Das Evangelium nach Lukas. Ambrosius von Mailand
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16.
[Forts. ] Da spricht sie denn:* „Sieh, die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte"*263. Sieh die Demut, sieh die Gottergebenheit! „Magd des Herrn" nennt sie sich, die zur Mutter Erwählte. Sie ließ sich durch die völlig unerwartete Verheißung nicht zu Selbstüberhebung hinreißen. Zugleich erhob sie als „Magd" keinen Anspruch auf irgendwelche Bevorzugung infolge der so großen Gnadenauszeichnung: sie wollte nur tun, was ihr befohlen wurde. Zur Mutter dessen bestimmt, der „sanftmütig und demütig" war264, mußte auch sie Demut zur Schau tragen. „Sieh, die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte!" Da hat man ihre Dienstbeflissenheit, da sieht man ihren Wunsch: „Sieh, die Magd des Herrn" besagt ihre Dienstbereitschaft; „mir geschehe nach deinem Wort" den Wunsch, den sie hegte.
17.
Wie schnell nun leistet Maria Glaubenszustimmung selbst angesichts der Ungleichartigkeit der Voraussetzungen! Denn was wäre so ungleichartig wie der Heilige Geist und der (menschliche) Leib? Was so unerhört als eine Jungfrau in gesegneten Umständen wider das Gesetz, wider die Sitte, wider die Keuschheit, deren Pflege einer Jungfrau das Teuerste ist? Zacharias hingegen verweigerte nicht anbetrachts der ungleichartigen Natur, sondern anbetrachts des greisen Alters den Glauben. Die entsprechende natürliche Voraussetzung war ja gegeben: Von Mann und Weib geht in der Regel die Zeugung aus, und sobald die erforderliche Voraussetzung da ist, soll man nicht mehr Unglaubhaftes annehmen. Da nämlich das Alter zur Natur, nicht die Natur zum Alter hinzutritt, kommt es so manchmal vor, daß das Alter die Natur behindert. Gleichwohl widerspricht es nicht der Vernunft, daß die geringere Ursache einer größeren weicht und eine höhere Kraft, welche die Natur auszeichnet, die Folgen, welche das geschwächtere Alter gewöhnlich mit sich bringt, aufhebt. Dazu kommt, daß Abraham und Sara ebenfalls im hohen Alter einen Sohn empfangen hatten265 und Joseph „ein Sohn des Alters"266 war. Wenn nun Sara getadelt wird, weil sie lachte267: noch gerechtere Verurteilung verdiente, wer weder dem (Engels-) Wort noch (Schrift-) Beispiel glaubte. Maria aber hat mit den Worten: „Wie wird das geschehen, da ich einen Mann nicht erkenne" augenscheinlich nicht nach dem Daß, sondern nur nach dem Wie des Geschehens gefragt; denn es geht deutlich hervor: sie war von der Notwendigkeit des Geschehens überzeugt, wenn sie auch über das Wie desselben um Aufklärung bat. Darum ward sie auch gewürdigt zu hören: „Selig, die du geglaubt hast!"268 Ja wahrhaft selig, die besser tat denn der Priester! Während der Priester sich ablehnend verhalten hatte, verschaffte sich die Jungfrau über das Unverstandene Klarheit. Kein Wunder auch, wenn der Herr, da er daranging, die Welt zu erlösen, sein Werk bei Maria begann, damit eben sie, durch deren Vermittlung allen das Heil bereitet wurde, als erste die Frucht des Heiles aus ihres Kindes Hand genösse.
18.
[Forts. ] Und mit Recht fragt sie, wie das geschehen werde. Denn sie hatte wohl gelesen, daß eine Jungfrau gebären werde, nicht aber, wie die Jungfrau gebären werde; sie hatte, wie gesagt, gelesen: „Sieh, eine Jungfrau wird empfangen in ihrem Schoße"; wie sie indes empfangen werde, hat erst der Engel im Evangelium ausgesprochen.
