Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst. Aristoteles
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst - Aristoteles страница 49
So wollt's die Stadt, die auf Gesetze doch nichts gibt.
Ein schlechter Mensch gleicht dagegen einem Staatswesen, das zwar die Gesetze in Anwendung bringt; es sind aber schlechte Gesetze.
Selbstbeherrschung und Mangel daran kommt zur Erscheinung in dem, was über die Gesinnungsweise der Menge hinausragt. Der eine entwickelt größere, der andere geringere Festigkeit, als die Masse aufzubringen vermag. Leichter zu bessern ist der Mangel an Selbstbeherrschung bei Menschen von heftiger Gemütsart, als bei denen, die sich die Sache zwar überlegen, aber nachher an ihren Entschließungen nicht festhalten, leichter auch bei denen, die infolge übler Gewöhnung als bei denen die infolge natürlicher Anlage an diesem Fehler leiden. Denn es ist immer noch leichter die Gewöhnung umzubilden als die Naturanlage; ist doch auch der Grund, weshalb die Gewöhnung schwer zu ändern ist, eben der, daß sie zur zweiten Natur geworden ist. So sagt auch Euenos:
Freund, langdauernder Übung bedarf's, so sag' ich; sie wird dann
Sich als zweite Natur der Menschen schließlich erweisen.
Damit hätten wir denn die Frage nach dem Wesen der Selbstbeherrschung und der Dienstbarkeit unter der Begierde, der Willensstarke und der Willensschwache, und nach dem gegenseitigen Verhältnis dieser Charaktereigenschaften beantwortet.
III. Gefühlsbildung
Wer den Menschen im Zusammenhange des staatlichen Lebens betrachtet, muß die Bedeutung der Lust- und Unlustgefühle zu ermessen verstehen. Denn seine Aufgabe ist es, den Zweck in großen Zügen festzustellen, im Hinblick auf welchen man jegliches einzelne als ein Übel oder als ein Gut ohne weiteres bezeichnet. Aber auch sonst gehört es zu den notwendigen Aufgaben, darüber ins Klare zu kommen. Denn wir haben das sittlich Gute und das sittlich Schlechte als ein Verhalten zu Lust und Unlust gekennzeichnet, und die meisten Menschen sehen die Glückseligkeit als mit Lustgefühlen eng verbunden an. Darum ist auch der Ausdruck für den Glückseligen (makarios) abgeleitet von der Lustempfindung (chairein).
1. Kritik herrschender Ansichten
2. Die Gefühle und die Tätigkeit
1. Kritik herrschender Ansichten
Nun sind manche der Meinung, keine Art von Lustgefühl sei ein Gut; sie sei es weder an sich noch unter besonderen Umständen; denn ein Gut sein und Quelle der Lust sein sei nicht dasselbe. Andere meinen, es gebe zwar Lustgefühle die schätzbar seien; die meisten aber seien nichts wert. Eine dritte Ansicht kommt dazu, wonach, mögen auch alle Lustgefühle etwas Gutes sein, die Lust gleichwohl unmöglich das höchste Gut sein kann.
Den Satz, daß die Lust überhaupt nicht ein Gut sein könne, beweist man damit, daß alle Lust kein Sein und Bestehen hat, sondern ein bloßes Werden ist, ein Vorgang in der Empfindung, der zu einem naturgemäßen Zustand hinführt; kein bloßes Werden aber gehört derselben Gattung an, wie der Zweck, zu dem es führt, ebensowenig wie das Bauen und das Gebäude derselben Gattung angehöre. Zweitens, ein hochgesinnter Mann meidet die Lustempfindungen. Drittens, ein Mann von Einsicht strebt nach Freiheit von Unlust, nicht nach Lust. Viertens, Lustgefühle behindern das Denken, und das umsomehr, je intensiver das Gefühl ist; so beim Geschlechtsgenuß, wobei niemand seines Gedankens mächtig sei. Fünftens, es gibt keine Kunst des Lustgefühls, während doch alles was wirklich ein Gut ist durch Kunst erzeugt wird. Sechstens, Kinder und Tiere jagen der Lust nach.
Der Beweis aber für die Ansicht, wonach nicht alle Lust wertvoll ist, wird darin gefunden, daß es auch verwerfliche und schimpfliche Lustgefühle gibt, die obendrein noch verderblich sind; denn manches was Lust bereitet ist geradezu gesundheitswidrig.
Die Ansicht endlich, wonach die Lust nicht das höchste Gut ist, wird dadurch bewiesen, daß sie nicht der Zweck, sondern ein bloßes Werden, ein Vorgang sei. Das etwa ist es was man vorzubringen weiß.
Indessen, daß die Lust kein Gut oder daß sie nicht das höchste Gut sei, wird durch die vorgebrachten Gründe nicht erwiesen. Das wird durch folgende Überlegungen klar werden. Zunächst, man spricht vom Guten im doppelten Sinne. Es ist etwas gut schlechthin oder es ist für jemand gut. Der gleiche Unterschied wird sich darum auch wohl bei den inneren Anlagen und den Verhaltungsweisen wiederfinden, und infolgedessen auch bei den inneren Regungen und Vorgängen. Diejenigen von ihnen, die sich als unwert darstellen, werden teils unwert an sich und ohne weiteres sein, während sie deshalb doch nicht wertlos für einen bestimmten einzelnen zu sein brauchen, sondern für diesen begehrenswert sein können; teils werden sie auch nicht einmal für das bestimmte Individuum, sondern höchstens im Augenblick und für kurze Zeit begehrenswert sein, aber nicht begehrenswert ohne weiteres; teils sind sie gar keine wirklichen, sondern nur scheinbare Lustgefühle, sofern sie von Unlust begleitet sind oder auch nur zum Zweck der Heilung dienen, wie bei den Kranken.
Zweitens muß man das Gute als Tätigkeit und als Zustand auseinanderhalten. So sind diejenigen Vorgänge die den naturgemäßen Zustand herzustellen dienen, beiläufig auch Quellen der Lust, und es liegt solche Wirksamkeit schon in den Begierden des Teils an uns, der unverkümmerte Beschaffenheit und Naturanlage ist. So gibt es Lustgefühle, wo keinerlei Unlust und Begierde sie bedingt, wie die Tätigkeit des Denkens, wo kein Bedürfnis der Natur der Antrieb ist. Ein Beweis dafür, daß es Lustgefühle von nur begleitender Art gibt, liegt in der Tatsache, daß die Menschen nicht an derselben Lustquelle ihre Freude haben, während ihr natürliches Bedürfnis seine Befriedigung erlangt und nachdem es seine Befriedigung gefunden hat. Ist die Befriedigung erfolgt, so erfreuen sie sich an solchem was schlechthin Lust bereitet: soll sie erst erfolgen, so erregt ihnen auch solches Lustgefühle, was geradezu entgegengesetzter Art ist, so das Scharfe und das Bittere, was doch keineswegs von Natur oder schlechthin Lust bereitet. Sie sind denn auch nicht Lustgefühle schlechthin. Denn der Unterschied, der zwischen den Lust bereitenden Gegenständen herrscht, findet sich ebenso wieder in den Lustgefühlen, die von ihnen stammen.
Drittens, es ist nicht notwendig, daß es ein anderes gebe, was wertvoller wäre als das Lustgefühl, so wie nach der Ansicht mancher das Endziel des Prozesses dem Prozesse selbst gegenüber