Wer braucht schon eine Null. Christine Corbeau

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Wer braucht schon eine Null - Christine Corbeau Nullen-Reihe

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ich schmunzelnd.

      »And proud of it.«

      »Und wo wir schon mal bei Pennern sind. Habe ich da was verpennt? Wir wollten doch eigentlich skypen, oder?«

      Spontan änderte sich Simons Stimmlage. Es war zwar sehr subtil, aber ich hatte für die Arbeit in den letzten Monaten einfach zu oft auf so etwas achten müssen, um es nicht zu bemerken. Er klang ertappt und ich konnte vor meinem inneren Auge förmlich das leicht säuerliche Grinsen sehen, das er in solchen Situationen aufsetzte. Wie gern hätte ich ihm jetzt die Haare zerstrubbelt. Das konnte er nicht leiden. Die Retourkutsche wäre bestimmt zu einer Balgerei geworden, die uns früher oder später ins Bett …

      »… oder meinst du nicht?«, riss mich Simon aus meinem Wunschbild.

      »Wie … äh, was?«

      »Na hör mal«, rief er in gespielter Empörung. »Ich berichte dir, was mich plagt, schütte dir geradezu mein Herz aus, und du … du hörst nicht mal richtig zu.« Er gab ein übertrieben langgezogenes Seufzen von sich.

      »Ups, sorry. War gerade abgelenkt. Könntest du nochmal die Kurzfassung …«

      Simon kicherte verhalten. »So verpeilt habe ich dich gar nicht in Erinnerung. Das ist doch eher mein Part. Aber egal, ich hab nur gesagt, dass das WLAN hier gerade ständig abkackt. Und mein Datenvolumen ist auch total down. Also war mit Skype nix zu machen und …«

      Er redete noch weiter, gab Grund um Grund dafür an, dass unser lang verabredetes Treffen nicht in der Art stattfinden konnte, wie wir es uns erhofft hatten.

       Hey, ruhig Brauner, die ersten beiden Argumente hätten schon gereicht.

      Während ich Simon zuhörte, bekam ich das Gefühl, dass er nicht ganz ehrlich mit mir war. Abgesehen von der unnötigen Fülle an Worten bemerkte ich in seiner Stimme auch einen leicht ansteigenden Stresslevel. Ich wollte ihn schon unterbrechen, als ich auf seiner Seite das Klappen einer Tür hören konnte. Sofort geriet Simons Redeschwall ins Stocken. Er schien sich umzudrehen, denn seine nächsten Worte waren undeutlich und eindeutig nicht an mich gerichtet. Er murmelte etwas auf Englisch, bevor er sich mit einem Seufzen wieder dem Telefon zuwandte.

      »Hast du Besuch bekommen?«, fragte ich, als er sich meldete.

      »Nee, nur ein Mitbewohner. Ist früher zurückgekommen und will jetzt kochen. Das wird mir dann hier zu laut.«

      »Na dann geh doch in dein Zimmer, ist eh privater.«

      »Schon auf dem Weg«, bestätigte er und ich konnte hören, wie er aufstand und den Raum wechselte. »Aber sag mal, wie läuft’s denn bei dir gerade so?«

      »Hmm, ich denke, dass ich alles fertig habe. Muss es nachher nur noch hochladen.«

      »Und sonst? Was macht die Salsa-Front? Hast du den zweiten ‘Mamma Mia’ schon gesehen?«

       Mann, Junge. Denkst du, ich bohr mir hier in der Nase?

      Ich rang den Gedanken nieder und versuchte, auch nichts davon in meinen Worten anklingen zu lassen.

      »Das konnte ich bisher vollkommen vergessen. Die glauben im Soda wahrscheinlich, dass ich ausgewandert wäre. Und den Film … na ja, wär schon schön gewesen, ihn zu sehen, aber vollkommen abgesehen davon, dass ich in den letzten Wochen die Nacht zum Tag machen musste, um mit den Dateien klarzukommen, hätte es auch niemanden gegeben, mit dem ich ihn mir hätte anschauen wollen. Agata düst gerade in der Weltgeschichte rum, Melli ist frisch verliebt und unzertrennlich …«

      »Und ich bin in Riga«, beendete Simon den Satz für mich.

