Sternschnuppen. Gudmund Vindland

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Sternschnuppen - Gudmund Vindland страница 7

Автор:
Серия:
Издательство:
Sternschnuppen - Gudmund Vindland

Скачать книгу

gab, ein wenig Licht und Freude ins Leben des Alten zu bringen. Ich war im Grunde ziemlich neugierig auf diese Graue Eminenz, und es sollte auch nicht mehr lange dauern, bis ich ihn aus nächster Nähe erleben konnte.

      Das Allerbeste an Øystein Einhorn war, daß er mich liebte. Seit ich meine Füße in dieses Haus gesetzt hatte, hatte er sich um mich gekümmert und sich auf seine bedächtige, liebevolle Weise meiner angenommen. Ich hatte keinen Zweifel an seinen ernsten Absichten. Er hatte sich für mich entschieden, und deshalb engagierte er sich voll und ganz in unserer Beziehung. Inzwischen machte ich das auch, auch wenn es manchmal schwierig war. Seine andauernde Aufmerksamkeit konnte durchaus zur Plage werden, vor allem, wenn ich sie nicht entsprechend erwidern konnte. Dann schienen unsichtbare Zügel angezogen zu werden – die ich konsequent wieder ausdehnte. Unfreiwillige Verkettungen waren das letzte, was ich brauchte, und Øystein schien meinen Unabhängigkeitsdrang zu verstehen – fürs erste jedenfalls. Ich glaube, ihm war klar, daß ich keine traditionelle Ehe wollte, auch wenn ich mich auf eine feste Zweierbeziehung einlassen und soviel wie möglich von mir selber mit ihm teilen wollte – aber nicht alles. Ebenso, wie ich nicht mehr von ihm verlangen wollte, als er geben konnte. Aber Øystein hatte Probleme mit solchen Grenzziehungen. Er hatte übrigens kürzlich erst ein großes Porträt von mir beendet, das diese Problematik sehr gut zum Ausdruck brachte. Auf dem Bild setze ich mein rechtes Bein in ein schönes Messingbett und strecke den rechten Arm aus, als ob ich »Komm« sagen wollte. Statt dessen sage ich ganz deutlich ohne Sprechblase: »Wenn du jetzt nicht kommst, dann gehe ich eben schlafen.«

      Die Veränderungen in meinem Ausdruck hatten sich während der Wochen, in denen er das Bild gemalt hatte, schrittweise ergeben. Ich stand jeden Abend vor dem Schlafengehen eine halbe Stunde Modell, und während dieser Zeit entpuppte Øystein sich als unverbesserliche Nachteule. Nach der halben Stunde war er so vertieft in seine Kunstausübung, daß er nicht einmal antwortete, wenn ich fragte, ob er nicht ins Bett kommen wollte. Und ich wurde sauer und befahl ihm, sein stinkendes Bild aus meinem Schlafzimmer zu entfernen, woraufhin er die ganze Staffelei packte und in seinem Atelier oben im Haus verschwand. Und ich war dazu verdammt, in beleidigter Einsamkeit zu schlafen, und wenn er endlich kam und ich nicht wach wurde, wurde er so verschmust und liebevoll, daß ich trotzdem aufwachen mußte, um ihm zu sagen, daß er jetzt mit Warten an der Reihe wäre. Dann endeten wir in der Regel in schöner Vereinigung – aber der Schlaf litt darunter. Es war der erste kleine Schönheitsfehler, den ich in seinem scheinbar grundsoliden Charakter entdeckte, aber ich schrieb alles der Kunst zu. Er war unverbesserlich, aber er war ein guter Maler.

      In einer solchen Nacht versuchte ich, unsere Beziehung nüchtern auf den Punkt zu bringen. Ich sagte: »Du bist wichtig für mich, aber ich bin immer noch der wichtigste Mensch in meinem Leben. So wie du in deinem.«

      »Zement mal! Meinst du, daß das unverrückbar feststeht? Findest du nicht, daß wir uns wenigstens das Ziel setzen sollten, füreinander gleich wichtig zu werden? Daß wir es anstreben sollten, eine Einheit zu werden?«

      »Einheit? Wir sind trotz allem zwei Menschen, und jeder hat seinen Körper und seinen Geist. Wir können eine starke Allianz eingehen, ja – aber wir können nicht zu einer Einheit verschmelzen.«

