Vanadis. Isolde Kurz

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Vanadis - Isolde Kurz страница 11

Автор:
Серия:
Издательство:
Vanadis - Isolde Kurz

Скачать книгу

zu tun.“

      O Mädchenkopf! Sie bringt es fertig, den großen Friedrich und Napoleon gleichzeitig zu lieben!

      Aber da war nichts zu machen, wo sie liebte, liebte sie. Und endlich fand sie das für ein Kind fast zu wahre Wort: Helden sind alle von einer Nation.

      Das hinderte aber nicht, daß schon an einem der nächsten Tage der kleine Napoleon von ihrer Lade verschwunden war, und Gunther allein hätte sagen können, wo er geendet hatte.

      Egon kam dazu, wie der Lucchese seinen Korb zusammenpackte, und redete ihn in der Sprache seiner Heimat an. Der Knabe strahlte und erzählte mit dem natürlichen Anstand seiner Rasse, daß er einen Bildhauer zum Vater gehabt und nach dessen Tode sich schon als kleiner Junge auf den Handel mit Gipsfiguren geworfen habe, um die Mutter zu entlasten. Diese, an der er sehr zu hängen schien, sei in die Stadt gezogen und diene tagsüber in einem Gasthof. Egon fand Gefallen an dem Jungen und fragte weiter. Er erfuhr, daß seine Mutter Deutsche sei und mit ihm von klein auf ihre Sprache gesprochen habe und daß auch der Rat, mit seinen Sächlein in Deutschland zu handeln, von ihr stamme, weil dort die Menschen weitherziger seien. Vom Vater aber, der Florentiner war, hatte er sein wundervolles Toskanisch, das für jede Tönung gleich das rechte Wort findet und womit er Egons Ohren entzückte. Nun begann dieser ihn nach Lucca auszufragen, mit welcher Stadt ihn eine unvergeßliche Erinnerung verknüpfte. Dort hatte er einst die hinreißende Eugenie van der Mühlen mit ihren Eltern kennengelernt, bevor sie die Gattin seines Freundes Folkwang wurde. Durch Wochen hatten sie denselben Gasthof bewohnt, er war ihr Führer durch Stadt und Umgebung gewesen und hatte sein Herz hoffnungslos an die junge Schönheit verloren. Sein Gefühl fand volle Erwiderung, und die Eltern warteten täglich darauf, daß er sich erkläre. Egon litt Höllenqualen zwischen dem Vorwärts und dem Zurück, denn er war heimlich an eine andere gebunden, von der er nicht loskam, dieselbe, die später Roderichs Mutter wurde. Er schied, nachdem er sich mit Eugenie auseinandergesetzt hatte, und ließ dem Freunde die Braut. Aber die Tage von Lucca glänzten mit unbeschreiblicher Leuchtkraft in seiner Seele nach.

      „Ich habe viele Städte auf der Welt gesehen“, sagte er leutselig zu dem Knaben, „aber keine hat mir jemals besser gefallen als deine Vaterstadt.“

      „Ja, Herr“, sagte der Knabe mit bescheidenem Eifer, „das kommt davon, daß alles dort geblieben ist, wie es in den Tagen der großen Kunst entstand, man hat gar nichts verändert und verdorben.“

      Egon wunderte sich über die Richtigkeit dieses Gedankengangs. „Ist der schöne Wall mit seinen Ulmen und Platanen rund um die Stadt noch erhalten? Blüht dort noch immer der Krokus so früh im Jahr?“

      Der Knabe bejahte mit leuchtenden Augen.

      „Es gab zu meiner Zeit einen Gasthof dort, wie hieß er nur? – Er lag nicht weit von San Michele mit dem Blick auf ein kleines Palmengärtchen. Besteht er noch? Man war dort gut untergebracht.“

      „Jawohl, Herr, das ist derselbe, wo meine Mutter dient. Auch der Besitzer hat nicht gewechselt, er würde gewiß den Herrn gleich wiedererkennen, denn er vergißt keinen seiner Gäste.“

      „Hast du dich auch fleißig unter den Kunstschätzen umgesehen? Kennst du das schöne Grabmal von Jacopo della Guercia im Dom?“

      Das Gesicht des Jungen blühte auf.

