daß du diesen Ort verläßt." " Ich verlange, zu Königin Sol vorgelassen zu werden!" sagte Ogan mit zitternder Stimme. " Ich habe das Recht. Es gibt gewisse Dinge in deinem Auftreten, die sollte sie..."

      " Du hast keine Rechte mehr!" stellte Ganj fest. " Tu dir selbst den Gefallen und verschwinde jetzt, bevor ich dich rausschmeißen lasse. Es wäre ein peinlicher Fleck auf deinem Nachruf!"

      Ogan schleppte ihr Hinterteil über den Boden. In der Tunnelöffnung blieb sie stehen und machte einen letzten Angriff.

      " Ich werde mich rächen, ich werde einen Aufstand gegen dich erheben, das wirst du erleben..."

      " Für mich gibt es dich nicht mehr, Ogan. Für mich bist du nur ein Blatt in einem Wald von Erinnerungen." Ihr Spiegelbild in den blanken Kuppelaugen der Libelle war schmal und oval. Dann verschwand es und wurde von der Dunkelheit der Gänge verschluckt.

      Ganj blieb allein zurück. Im Schein der Feuerfliegen warf er einen länglichen, matten Schatten auf den Boden. Er fühlte sich alt. Er haßte dieses Gefühl, denn er erkannte trotz allem, daß die Kraft zur Jugend gehörte. Aber er hatte die Erfahrung eines langen Lebens für sich - und er war ein Meister darin, Mythen um sich selbst neue Nahrung zu geben. Wenn nur alle an die Existenz seiner Stärke glaubten, war es nicht mehr notwendig, sie zu demonstrieren. Statt dessen verlangte er nach einem Nachtschwärmer.

      Die Kreuzspinne beim Eingang zu Eichberg warnte Ogan, als sie den Eichstumpf verließ und in Richtung auf den Wald fortkrabbelte.

      Ein Nachtschwärmer hatte kurz vorher Eichberg verlassen.

      Ogan beobachtete die Wolken, die ohne ein Geräusch über den Nachthimmel trieben. Wenn sie den Mond bedeckten, wußte sie, daß sie schwer zu finden sein würde. Sie kannte die Gerüchte, obwohl sie sich das nicht anmerken ließ. Aber in ihrem Innern nagte die Furcht.

      Nach einer Weile kroch sie in den Schutz eines Grasbüschels und lauschte. Wenn sie einen Nachtschwärmer aussandten, in einer Nacht wie dieser, war die Absicht deutlich genug.

      " Zarg hat sie!" zischte sie vor sich hin.

      Sie war die Mutter vieler Spinnen. Sie hatte dafür gekämpft, denselben Status, wie er allen Individuen bekannt war und von ihnen respektiert wurde, zu erreichen, aber es war nicht gelungen. Spinnen könnten keine Ehrwürdigen Mütter werden, hatten sie gesagt. Im Innersten erkannte sie widerwillig, daß sie nicht war, wie sie, die Mütter in Akorn und Grünn.

      Im nächsten Augenblick teilte sich das Gras vor ihr. Ein langer, kräftiger, gegliederter Körper warf sich mit gewaltiger Stärke gegen sie. In einem einzigen erstarrten Blitzen ätzte sich der Anblick des glänzenden, aufgeblähten Rückenpanzers in ihr Bewußtsein, während sie gelähmt fühlte, wie ihr Körper von der Erde gehoben wurde. Es brannte wie Feuer in ihrem Blut, als die Kiefer sich durch ihr weiches, verwundbares Hinterteil quetschten und das Gift sie lähmte.

      7. Kapitel

       Ich stieß nie auf jemanden oder etwas, von dem man sagen konnte, daß es in sich nicht Grenzen hatte, die man nicht überschreiten sollte. Der, bei dem ich mir am sichersten war, war Kapitän Zip von der Wespenflotte. Ich lernte verhältnismäßig schnell seine Grenzen kennen, und sorgte dafür, daß ich weit weg von ihm war, wenn sein Zorn ausbrach.

       Auszug aus Spys Erinnerungen an die Zeit der Gemeinschaft.

      Zip saß auf einem Buchenzweig am Waldrand, im äußersten Laub mit Aussicht über den Bach. Die Wiese, mit dem sich neigenden Gras und den Büscheln von Wiesenschalmei erstreckte sich meilenweit vor seinem Blick. Es war selten, daß er sich selbst eine Pause gönnte. Er schloß die Augen einen Augenblick und ließ die Gedanken in der Zeit zurückwandern.

      Er hatte

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