      »Du hast das Wichtigste vergessen, Yngve. Du hast die Seele vergessen.«

      »Ach, ja. Gut, wir haben auch jeder unsere Seele.«

      »Nein, da irrst du dich glücklicherweise.«

      »Da siehst du’s! Wir werden nie zu einer Einheit!«

      »Vielleicht nicht, aber trotzdem haben wir die Seele gemeinsam.«

      »Wie bitte?«

      »Alle Menschen haben dieselbe Seele, und die ist Gott, wenn du so willst.«

      »Meinst du allen Ernstes, ich teilte meine Seele mit Nixon und Breschnew? Und mit Kåre Willoch? Da gibt’s jedenfalls nicht viel Einheit. Pfui Spinne!«

      »Nein – so etwas läßt sich nicht mit Worten erklären. Ich wünschte, du würdest einmal mit mir meditieren. Dabei versteht man so vieles besser. Hättest du vielleicht Lust dazu?«

      »Ehrlich gesagt, nein. Mir reicht’s auch so schon.«

      »Na gut, ich will nicht nerven. Aber wenn du mal Lust hast, dann sag einfach Bescheid.«

      »Ja. Mach ich. Gute Nacht. Du bist jedenfalls mein Liebster, weißt du.« Sagte ich und lag viel zu lange wach, ehe ich Schlaf fand.

      Aber nun lag ich in der Sonne und hatte seinen Kopf auf meinem Bauch und merkte, daß mir dessen Gewicht überhaupt nichts ausmachte, auch wenn er schwer war. So gehörte es sich schließlich in einer guten Beziehung. Wir müssen einander ertragen können und lernen, im Guten wie im Bösen miteinander zu leben – ob wir nun eine gemeinsame Seele haben oder nicht. Alle haben ihre schlechten Seiten. Ich auch – und nicht zu knapp. Ich ließ die Finger durch seine widerborstige Mähne gleiten und lachte los – heimlich, hatte ich gedacht, aber trotzdem wurde Øystein so heftig durchgeschüttelt wie vorhin auf dem Sprungbrett.

      »He, was ist denn jetzt los? Gehirnmassage?«

      »Ja, die könntest du sicher brauchen. Ich hab mir nur gerade vorgestellt, ich wäre ein entführter Prinz und wäre hier in den Roten Berg verschleppt worden und müßte den Kopf des Trolls in meinem Schoß liegen haben und ihm die Filzläuse ablesen.«

      »Filzläuse? Da bist du aber am falschen Ende. Obwohl, so klingt es viel plausibler – daß diese armen Prinzessinnen den Troll untenrum begrabbeln mußten. Wahrscheinlich haben die Märchensammler das einfach verschönert. ›Rapunzel, laß mich in deinen Schoß‹, das ruft der Prinz nämlich ursprünglich.«

      »Vielleicht hatte die auch Filzläuse?«

      »Ja, kann ja schließlich jedem passieren«, meinte Øystein, drehte sich auf den Bauch und vergrub sein Gesicht in meinem Schoß.

      »Nein, ich will nicht. Nicht hier!«

      »Prinzessin Willnicht?«

      »Wenn du darauf bestehst. Frag Prinzessin Ragnhild dahinten.«

      Ragnhild hob den Kopf und betrachtete uns aus zusammengekniffenen Augen: »Ach, bist du jetzt geil, du Superstier? Dann geh doch rauf und fick den Kühlschrank, und dann kannst gleich ein paar Liter von deinem erregenden Eistee mitbringen. Mich dürstet nach einem kühlen Trunk, nicht nach einem Mannsbild.«

      »Alles klar. Will sonst noch jemand irgendwas?«

      »Ja, bring mir doch ein Schmalzbrot mit – und mein Strickzeug. Ich glaub, das liegt irgendwo im Wohnzimmer.«

      »Jawohl. Inga Lunde im sandgeblasenen Isländer mit Schmalzmuster?«

      »Das ist kein Pullover, das ist eine Mütze.«

      »Eine Mütze? Mittsommernachtsgeschenk für den Schmalzheini?«

      »Jetzt hau schon ab. Ich hab Hunger!«

      »Ja, beeil dich ein bißchen. Du hast doch so einen schönen Gang.«

      Ich zündete mir eine Zigarette an und blickte hinter Øystein her. Ragnhild hatte recht. Er hatte einen schönen Gang – und war gelenkig und schlank und nackt. Aber Nacktheit ist ja eigentlich immer schön – wenn man sich erst daran gewöhnt hat. Jedenfalls in der richtigen Umgebung – und die hatten wir jetzt.

       Villa

Скачать книгу