      „Das Grabmal des Jacopo della Guercia? Ob ich es kenne? O Herr, jede freie Stunde gehe ich hin es ansehen, es ist gewiß das schönste in der Welt, die liegende Frau mit dem Hündchen zu ihren Füßen und dem herrlichen fließenden Gewand. Wie schön der Kopf in dem Kissen liegt, das darüber von beiden Seiten aufschwillt, so natürlich und doch so – so –“, er suchte das Wort, „so ganz besonders.“

      „Und von dem Gesichte der Frau sagst du nichts?“

      „Oh, sie ist schön – und edel – eine wahre Gentildonna.“

      „Ja, das ist sie“, antwortete Egon, „die Mutter dieses jungen Fräuleins hat ihr geglichen.“

      „Und auch das Fräulein gleicht ihr und ist ebenso schön.“

      Die unbefangene Anmut des Knaben nahm den Frager ganz gefangen, und seine Begeisterung für das Grabmal des Jacopo della Guercia rückte ihn menschlich näher heran. Der wundervolle Sarkophag hing in einer großen Zeichnung zu Hause über seinem Schreibtisch; noch mehr als die hohe Kunst fesselte ihn daran die Ähnlichkeit der Liegenden mit Eugenie van der Mühlen. Da war das etwas kurze, aber unendlich reizvolle Näschen mit seinem so ganz persönlichen Abstand zur Oberlippe, worin die Ähnlichkeit lag. Sie war keine nachträglich eingebildete, sie war ihm schon damals aufgefallen, als er die beiden Gesichter zur Vergleichung nebeneinander hatte.

      „Was hast du denn hier in dem zweiten Korb unter dem Tuche?“

      „Das sind lauter Marmorsachen, Herr, Kunstwerke, die mein verstorbener Vater in seinen Mußestunden angefertigt hat. Er war kein gewöhnlicher Steinmetz, Herr, er war ein Künstler, nur daß die Mittel ihm nicht erlaubten, etwas Großes zu machen.“

      „Laß sehen.“ – Egon nahm eins ums andere der Figürchen auf und legte sie in den Korb zurück. Es waren plastische Spielereien, wie sie zu Hunderten in all den kleinen Bildhauerwerkstätten um Carrara her gefertigt werden.

      „Und dieses hier? Hat das auch dein Vater gemacht?“ Egon fragte es lächelnd, indem er ein Pferd von ganz unmöglichen Verhältnissen unter den anderen Stücken hervorzog.

      „Nein, das hat mein Vater nicht gemacht, ich weiß auch nicht, wie es hier hereinkam. Es ist ein Versuch von mir, und ich weiß wohl, daß er mißlungen ist.“

      „Das ist er freilich. Hast du dich noch mehr versucht? Was ist denn das hier?“

      Er zeigte auf ein anderes Stück, einen kleinen Jungen, der auf der Muschel blies. Der jugendliche Künstler reichte ihm das Ding in großen Ängsten:

      „Ich kann noch gar nichts, ich weiß es wohl, aber ich möchte gern etwas können.“

      „Treibst du diese Versuche schon lange?“

      „Herr, solange ich zurückdenken kann, knetete ich in Vaters Werkstatt Figürchen aus Ton und Wachs. Seit er tot ist, habe ich nichts mehr zu kneten, aber ein paar hübsche Stücke Marmor fanden sich noch vor und sein Handwerkszeug, das Mutter nicht verkaufen wollte.“

      „Und da schlugst du diese Sachen gleich aus dem Stein?“

      Der Junge nickte. Egon nahm die Stücke nebst ein paar anderen von der Hand des Jungen noch einmal auf und legte sie fein säuberlich wieder in den Korb.

      „Du hast recht, du kannst jetzt noch nichts, aber es kommt vielleicht eine Zeit, wo du etwas können wirst, wenn du zu einem guten Meister kommst, der dich anleitet.“

      Die Augen des Jungen glänzten. „Wenn ich die Mittel hätte, wäre ich längst in eine Bildhauerschule gegangen. Aber ich muß mit meinem Verkauf der Mutter aufhelfen, die nicht mehr so streng arbeiten kann.“

      Egon ließ sich seine Verhältnisse ganz genau auseinandersetzen und auch die Wohnung seiner Mutter nennen.

      „Geh jetzt und sieh, daß du deinen Gipskram verkaufst. Die Marmorsachen kannst du ja solange stehenlassen, die nimmt dir in hiesiger Gegend doch niemand ab. Dann komm noch einmal hierher, daß wir weiterreden.“

      „Pate, darf ich nicht den Knaben mit der Muschel behalten? Er

Скачать книгу