2. Marias Heimsuchung, Luk. 1, 39―56
Elisabeths Empfängnis eine Bekräftigung der Engelsbotschaft an die Jungfrau. Freude und Pietät beflügeln den Fuß der heimsuchenden Maria (19). Letztere hierin Vorbild der Frauen (20), wie in der Eingezogenheit (21) und Demut Vorbild der Jungfrauen (22). Elisabeths Geisteserfüllung im Verhältnis zu der des Täufers, bezw. Marias (23). Die prophetisch-messianische Bezeichnung „Frucht des Leibes“ (24). Die Heimsuchung Marias eine Gnadengabe an Elisabeth (25). Jede begnadete Seele ein lebendiges Magnifikat (27). Wie die Sünde, nahm auch das Heil vom Weib den Anfang (28). Marias dreimonatlicher Aufenthalt bezweckte die Heiligung des Täufers, die Schulung des Gotteskämpfers (29). Die Geburt eines Heiligen ein Gemeingut aller. Johannes über die Schwächen des Kindesalters erhaben (30).
19.
„Maria aber machte sich in jenen Tagen auf und ging eilends ins Gebirge nach einer Stadt von Juda. Und sie trat in das Haus des Zacharias und grüßte Elisabeth"269.
Allen obliegt als moralische Pflicht: Wer Glauben heischt, soll den Glauben begründen. Darum verkündete der Engel, da er verborgene Dinge kundtat, der Jungfrau Maria, um deren Glaubwürdigkeit durch einen analogen Fall zu begründen, daß eine hochbetagte und unfruchtbare Frau empfangen habe; er wollte dartun, wie für Gott alles möglich ist, was ihm gefällt. Sobald nun Maria das vernommen hatte, trat sie nicht aus Unglauben gegen den Ausspruch, nicht aus Mißtrauen gegen die Botschaft, nicht aus Zweifel über den analogen Fall, sondern froh nach Herzenswunsch, fromm aus Dienstgefälligkeit, eilends vor Freude den Weg ins Gebirge an. Wohin anders als zur Höhe hätte sie auch jetzt, des Gottes voll, den eilenden Fuß lenken sollen? Die Gnade des Heiligen Geistes kennt keine langsamen schwerfälligen Schritte.
20.
[Forts. ] Lernet auch ihr, heilige Frauen, zarte Aufmerksamkeit, die ihr Verwandten in gesegneten Umständen erweisen sollt! Maria, die vorher allein in den innersten Gemächern weilte, hält nicht jungfräuliche Züchtigkeit vor der Öffentlichkeit, nicht das rauhe Gebirge vom Eifer, nicht die lange Reise von der Dienstbeflissenheit zurück. An den Liebesdienst denkend, nicht an Unbilde, verläßt sie, dem starken Zug des Herzens, nicht dem (schwachen) Geschlechte folgend, das Haus und zieht ins Gebirge.
21.
[Forts. ] Lernet, Jungfrauen, nicht in fremden Häusern herumziehen, nicht auf den Straßen verweilen, nicht dies und jenes in der Öffentlichkeit plaudern! Bis spät abends zu Hause, nur vorübergehend in der Öffentlichkeit270, so blieb Maria drei Monate bei ihrer Base: zur Dienstleistung erschienen, oblag sie auch nur dem Dienste. Drei Monate blieb sie, nicht wegen der Annehmlichkeit, die ihr das fremde Haus bot, sondern aus Abscheu, sich zu oft in der Öffentlichkeit blicken zu lassen.
22.
Ihr habt, Jungfrauen, von der Züchtigkeit Marias vernommen: vernehmt nun von ihrer Demut! Die Verwandte kommt zur Verwandten, die Jüngere zur Älteren, und sie kam nicht bloß, sondern grüßte auch zuvor. So ist es nämlich in der Ordnung: Je keuscher eine Jungfrau ist, um so demütiger muß sie sein. Sie lerne Älteren zu Diensten sein! Sie sei Lehrerin der Demut! Das bringt der Beruf der Keuschheit mit sich. Dazu kommt noch der Beweggrund der Liebe, dazu kommt auch noch die Vorschrift der Sittenlehre. Es ist nämlich wohl zu beachten: die höherstehende Person kommt zur niedrigeren, um der niedrigeren zu helfen: