Schloss Frydenholm. Hans Scherfig

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Schloss Frydenholm - Hans Scherfig страница 9

Автор:
Серия:
Издательство:
Schloss Frydenholm - Hans Scherfig

Скачать книгу

Olsen. „Sie sind gläubig! Sie sind gläubiger als die Missionsleute!“ Und wenn er sich zum Spaß mit Martin Olsen stritt, bekam er zuweilen Antworten, die er dann später benutzte, um seine Bekannten in Erstaunen zu versetzen.

      Wenn Johanne sonntagvormittags die „Arbeiterzeitung“ austrug, konnte sie immer damit rechnen, eine davon an Dr. Damsø zu verkaufen. „Du mußt nicht glauben, daß ich sie lese, Mädchen“, sagte er zu Johanne, die kein Mädchen mehr war, sondern eine Frau und mit Oscar Poulsen von der Molkerei verheiratet. „Ich kaufe sie nur deinetwegen. Das ist ja nicht lesbar, zum Teufel. Das ist so furchtbar talentlos!“

      „Aber was drin steht, ist wahr!“ antwortete Johanne dreist.

      „Das mag sein, meine Kleine. Doch es soll lieber erlogen, dafür aber ein wenig amüsant sein. Es ist ein Verbrechen, langweilig zu sein! Die Kommunisten in Deutschland haben ihr Schicksal verdient, denn sie waren langweilig!“

      Vielleicht las der Doktor trotzdem die Zeitung, die er nun mal gekauft hatte. Vielleicht fand er darin etwas, womit er seine Freunde aufziehen konnte. Und einige waren ganz bestimmt verärgert, daß er die kommunistische Zeitung im Hause hatte und sie offen mit allen anderen Blättern im Wartezimmer auslegte.

      Einmal hatte etwas über Pastor Nørregaard-Olsen in der Zeitung gestanden, und der Doktor hatte es ausgeschnitten, um die Missionsleute unter den Patienten in Verlegenheit zu bringen. Das war, als der Pfarrer einen seiner Vorträge im Rundfunk gehalten hatte. Denn was Pastor Nørregaard-Olsen in der Gemeinde an Boden verloren hatte, hatte er im Äther gewonnen. Mit Hilfe seines Freundes Harald Horn war er Rundfunkpfarrer geworden. Er formte seine Sonntagspredigt in einen volkstümlichen Vortrag um, machte sie ein wenig literarisch und politisch aktuell, ohne deshalb weltlich zu werden. Seine Verkündung erreichte nun Tausende Heime, während seine Kirchengemeinde kleiner und kleiner wurde. Es waren Freitagspredigten in unterhaltender Form, unbefangene Ermahnungen, das Leben im Jenseits jetzt schon vorzubereiten, statt Forderungen an das materielle Dasein zu stellen. Dr. Horn, der Mitglied des Rundfunkrates war, hatte ihm diese Tätigkeit vermittelt, und der Vorsitzende des Rundfunkrates, Kaspar Bobbel – selbst Theologe und ein kleiner Dichter –, war von Pastor Nørregaard-Olsens frischer, volkstümlicher Art begeistert.

      Der Literat Dr. Horn war ein häufiger Gast im Pfarrhaus – ein alter Freund, Schulkamerad von der Metropolitanschule, wo die angeborenen Talente unter gesunder Zucht geformt wurden. Er war Junggeselle, unabhängig, ohne Amt und feste Arbeitszeit, er konnte im Inland und Ausland reisen, wie es ihm paßte. Auf dem Pfarrhof Frydenholm war er stets gern gesehen. Er durfte ohne vorherige Anmeldung kommen, das Gästezimmer im Giebel war stets für ihn bereit. Die Kinder nannten ihn „Onkel“.

      Jetzt saßen die Herren im Gartenzimmer des Pfarrhauses und hörten Hitlers Geschrei aus dem Lautsprecher. „Sieg Heil! Sieg Heil! Sieg Heil!“ brüllten die Deutschen.

      „Das soll die Welt zur Kenntnis nehmen!“ schrie der deutsche Führer. „Sie mögen Pakte schließen, Erklärungen abgeben, soviel sie wollen. Ich vertraue nicht auf Papiere, sondern ich vertraue auf euch, meine Volksgenossen!“

      „Ich verneige mich vor seinem Idealismus“, sagte Pastor Nørregaard-Olsen. „Und ich bewundere seine Fähigkeiten, die Menschen zu begeistern. Aber – entschuldige, daß ich es so rundheraus sage – mich stößt seine Brutalität ab. Es ist doch beinahe etwas Vulgäres an seiner Art.“

      „Man muß ihn sehen, wenn er spricht“, entgegnete Harald Horn. „Ich habe ihn ja mehrere Male bei den großen Kundgebungen im Sportpalast gesehen, als ich in Berlin war. Man kann sich die Macht seiner Persönlichkeit überhaupt nicht vorstellen, wenn man ihn noch nicht erlebt hat. Das ist einfach hinreißend. Er wirkt keineswegs vulgär. Er ist ein Weltmann ganz großen Stils.“

      „Du brauchst nicht zu glauben, daß ich ihn unterschätze“, sagte der Pfarrer. „Ich bin tief davon ergriffen, den Hauch der Weltgeschichte hier in meiner Stube zu fühlen. Stell dir vor, man hätte Napoleon im Radio hören können, wenn er zu seinen Grenadieren sprach! Aber da ging doch noch etwas anderes von Napoleon aus. Man nimmt es wenigstens an. Es geht auch etwas anderes von Mussolini aus, etwas Malerisches, etwas Prachtvolles. Ich kann nicht leugnen: An ihn habe ich mein Herz verloren! Selbstverständlich erkenne ich Hitlers Größe an. Er kam im richtigen Augenblick, wie der Prinz im Märchen. Er erstand sozusagen in der Stunde der Not. Ich verneige mich vor seinem Genie. Aber es ist gleichsam etwas Plebejisches an seiner Erscheinung, vielleicht liegt es an seinem Schnurrbart, vielleicht auch nur daran, daß er deutsch spricht.“

      „Sieg Heil! Sieg Heil! Sieg Heil!“ lärmte das Radio.

      „Dir geht es genauso wie deinem Kollegen, dem Dichterpfarrer drüben in Jütland“, sagte der Literat. „Auch er kann Mussolini nicht widerstehen.“

      „Ich bin kein Dichter“, meinte der Pfarrer bescheiden. „Ich bin nur ein unbedeutender Schriftsteller. In unserer kleinen Kirchenzeitung.“

      „Wenn die Vorsehung es so gewollt hat, daß dem deutschen Volk dieser Kampf nicht erspart werden kann, dann will ich dafür dankbar sein, daß sie mich mit der Führung eines historischen Ringens betraute, das für die nächsten fünfhundert oder tausend Jahre nicht nur unsere deutsche Geschichte, sondern die Geschichte Europas, ja der ganzen Welt entscheidend gestalten wird.“

      Die Herren unterbrachen für eine Weile ihr Gespräch und hörten zu.

      „Als ich mich vor dreiundzwanzig Jahren entschloß, in das politische Leben einzutreten, um die Nation aus ihrem Verfall wieder emporzuführen, war ich ein namenloser unbekannter Soldat. Der Weg der kleinen Bewegung von sieben Mann bis zur Übernahme der verantwortlichen Regierung am 30. Januar 1933 war ein so wundersamer, daß nur die Vorsehung selbst durch ihren Segen dies ermöglicht haben kann. Heute stehe ich an der Spitze des stärksten Heeres der Welt, der gewaltigsten Luftwaffe und einer stolzen Marine. Hinter mir und um mich als eine verschworene Gemeinschaft weiß ich die Partei, mit der ich groß geworden bin und die durch mich groß geworden ist.“

      Hier unterbrach Harald Horn Adolf Hitler und sagte zum Pfarrer: „Ich bin kein Nationalsozialist, das weißt du. Aber ich frage dich: Wo wären wir heute, wenn wir nicht den Hitler in Europa hätten? Wir wären dem Kommunismus ausgeliefert! Wir wären Asien preisgegeben! Er hat nicht nur Deutschland gerettet, er hat uns alle gerettet!“

      Der Pfarrer nickte. „Das stimmt schon. Wir sind ihm ohne Zweifel zu großem Dank verpflichtet.“

      „Es ist so einfach, seine Methoden zu kritisieren“, sagte Harald Horn. „Unsere Kulturbolschewisten finden sicherlich eine ganze Menge, worüber sie jammern können. Aber ohne Hitler würde uns der Kommunismus zermalmen. Und dann könnte man Methoden erleben! Alter Schmutz erfordert nun mal einen harten Besen! Es geht um unsere Kultur! Es geht um unser Christentum!“

      „Ja“, stimmte der Pfarrer zu. „Aber ist Hitler nicht Katholik?“

      „Der Katholizismus ist doch auch Christentum.“ Dr. Horn lächelte.

      „Wirklich?“ fragte Pastor Nørregaard-Olsen. „Ich weiß nicht, ob man das behaupten kann.“

      Und aus dem Radio schrie es: „Der Herr der Welten hat so Großes in den letzten Jahren an uns getan, daß wir in Dankbarkeit uns vor einer Vorsehung verneigen, die uns gestattet hat, Angehörige eines so großen Volkes sein zu dürfen. Wir danken ihm, daß wir angesichts der früheren und kommenden Generationen des deutschen Volkes auch uns in Ehren eintragen können in das unvergängliche Buch der deutschen Geschichte!“

      Das Gebrüll schwoll an: „Sieg Heil! Sieg Heil! Sieg Heil!“ Trommeln wurden geschlagen, Stiefel trampelten. Dann folgte das Horst-Wessel-Lied

Скачать книгу