      »Du wärst mitgekommen?«

      »Klar, Honey. Du weißt doch, dass ich für dich das Licht nachts brennen lassen würde, selbst wenn ich dann schwer schlafen könnte.«

      Gänsehaut flutete meinen Körper und die Kehle wurde plötzlich eng, als ich die Andeutung erkannte und mich daran erinnerte, wie ich Simon den Song zum ersten Mal singen gehört hatte. Auch wenn wir alle an dem denkwürdigen Karaoke-Abend in der WG ziemlich besoffen gewesen waren und die meisten Darbietungen in einem Schwall von Gelächter untergingen, hatten sich doch in diesem Moment unsere Blicke getroffen. Und in seinem hatte etwas gelegen, das nach »Ich meine es, wie ich es sage« klang. Sofort war da wieder das warme Gefühl, das alle Fragen und Vorbehalte fortwischte und mich unwillkürlich lächeln ließ.

      »Es ist schön, das zu wissen, aber noch viel schöner, es jetzt noch einmal zu hören«, krächzte ich und schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter.

      Und dann fing es an, schiefzulaufen.

      Als ob Simon nur darauf gewartet hätte, dass ich in einer positiven Stimmung wäre, sprudelten die Worte aus ihm heraus, die er zuvor vermutlich mühevoll zurückgehalten hatte.

      »Auf jeden, Süße. Du kannst auf mich zählen, selbst wenn es noch etwas länger dauern könnte, bis wir uns wiedersehen.«

      »Moment«, setzte ich an, aber Simon beachtete es nicht und redete in einem euphorischen Tonfall weiter, den ich bei ihm sonst nur von Berichten über neue Motorengenerationen für Autos oder Spielberichte seines Lieblings-Fußballclubs kannte.

      »Weißt du, ich habe gerade gestern ein Hammer-Angebot bekommen. Ich kann hier nicht nur mein Internship verlängern, sondern tatsächlich den kompletten Master betreut bekommen. Das hat ein ganz anderes Gewicht, als wenn ich ihn nur in Deutschland machen würde. Und wenn ich den dann habe, dann haben sie mir in Aussicht gestellt, dass …«

      Seine folgenden Worte perlten an mir ab, denn in diesem Moment dröhnte eine ganz andere Stimme in meinem Kopf, die mich für alles Weitere taub machte.

       Der gesamte Master. Das bedeutet noch mindestens anderthalb Jahre mehr. Achtzehn Monate. Über fünfhundert Tage ohne ihn. Das kann er nicht ernst meinen.

      »Ist das nicht cool?«, rief Simon, inzwischen völlig außer Atem von seinem Vortrag.

      »Hast du sie noch alle?«, waren die ersten Worte, die ich ihm entgegenrufen wollte. Doch sie wurden von Frau Doppelname aus meinem Hinterkopf gebremst.

       Nicht so hetzen, junge Dame. Denk nach. Das ist eine große Chance für ihn. Wer bist du, dass du sie ihm madig machen willst, nur weil du der Meinung bist, nicht damit klarzukommen, dass du dann so lange von ihm getrennt bist?

      »Natürlich ist sie das«, dachte ich frustriert. Oder hatte ich laut gesprochen?

      Ich musste es wohl getan haben, denn die Wirkung war durchschlagend.

      »Waas … wie … äh, wen meinst du?«, keuchte Simon.

      »Wen ich meine?«

      »Na mit ‘sie’. Wen hast du damit gemeint?«

       Kann es sein, dass er sich ertappt fühlt? Aber warum?

      »Die Chance, die sich dir da drüben bietet«, formten meine Lippen jedoch bereits, bevor sich dieser Gedanke festsetzen konnte.

      »Oh, ach so.« Simon kicherte

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